Pflegeheim-Maßnahmen wegen Freiheitsentzug vor Gericht

Die CoV-Schutzmaßnahmen in Pflegeheimen in den vergangenen Wochen könnten zu einem unzulässigen Freiheitsentzug geführt haben. Bewohnervertreter lassen 30 Fälle von Besuchsverboten und Isolationsmaßnahmen überprüfen. Sie orten Eingriffe in die Grundrechte. Gefordert werden Verordnungen statt Empfehlungen, berichtete der „Kurier“ (Donnerstag-Ausgabe).

Das Vertretungsnetz, das Bewohnerinnen und Bewohner von Pflege- und Betreuungseinrichtungen vertritt, hat mittlerweile rund 30 Fälle vor Gericht gebracht, bei denen die Maßnahmen der Heimbetreiber im Zuge der Krise geprüft werden sollen. Darunter auch welche, bei denen Bewohner nach der Rückkehr aus dem Spital trotz negativer Tests 14 Tage isoliert wurden, oder Fälle, bei denen Heimbewohner die Einrichtung nur zu bestimmten Zeiten verlassen durften.

Volksanwalt für Verordnungen statt Empfehlungen

Die Causa ist heikel, denn die in den Heimen umgesetzten Maßnahmen sollten dem Schutz der Bewohner dienen. Immerhin sind ein Drittel aller CoV-Sterbefälle auf Infektionen in Pflegeheimen zurückzuführen. Auf der anderen Seite könnte es sich dabei vielfach um Freiheitsbeschränkungen handeln. Das Vertretungsnetz sieht in den Ausgangssperren oder der Isolation im Zimmer Grundrechtseingriffe, die nur auf Basis gesetzlicher Grundlagen möglich seien.

Wie die Verfahren ausgehen, ist offen. Aber die Bewohnervertreter sind jetzt schon damit beschäftigt, wie es im Herbst weitergehen könnte. Auch beim zuständigen Volksanwalt Bernhard Achitz sind bereits 50 Beschwerden in der Causa eingelangt. Achitz wünscht sich nun genauere Vorgaben seitens der Behörden. Maßnahmen zum Schutz oder begrenzter Ausgang seien nicht per se schlecht, „aber das Ganze muss rechtskonform sein: Wann und unter welchen Umständen dürfen Leute rein oder raus.“

Es brauche also nicht nur Empfehlungen seitens des Gesundheitsministeriums, sondern Verordnungen. Und zwar solche, die nicht alle Heimbewohner über einen Kamm scheren, sondern etwa auch zwischen weitgehend selbstständigen Bewohnern eines Seniorenwohnheims und wirklich pflegebedürftige Menschen unterscheide.

Ministerium verweist auf Pflegereform

Etwas, das auch Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz fordert. Die Verantwortung dürfe jedenfalls nicht auf die Heime abgeschoben werden, sind sich Achitz und Pilz einig. Im Ministerium verweist man im „Kurier“-Bericht auf die Pflegereform, die ab Herbst angegangen wird. Grundsätzlich sei Pflege aber Ländersache, neue gesetzliche Regelungen seien also schwierig. Man habe extra Empfehlungen ausgearbeitet.