Kellnerin mit Schutzmaske
APA/Barbara Gindl
Neues Modell

Kurzarbeit wird um sechs Monate verlängert

Die Arbeitsmarktdaten sind weiterhin stark von der Coronavirus-Pandemie geprägt, nur allmählich setzt in einigen Branchen wie der Gastronomie eine Erholung ein. Gegen die weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit fixierte die Regierung am Mittwoch ein neues Modell für die Kurzarbeit – samt Pflicht zur „Weiterbildungsbereitschaft“.

Ein neues Modell ist nötig geworden, da die aktuell geltende – wegen der Coronavirus-Krise eingeführte – Kurzarbeit im September ausläuft. Vor dem Sommerministerrat am Mittwoch wurde das von den Sozialpartnern verhandelte Modell von der Regierung abgesegnet. Die aktuell laufende „Corona-Kurzarbeit“ wird um einen Monat bis Ende September verlängert. Das neue Kurzarbeitsmodell gilt ab 1. Oktober und kann von Unternehmen für sechs Monate beantragt werden.

Die Mindestarbeitszeit wird von zehn auf 30 Prozent angehoben, sie kann jedoch mit Zustimmung der Sozialpartner in Sonderfällen unterschritten werden. Die Höchstarbeitszeit beträgt 80 Prozent. Beschäftigte in Kurzarbeit bekommen weiterhin 80 bis 90 Prozent des Nettoeinkommens. Die Unternehmen müssen die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung bezahlen. Für die Differenz kommt weiterhin in voller Höhe (inkl. Lohnnebenkosten) das Arbeitsmarktservice (AMS) auf. Die Bedürftigkeit soll anhand eines standardisierten Verfahrens überprüft werden, um Missbrauch vorzubeugen. Dafür ist eine Prognoserechnung vorzulegen, hieß es in einer Aussendung der Sozialpartner.

Vier arbeiten weniger für fünften Job

Die von Wirtschaftsvertretern geforderte Weiterbildungspflicht kommt nicht, es muss aber eine Weiterbildungsbereitschaft der Mitarbeiter geben. Sie müssen bereit sein, in der Kurzarbeitszeit eine Weiterbildung zu machen, wenn das vom Unternehmen angeboten wird. Für kleine Betriebe sollen neue Angebote zur Weiterbildung in Kooperation mit dem AMS erstellt werden. Sollten Mitarbeiter kurzfristig wieder im Betrieb gebraucht werden, sollen sie laut Bundesregierung Anspruch darauf haben, die Ausbildung innerhalb von 18 Monaten nachzuholen.

Neues Modell präsentiert

Kanzler Kurz, Vizekanzler Kogler, ÖGB-Chef Katzian und WKÖ-Chef Mahrer loben die Kurzarbeit als Erfolgsmodell.

Außerdem wird der Ausbau des AMS-Solidaritätsprämienmodells forciert, welche die freiwillige Reduktion der Arbeitszeit von Beschäftigen zugunsten eines neuen Arbeitsplatzes belohnt. Die Grünen hatten sich im Rahmen der Kurzarbeitsverhandlungen dafür stark gemacht. Wenn beispielsweise vier Personen ihre Arbeitszeit jeweils um 20 Prozent verringern und dafür eine fünfte Person angestellt wird, erhalten die Beschäftigten vom AMS die Hälfte ihres Einkommensausfalls.

Des Weiteren soll ab Herbst eine Arbeitsstiftung bei der Weiterqualifizierung und Umschulung unterstützen. Man investiere darin bis zu 700 Millionen Euro, erklärte nach dem Ministerrat Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Bis zu 100.000 Menschen sollen davon profitieren.

„Kein Durchwinken“

Das Modell solle „treffsicherer“ sein und Missbrauch verhindern, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach dem Treffen mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sowie Gewerkschaftspräsident Wolfgang Katzian und Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer. Die Kurzarbeit habe „massive Wirkung“ gezeigt und viele Jobs gerettet sowie Menschen in Beschäftigung gehalten. Kogler dankte den Sozialpartnern für ihre Kooperation. Gewerkschaft und Wirtschaftskammer seien „eine große Stärke für Österreich“. Andere Länder würden Österreich um sein Kurzarbeitsmodell beneiden, so der Vizekanzler.

