Ein brauner Cocker Spaniel
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Großbritannien

Hunde als „heiße Ware“ in der Pandemie

Die Nachfrage nach Haustieren ist während der Coronavirus-Krise in vielen Ländern stark gestiegen – in Großbritannien geht es sogar so weit, dass bereits Diebstähle von Hunden signifikant zunehmen. Beliebte Hunderassen werden für Tausende Pfund gehandelt, Diebe markieren offenbar schon gezielt Häuser, in denen besonders begehrte Rassen zu finden sind.

Es ist der Alptraum für jeden Tierbesitzer, wenn das eigene Haustier verschwindet. Entsprechend groß war die Aufregung, als Anfang Juli gleich 17 Hunde und Welpen aus einem privaten Tierquartier gestohlen wurden. Einige Tiere waren dort während der Urlaubszeit ihrer Besitzer untergebracht, zudem wurden 13 Welpen gestohlen, sechs davon erst zwei Wochen alt und ohne die dazugehörende Hündin. Die Betreiberfamilie entschloss sich als Reaktion auf den Einbruch am helllichten Tag, den Betrieb nach 18 Jahren komplett zu schließen. Auch zwei ihrer Hunde wurden dabei entwendet.

Der Fall ist nicht der einzige: Laut Angaben des britischen Kennel Clubs haben sich die Suchmeldungen nach gestohlenen Hunden von Ende März bis Ende Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast verdreifacht, berichtet der „Guardian“. Schon seit Jahren nehmen die Hundediebstähle in Großbritannien zu, doch die Coronavirus-Krise hat das Phänomen verstärkt.

Ein Pudel
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Einige Hunderassen können bis zu mehrere tausend Pfund kosten

Jeden Tag würden allein in England rund zehn Hunde gestohlen, so der Betreiber einer Suchseite für vermisste Hunde. Viele Diebstähle würden aber womöglich erst gar nicht bei der Polizei gemeldet, so seine Vermutung, die meisten Besitzer würden gleich selbst Suchanzeigen off- und online aufgeben. Die Zahl der gerichtsanhängigen Fälle ist von 2015 bis 2017 in England und Wales gesunken, die Strafen betragen einen Bruchteil dessen, was vor allem Rassehunde kosten können.

Der Markt ist überhitzt

Gleichzeitig verzeichnen Websites, auf denen Hunde zum Kauf angeboten werden, einen enormen Zuwachs, Pets4Homes etwa fast eine Verdoppelung im „Lock-down“. Züchter und Tierheime könnten die Nachfrage gar nicht mehr befriedigen, so der Bericht. Je nach Hunderasse ist der Markt mehr als lukrativ: Bestimmte Hunderassen können einige tausend britische Pfund kosten, besonders beliebte Rassen wie französische Bulldoggen sogar 7.500 Pfund (rund 8.300 Euro).

Französiche Bulldogge
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Einige Hunderassen wie Bulldoggen sind aktuell besonders gefragt

Der Markt sei überhitzt, so ein Experte gegenüber der Zeitung, Hunde, die normalerweise 600 Pfund kosten würden, würden um mehr als 2.500 Pfund verkauft werden – und nicht alle Anbieter seien ehrlich und die Hunde aus anerkannten Zuchten. Statt auf den, etwa in Bezug auf Größe und Temperament, zum jeweiligen Menschen passenden Hund zu warten, würden viele zudem ihre Hunde „wie Waschmaschinen“ kaufen, so der Betreiber des geschlossenen Tierquartiers. Die Pandemie und die gestiegene Nachfrage nach Hunden hat den Markt auch noch weiter angeheizt.

Diebe scheinen Gärten gezielt zu markieren

Seit April gelten in England zwar strengere Gesetze für den Verkauf von Hunden: Interessenten müssen sich direkt an einen Züchter oder ein Tierheim wenden, Züchter müssen auch immer die dazugehörige Hündin zu den Welpen zeigen. Doch im „Lock-down“ waren Hausbesuche verboten. Hunde können zwar auch per Videoschaltung vermittelt werden und werden dann direkt übergeben, doch es wird damit schwieriger nachzuvollziehen, wo die Welpen tatsächlich herkommen.

Die Polizei reagierte mittlerweile ebenfalls auf die vermehrten Diebstähle. Man habe mittlerweile mehrere Berichte von verdächtigen Aktivitäten rund um Tierheime, Quartiere und bei Züchtern erhalten, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der Behörden in Suffolk. Man sei für entsprechende Hinweise auf Personen und Fahrzeuge dankbar. Vor allem Züchter sollten auf eine entsprechende Sicherheit ihrer Außenanlagen achten.

Ein Beagle
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Die Polizei in England rät mittlerweile zu besonderer Vorsicht

Die gut organisierten Diebe seien meist lokal aktiv, so Brian Calver von der zuständigen Polizeibehörde in Suffolk, sie würden zumindest einmal die Woche zuschlagen. Besonders gefragt sind offenbar Spaniels, so der Polizeibeamte. Damit die Diebe auch das richtige Diebesgut erwischen, sollen sie mittlerweile mit Kreide entsprechende Zeichen an Türen von Gärten mit Spaniels hinterlassen.

Nach der Krise können Tiere zur Belastung werden

Experten warnen unterdessen auch vor dem erlahmenden Interesse an den erstandenen Haustieren: Mit den Lockerungen würden sie mitunter zur Belastung, da nicht jeder Halter und jede Halterin das Konzept Tierhaltung vollständig durchdacht hat. In Österreich, wo die Nachfrage nach Haustieren und speziell Hunden in den vergangenen Monaten ebenfalls stark gestiegen ist, verzeichneten Tierheime bereits einen stärkeren Rücklauf – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Wer sich einen Hund anschaffen möchte, sollte sich das im Vorfeld sehr gut überlegen. Sollte eine Familie in finanzielle Notlage geraten oder nach der Krise mangels Homeoffice zu wenig Zeit da sein, dann müsse der Hund oftmals wieder gehen, so Katja Wolf, Pressesprecherin des Österreichischen Kynologenverbandes – das ist auch für das Tier belastend. „Deswegen appellieren wir, sich keinesfalls einen Hund spontan ins Haus zu nehmen“ – mehr dazu in noe.ORF.at.