US-Präsident Donald Trump
APA/AFP/Jim Watson
Wahlverschiebung

Widerstand aus eigenen Reihen

US-Präsident Donald Trump hat die von ihm angezettelte Debatte über eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl relativiert. Er wolle keine Terminänderung, sagte Trump am Donnerstag, doch wolle er auch keine „betrügerische Wahl“. Nicht nur die Demokraten kritisierten den Präsidenten für dessen Vorstoß, auch die Republikaner wünschten sich, Trump hätte das nie gesagt.

Trump hatte wegen der Coronavirus-Pandemie eine Verschiebung der für den 3. November angesetzten Wahl ins Spiel gebracht. Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb er: „Die Wahl verschieben, bis die Menschen richtig und in Sicherheit wählen können?“ Der Präsident behauptete, wegen einer zu erwartenden hohen Zahl an Stimmabgaben per Brief könne die Wahl stark manipuliert werden.

Schon in den vergangenen Monaten hatte Trump wiederholt Briefwahlen als besonders betrugsanfällig kritisiert. Experten stufen hingegen dieses Risiko als sehr gering ein. Kritiker und Kritikerinnen werfen dem Präsidenten vor, schon im Vorfeld den Wahlprozess in ein schlechtes Licht rücken zu wollen – um das Ergebnis im Falle seiner Niederlage in Zweifel ziehen zu können. In den Umfragen liegt Trump hinter seinem Rivalen Joe Biden zurück, das teils sehr deutlich.

Bei der Pressekonferenz darauf angesprochen, was er mit der Debatte über eine Wahlverschiebung erreichen wollte, zitierte Trump Medien, die in der Vergangenheit über Probleme bei Wahlen berichtet hatten. „Das stammt aus der ‚Washington Post‘, können Sie das glauben? ‚Fake News‘, aber dieses Mal nicht“, so Trump. Auch auf Twitter fokussierte sich der US-Präsident auf die Wahl: „Wir werden die Wahl 2020 gewinnen“ oder „Wir müssen das Ergebnis der Wahl in der Nacht erfahren, nicht Tage, Wochen oder Jahre später“.

Gegenwind in eigener Partei

Es war nun aber das erste Mal, dass Trump offen eine Verschiebung der Wahl ins Spiel brachte. In den USA kann allerdings nur der Kongress den Wahltermin verlegen. Trumps Vorstoß stieß nicht nur bei den oppositionellen Demokraten, sondern auch in seiner Republikanischen Partei umgehend auf breite Ablehnung.

„In der Geschichte des Landes, in Kriegen, Wirtschaftskrisen und dem Bürgerkrieg haben wir noch nie eine auf Bundesebene angesetzte Wahl nicht zum geplanten Zeitpunkt abgehalten“, sagte der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell. „Wir werden einen Weg finden, das auch am 3. November zu machen.“ Der Wahltermin sei „in Stein gemeißelt“, so McConnell.

Republikaner Ted Cruz
Reuters/ Jonathan Newton
Trumps Parteifreund Cruz war gar nicht erfreut über den Vorstoß des Präsidenten

„Ich wünschte, er hätte das nicht gesagt“, reagierte der ebenfalls konservative Senator Marco Rubio auf Trumps Tweet. „Wir werden im November eine Wahl abhalten.“ Auch sein Parteifreund Ted Cruz bekräftigte, am Wahltermin werde nicht gerüttelt.

Demokraten orten Ablenkungsmanöver

Die oppositionellen Demokraten bezeichneten Trumps Äußerung als „verzweifelten Versuch, von den heutigen verheerenden Wirtschaftszahlen abzulenken“. Kurz vor Trumps Tweet waren neue Konjunkturdaten veröffentlicht worden. Die US-Wirtschaft erlitt in der Coronavirus-Krise einen historischen Konjunktureinbruch. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging im zweiten Quartal um auf das Jahr hochgerechnet 32,9 Prozent zurück.

„Trump kann so viel twittern, wie er will, aber die Wahrheit ist: Er kann die Wahl nicht verschieben“, erklärte die Parteispitze der Demokraten. „Im November werden ihn die Wähler für sein Versagen zur Rechenschaft ziehen.“ Die demokratische Vorsitzendes des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, twitterte lediglich den Verfassungsartikel, der festhält, dass der US-Kongress den Wahltermin festlegt und nicht der Präsident.

Demokraten Nancy Pelosi uznd Chuck Schumer
Reuters/Erin Scott
Pelosi verwies auf den Verfassungsartikel, wonach der US-Kongress den Wahltermin festlegt

Trump hatte Briefwahlen in den vergangenen Monaten wiederholt als besonders betrugsanfällig kritisiert, obwohl Fachleute das Risiko als sehr gering einstufen. Wegen der Coronavirus-Pandemie wird eine starke Zunahme der Stimmabgabe per Briefwahl erwartet. Viele Menschen dürften aus Sorge vor einer Ansteckung Wahlbüros meiden.

Biden vor Wochen: Trump will verschieben

Die Bürgerrechtsorganisation ACLU teilte mit: „Wir sind eine Demokratie, keine Diktatur. Die Verfassung ermächtigt den Kongress, ein Wahldatum festzulegen, und der Kongress hat dieses Datum für November festgelegt. Nichts, was Präsident Trump sagt, tut oder twittert, kann diese Tatsache ändern.“ Der Historiker und Präsidentschaftsexperte Michael Beschloss schrieb auf Twitter, niemals in der Geschichte der USA habe es einen erfolgreichen Vorstoß gegeben, die Präsidentschaftswahl zu verschieben.

Trumps designierter demokratischer Herausforderer Joe Biden hatte schon Ende April gewarnt, dass der Präsident versuchen könnte, eine Verschiebung des Wahltermins zu erreichen. „Erinnern Sie sich an meine Worte: Er wird irgendwie versuchen, die Wahl nach hinten zu verschieben, er wird irgendeine Begründung finden, warum sie nicht abgehalten werden kann“, sagte der frühere Vizepräsident. Trump wies das damals als „Propaganda“ zurück.

Die Coronavirus-Krise wird zweifellos eine gewaltige Herausforderung für die Wahl, zumal die Pandemie in den USA weiterhin außer Kontrolle ist. Inzwischen sind in dem Land mehr als 151.000 Coronavirus-Tote und knapp 4,5 Millionen Infektionsfälle bestätigt worden. Das sind die mit großem Abstand höchsten Zahlen weltweit. Kritiker und Kritikerinnen machen Trumps Krisenmanagement für die verheerende Entwicklung mitverantwortlich. Der Präsident steht auch wegen seines Umgangs mit der Pandemie in Umfragen schlecht da – zumal die Wirtschaft enorm unter der Krise leidet.