Eingang zum großen Festspielhaus und Mitarbeiter mit Maske
ORF.at
Kulturevents und Covid-Schutz

Alles blickt gespannt nach Salzburg

Wenn diesen Samstag die Salzburger Festspiele starten, dann blickt man nicht nur in Österreich gebannt darauf, wie eine Kulturgroßveranstaltung unter den Vorzeichen des Covid-19-Schutzes über die Bühne gehen kann. Abstand, Personalisierung und Maskenpflicht sind Voraussetzung, um in die Veranstaltung gehen zu können. Bereits im Vorfeld wurde deutlich, wie viel organisatorischer Aufwand damit verbunden ist. Glückt das Experiment Festspiele, dann wird eine ganze Branche aufatmen und hoffen, zu mehr Planungssicherheit im Herbst zu kommen.

Die Standards setzen Kulturgroßveranstaltungen dieser Tage nicht mehr nur künstlerisch, sondern nicht zuletzt sicherheitstechnisch. Wenn am Samstag und am Sonntag die Salzburger Festspiele mit vier Premieren, darunter eine Uraufführung, starten, ist nichts mehr, wie es einmal war. Zwar ist die Vorfreude auf die Premieren größer denn je – sei es doch eine „Sisyphosarbeit“ gewesen, wie es Intendant Markus Hinterhäuser ausdrückt, bis zur Ziellinie der Premieren und darüber hinaus zu gelangen.

Doch bereits im Vorfeld konnte man sich ein Bild davon machen, was es bedeutet, ein Großfestival zu realisieren. Und da spricht man vorerst noch gar nicht vom Publikum, sondern nur von den Künstlern und all jenen, die diese Produktion möglich machen.

Abgeklebte Sitze beim Jedermann
ORF.at
Die Sitzreihen auf dem Domplatz beim „Jedermann“ unter Covid-19-Vorzeichen

Warnende Beispiele vor der Haustüre

Die warnenden Beispiele stehen in Salzburg vor der Haustür. Es sind der Peterskeller und das Rotariertreffen einen Häuserblock weiter von der Felsenreitschule; es sind die Fälle zuletzt vom Wolfgangsee. Und da mögen die unterschiedlichen Hintergründe noch so oft erwähnt werden – die Sorge ist groß, Positivfälle zu haben. Deshalb wurden die Sicherheitsmaßstäbe noch einmal hochgeschraubt. Ohne Maske war im Vorfeld der Festspiele nirgendwo hinzukommen. An jeder Ecke stehen Desinfektionsspender. Künstler und Produktionsteilnehmer wurden getestet und abgeschirmt. Allein der Regisseur der „Cosi fan tutte“-Inszenierung, Christoph Loy, berichtet Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, habe sich sieben Coronavirus-Tests unterzogen.

Wollten Journalisten eine Veranstaltung besuchen, hatten sie im Schnitt drei bis fünf Zettel abzugeben. Akribisch wird festgehalten wer, wo und zu welcher Zeit ein und aus geht. Der Administrationsaufwand ist enorm gestiegen. Ohne Personalisierung keine Karte. An allen Spielstätten wurde auf ein Abstandsmuster geachtet. Sowohl beim „Jedermann“ als auch in Felsenreitschule und Großem Festspielhaus sind die nicht nutzbaren Sitze verklebt. Vieles sieht so aus, als hätte sich hier Christo mit einer minimalistischen Verpackungstat betätigt.

Bänder mit Farben, die zeigen, wer wohin darf
ORF.at
Wer wohin darf in der Produktion, das machen unterschiedliche Bänder schon farblich deutlich

Unmut über Chef der Bayerischen Staatskanzlei

Dass der Chef der Bayerischen Staatskanzlei, CSU-Politiker Florian Hermann, die Ausrichtung der Festspiele diese Woche als „sportlich“ bezeichnet hat – mit dem Zusatz, er hoffe, dass es dadurch nicht zu größeren Schwierigkeiten kommt –, nimmt man in Salzburg extrem übel. Bayern liegt nur einen Steinwurf von Salzburg entfernt – und offenbar soll es eine umgehende geharnischte Reaktion aus dem Büro des Salzburger Landeshauptmanns gegeben haben. Auseinanderdividieren wolle man sich nicht lassen. Das macht Rabl-Stadler deutlich. Sie habe so viel Zuspruch wie noch nie, dass die Festspiele lange zugewartet hätten und doch noch ein fokussiertes Programm auf die Beine gestellt hätten.

Zahlreiche internationale Medien schauen im Moment, ob das Experiment Festspiele gelingt. Salzburg nimmt sich beinahe einsam aus in der Welt, mit der eigenen Dickköpfigkeit gegen die Vorzeichen der Pandemie anzukämpfen. Was man auch vermeiden will: Bilder wie im Kleinen Walsertal. So gibt es keine Empfänge, keine Politikerbegrüßungen – Aufläufe, wo sich Journalistentrauben rund um Staatsgäste bilden, werden kategorisch abgesagt. Es gibt keine Pausen, keine Empfänge. Das Kartenbüro hat keinen Shop, sondern gibt nur noch spartanisch die Karten aus. Mehr als drei Leute auf einmal dürfen nicht hinein.

Geschlossene WCs „ein Mythos“

Mit einem Mythos wollen die Festspiele im Vorhinein aufräumen: Die Behauptung, dass es keine WCs zu benutzen gibt, stimme nicht, betont die Leitung der Presseabteilung explizit.

Blick ins Treppenhaus des großen Festspielhauses
ORF.at
Eingang in Pandemiezeiten ins Große Festspielhaus

Die Politik sieht jedenfalls auch genau hin, was in Salzburg passiert. Gesundheitsminister Rudolf Anschober betonte auf Nachfrage, dass er es „sehr begrüße“, dass die Salzburger Festspiele ein umfangreiches Präventionskonzept aufgestellt hätten. „Ich habe den Eindruck, dass die Festspiele den Gesundheitsschutz bestmöglich vorbereitet haben“, so Anschober gegenüber ORF.at. Er wünsche gutes Gelingen und hoffe sehr, „dass das große Engagement dazu führt, dass es keine Corona-Probleme geben wird“.

Das Gesundheitsministerium betont zudem, dass man klare Vorgaben entwickelt habe, „um derartige Veranstaltungen unter klaren Sicherheitsbedingungen zu ermöglichen und eine Balance zwischen dem Interesse an Kulturveranstaltungen und dem Gesundheitsschutz zu verwirklichen“.

Für die Bewilligung der Sicherheitskonzepte ist die lokale Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. Inhaltlich will man sich aus Wien nicht zum Konzept der Festspiele äußern. Blickt man freilich auf den organisatorischen Aufwand, der die Abwicklung großer Kulturevents begleitet, dann wird man in der Branche genau kalkulieren, welche Aufwände man sich überhaupt leisten kann. In Salzburg heißt die Rechnung: Halb so viel Publikum, deutlich erhöhter Personalaufwand in allen Abwicklungsbereichen.