Arbeiter auf einer Palmöl-Plantage in der Nähe der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur
Reuters/Samsul Said
„Geschenk Gottes“

Malaysias Kampf für das Palmöl

In Europa ist Palmöl wegen seiner umweltschädlichen Produktionsbedingungen in Verruf geraten. Die EU kündigte an, den Rohstoff schrittweise aus Biotreibstoffen zu verbannen. Bei den weltgrößten Palmölerzeugern Indonesien und Malaysia sorgt das für Unmut. Die malaysische Regierung will mit einer Kampagne gegensteuern, die Palmöl als „Geschenk Gottes“ preist. Zudem haben die beiden Länder Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht.

Indonesien und Malaysia stellen gemeinsam mehr als 85 Prozent des weltweiten Palmöls her. Wegen seiner günstigen Eigenschaften sind Einsatzgebiete für den Rohstoff vielfältig. Sie reichen von süßen Brotaufstrichen über Fertiggerichte und Margarine über kosmetische Produkte bis hin zu Putzmitteln. Daneben ist Palmöl in den vergangenen 20 Jahren in vielen Ländern zum beliebten Zusatzstoff in Biodiesel geworden.

All diese Faktoren haben weltweit zu einer stark steigenden Nachfrage beigetragen. In den 1980er Jahren lag die weltweite Palmölproduktion bei fünf Millionen Tonnen, mittlerweile sind es über 60. Die Folgen für die Umwelt sind gravierend: Allein auf der Insel Borneo, die sich Indonesien, Malaysia und der Kleinstaat Brunei teilen, wurden in den vergangenen zehn Jahren sechs Millionen Hektar Regenwald abgeholzt, um Raum für den Anbau von Ölpalmen zu schaffen. Mit der Zerstörung der Urwälder schrumpft auch der Lebensraum selten gewordener Tierarten wie Orang-Utans und Elefanten.

Palmöl-Plantage in Malaysien
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Monokultur statt Artenvielfalt: Millionen Hektar Regenwald wurden abgeholzt, um Platz für Ölpalmenplantagen zu schaffen

Gerade in Europa versucht eine wachsende Zahl an Konsumentinnen und Konsumenten mittlerweile auf Nahrungsmittel und Kosmetika, die Palmöl enthalten, zu verzichten. Die Supermärkte haben ihrerseits reagiert und einige entsprechende Produkte aus dem Sortiment genommen. Auf EU-Ebene laufen unterdessen Bestrebungen, die Nutzung von Palmöl bei der Erzeugung von Biosprit bis 2030 aufzugeben.

Klage vor der WTO

Indonesien und Malaysia kritisieren das Vorhaben der Europäischen Union als „Diskriminierung“. Ende des Vorjahres reichte Indonesien vor der WTO eine Klage gegen Brüssel ein, der sich vor Kurzem auch Malaysia angeschlossen hat.

Der stellvertretende Minister für Plantagenwirtschaft, Willie Mongin, bestätigte unlängst im malaysischen Parlament, dass die Regierung eine nationale und internationale Kampagne pro Palmöl starten will. Sie soll unter dem Titel „Sawit Anugerah Tuhan“ laufen, was übersetzt so viel, wie Palmöl sei ein „Geschenk Gottes“, bedeutet.

Arbeiter in einer Palmölfabrik in der Nähe der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur
Reuters/Samsul Said
Indonesien und Malaysia produzieren jährlich 60 Mio. Tonnen Palmöl, der überwiegende Teil davon wird exportiert

Palmöl ist den beiden Ländern ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor. Millionen Jobs hängen an dem Industriezweig. Malaysia hat der EU wegen des geplanten Palmölbanns bereits in der Vergangenheit mit Gegenmaßnahmen gedroht, etwa dem Verzicht auf die Anschaffung von Airbus-Flugzeugen und Kampfjets aus europäischer Produktion.

Klimaschädlicher Biotreibstoff

Die EU ist nach Indien, Indonesien und China der weltweit viertgrößte Abnehmer von Palmöl. 53 Prozent des Rohstoffs werden in Europa für Treibstoffe verwendet, 35 für Lebensmittel, Futtermittel und Industrieprodukte. Die restlichen zwölf Prozent gehen in die Wärme- und Stromerzeugung. In Österreich spielt Palmöl bei den Biotreibstoffen eine untergeordnete Rolle. 2018 seien nur rund 25.000 Tonnen in Form von Biosprit aus dem Ausland importiert worden, erklärte das Klimaschutzministerium im April gegenüber dem „Standard“, 2019 würden sich die Zahlen auf einem ähnlichen Niveau bewegen.

In der EU wird Palmöl aus gewissen Quellen unterdessen seit 2009 nicht mehr für die Erreichung der Klimaziele angerechnet. Seine Beimischung in Biokraftstoffen senkt zwar den Kohlendioxidausstoß im Verkehr, allerdings zu einem hohen Preis: Die Rodung riesiger tropischer Waldflächen führt zu einer starken Freisetzung von Treibhausgasen. Eine im Vorjahr veröffentlichte Studie, an der auch österreichische Fachleute beteiligt waren, kam zu dem Schluss, dass die Rodung südostasiatischer Wälder bis zum Jahr 2002 mehr Emissionen als chinesische Kohlekraftwerke im selben Zeitraum verursachten.

Warnung vor Boykott von Palmöl

Nachhaltige Alternativen zu Palmöl gibt es allerdings nicht. Auf einem Hektar Anbaufläche lassen sich 3,3 Tonnen Palmöl gewinnen. Bei Raps, Kokospalme und Sonnenblumen sind es nur 0,7. Ein Boykott von Palmöl sei nicht die Lösung, heißt es auch in einem im Vorjahr veröffentlichten Bericht der Weltnaturschutzunion (IUCN).

Dann würden Bäuerinnen und Bauern Raps, Sonnenblumen und Soja für Öl anbauen, um den Bedarf zu decken. Dazu sei aber das bis zu Neunfache der Fläche notwendig. Der verheerende Verlust der Artenvielfalt werde durch einen Verzicht auf Palmöl womöglich noch größer. „Palmöl wird es weiter geben – wir müssen deshalb dringend handeln, um die Produktion nachhaltiger zu machen“, sagte die IUCN-Generaldirektorin Inger Andersen.

Früchte der Ölpalme
Reuters/Lim Huey Teng
Nachhaltige Alternativen zu den Früchten der Ölpalme gibt es nicht – ein Palmölboykott könnte daher nach hinten losgehen, warnen Umweltschützer

Länder müssten sicherstellen, dass für neue Plantagen keine Urwälder gerodet werden. Versprechen einer nachhaltigen Produktion müssten besser eingehalten und überwacht werden, und der Einsatz von Palmöl etwa als Biotreibstoff müsse möglichst zurückgefahren werden.