ÖGB-Präsident Katzian verwies darauf, dass man bei den Kurzarbeitsanträgen der Unternehmen noch genauer hingesehen werde. Es werde „kein Durchwinken“ geben, damit kein Missbrauch durch Betriebe möglich sei. „Dafür wird es Rahmenvereinbarungen geben, die in den nächsten Tagen finalisiert werden.“ Für Wirtschaftskammer-Chef Mahrer kann sich „das Ergebnis sehen lassen“. Durch die Einigung gebe es nun Planungssicherheit für die Unternehmen, und man habe am Modell der Abrechnung nichts verändert, um „kein Bürokratiemonster zu schaffen“.

Wirtschaftsbund, Handelsverband und die FPÖ begrüßten das neue Modell in Summe. Die Hoteliervereinigung übte Kritik: Sechs Monate seien zu kurz, um Planungssicherheit für die Betriebe zu erreichen, hieß es.

Rückkehr in den Arbeitsmarkt

Warum die Kurzarbeit weiterhin gebraucht wird, beantwortete am Mittwoch die Statistik Austria mit ihren Daten: Laut dieser erholen sich die Zahlen allmählich, aber auf niedrigem Niveau. Im Juni 2020 waren im Monatsdurchschnitt 4.195.700 Personen erwerbstätig – um 62.800 Personen mehr als im Mai 2020. 58 Prozent der Menschen, die in der zweiten März-Hälfte ihren Job verloren hatten, ist bis Ende Juni der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt gelungen, so die Statistik Austria.

Trotz der positiven Anzeichen sind aber weiterhin viele Personen arbeitslos. Die Zahl der beim AMS registrierten Arbeitslosen (Arbeitslosigkeit nach nationaler Definition) ist von Ende Mai auf Ende Juni 2020 zwar um 1,5 Prozentpunkte auf 414.800 Personen gesunken, lag mit einer Arbeitslosenquote von zehn Prozent jedoch immer noch um 3,5 Prozentpunkte über dem Wert von Juni 2019. Wie das Arbeitsministerium bereits am Dienstag bekanntgegeben hatte, liegt die aktuelle Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer bei knapp 432.000. Die Zahl der Personen in Kurzarbeit liegt bei 474.600.

Eine Grafik zeigt die Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf den österreichischen Arbeitsmarkt
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS/BMAFJ

Insgesamt endeten im März 2020 rund 313.000 Jobs – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. 131.000 Jobs kamen dazu (um 17 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2019). Die Zahl der Erwerbstätigen war weiterhin um 106.700 Personen niedriger als im Juni des vorigen Jahres.

„Corona-Kurzarbeit“ bisher

Im Rahmen der „Corona-Kurzarbeit“ zahlte das AMS bisher rund 3,9 Mrd. Euro an anspruchsberechtigte Unternehmen aus. Von den eingelangten Abrechnungen sind laut Angaben des Arbeitsministeriums rund 337.500 (96 Prozent) bearbeitet. Rund 72.000 Unternehmen hätten schon alle Zahlungen erhalten.

Für Frauen schwieriger

Wie rasch ein Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt gelingt, ist je nach Branche unterschiedlich. Die laufende Sommertourismus-Hochsaison in Österreich hat zu etwas mehr Jobs in Hotels und Gastronomie geführt. Im Juni zeigte sich hier rasch Erholung, die auch mit der Lockerung der Maßnahmen einherging. Der Wirtschaftsabschnitt Kunst, Unterhaltung und Erholung zeigte dagegen auch im Juni weiterhin keine Besserung.

Der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt gelingt Männern (62 Prozent) in Österreich schneller als Frauen (52 Prozent) – ein Umstand, auf den die SPÖ anlässlich des „Equal Pension Day“ am Donnerstag aufmerksam machte. In einer Aussendung hieß es, dass die Coronavirus-Krise die Frauen auf dem Arbeitsmarkt mit voller Wucht treffe und sie zusätzlich noch den Löwenanteil der unbezahlten Arbeit machen müssten. Die SPÖ forderte einen steuerfreien Mindestlohn von 1.700 Euro, Lohntransparenz und einen Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Gratiskinderbetreuungsplatz.