„Nach einem historischen Tiefstand der Population im Jahr 2010 feiert der Tiger ein bemerkenswertes Comeback in weiten Teilen Südasiens, Russlands und Indiens“, sagte der Leiter des Tigerinitiative der Umweltschutzorganisation WWF, Stuart Chapman, am Mittwoch anlässlich des Welttags des Tigers.
Vor zehn Jahren wurden weltweit insgesamt 3.200 freilebende Tiger gezählt. Mittlerweile sollen es Schätzungen zufolge allein in Indien zwischen 2.600 und 3.350 Raubkatzen sein. Zwischen 2014 und 2018 stieg die Zahl der Tiger um 741 Exemplare, wie das indische Umweltministerium mitteilte. Auch im benachbarten Nepal ist die Zahl der Tiger gewachsen – von 121 Tieren im Jahr 2009 auf aktuell 235. Ein ähnlich positives Bild zeigt sich auch in Russland, China und Bhutan.
Bedrohungen bleiben
Die Erholung der Tigerpopulation sei auf den besseren Schutz von Tigern und ihrer Lebensräume zurückzuführen, sagte die Leiterin der britischen WWF-Zweigestelle, Becci May, gegenüber dem BBC-Radio. An den Gefahren für die Großkatzen hat sich allerdings wenig geändert. Wilderei und die Zerstörung des Habitats stehen ganz oben auf der Liste der Bedrohungen. Hinzu kommt laut WWF-Experte Chapman die „Fragmentierung“ der freilebenden Tigerpopulationen, die zu Inzucht führen könne.

Sorgenkind der Umweltschutzorganisationen ist Südostasien. Hier sind es besonders in der Natur aufgestellte Schlingfallen, die den Raubkatzen und ihrer Beute zu schaffen machen. Laut einer aktuellen Schätzung des WWF liegen allein in den Wäldern von Laos, Kambodscha und Vietnam zwölf Millionen dieser Drahtfallen. Die Wildereimethode ist laut der NGO maßgeblich dafür verantwortlich, dass Tiger in diesen Ländern bereits als ausgerottet gelten.
„Schlingfallen fegen Südostasiens Wälder förmlich leer. Sie drängen Tiger an den Rand des Aussterbens und kosten Millionen von Wildtieren das Leben – darunter gefährdete Asiatische Elefanten und Sumatra-Nashörner. Das destabilisiert ganze Ökosysteme“, warnte Georg Scattolin, Artenschutzexperte des WWF Österreich.
Myanmar erlaubt kommerzielle Zucht
Einen umstrittenen Schritt zum Schutz von Tigern und anderen Wildtieren hat indes Myanmar gesetzt. Das Land in Südostasien erlaubt seit Mitte Juli die kommerzielle Zucht der Raubkatzen und anderer bedrohter Arten – als Maßnahme gegen Wildtierschmuggel und Wilderei.
Bereits im Juni hatte das zuständige Ministerium privaten Zoos stillschweigend die Möglichkeit gegeben, sich auf Lizenzen für die Zucht von 90 Arten zu bewerben. 20 davon gelten als gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Auf der Liste stehen unter anderem Tiger, von denen es in Myanmar nur noch 22 Exemplare geben soll. Außerdem vertreten: Elefanten, Schuppentiere, mehrere Arten von Geiern sowie der Irawadi-Delphin, von dem es nur noch einige wenige wildlebende Tiere in Myanmars Gewässern gibt. Das vom Aussterben bedrohte Siam-Krokodil darf sogar wegen seines Fleisches und seiner Haut gezüchtet werden.
Umweltschutzorganisationen befürchten negative Folgen der Zuchtgenehmigungen. Kommerzieller Handel mit Wildtieren steigere die Gesamtnachfrage, warnten der WWF und die NGO Fauna & Flora International (FFI). Auch seien Myanmars Behörden nicht in der Lage, den Handel wirksam zu kontrollieren. Sie befürchten, Myanmar könne durch das neue Gesetz ebenso wie die Nachbarländer Thailand, Laos und Vietnam einen Großteil seiner Wildtiere verlieren.