Polizisten auf der Reeperbahn in Hamburg
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Alkoholsperre, mehr Risikogebiete

Verschärfte CoV-Maßnahmen in Deutschland

Auch in Deutschland befinden sich die Infektionszahlen wieder im Steigen. Robert-Koch-Institut (RKI) und Außenamt entschlossen sich am Freitag, drei Regionen Spaniens, der Deutschen liebstes Urlaubsland, zu Risikogebieten zu erklären. In Hamburg will man mit einem Verbot von Alkoholverkäufen gegen die ausufernde Partyszene vorgehen.

Mehr als 800 neue COV-Fälle am Tag gab es in Deutschland zuletzt, eine Steigerung im Vergleich zu den Wochen davor. Der Großteil der neuen Fälle betrifft laut dem RKI die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. „Diese Entwicklung ist sehr beunruhigend und wird vom RKI weiter sehr genau beobachtet. Eine weitere Verschärfung der Situation muss unbedingt vermieden werden“, hieß es dazu in einer Erklärung vor rund einer Woche. „Hinzu kommt, dass Covid-19-Fälle zunehmend unter Reiserückkehrern identifiziert werden.“

Das Institut entschied sich am Freitag zu einem Schritt, der für die vielen deutschen Spanien-Urlauber Konsequenzen haben wird. Die drei Regionen Aragon, Katalonien und Navarra gelten nun als Risikogebiete. In den drei Gebieten in Spanien wurde laut deutschem Gesundheitsministerium die Schwelle von mehr als 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschritten. In der EU führte das RKI bisher lediglich Luxemburg in dieser Kategorie.

Für Reiserückkehrer aus offiziell eingestuften Risikogebieten soll in der kommenden Woche eine Testpflicht kommen – über freiwillige Tests hinaus, die für alle Einreisenden aus dem Ausland kostenfrei möglich sein sollen. Ab Samstag kann bereits jede Person, die nach Deutschland einreist, innerhalb von 72 Stunden beim Gesundheitsamt oder einem Arzt einen kostenlosen Test machen. Außerdem kann je nach Herkunftsbundesland eine Pflicht zur Quarantäne bestehen. Das deutsche Auswärtige Amt rät bereits seit Dienstag von touristischen Reisen in die drei spanischen Regionen ab. Am Freitag folgte man auch dem RKI und gab eine formelle Reisewarnung aus, die Urlauberinnen und Urlaubern die kostenlose Stornierung von Buchungen ermöglicht.

Urlauber in Spanien in Quarantäne

Auf den Balearen sind inzwischen auch mehrere Urlauber nach dem positiven Test an einer Person in Quarantäne geschickt worden – zum ersten Mal seit der Wiedereröffnung für den internationalen Tourismus. Über die Herkunft oder die Nationalität der Betroffenen teilte die regionale Gesundheitsbehörde am Freitag nichts weiter mit. Die Urlauber sind in einem von der Regionalregierung eigens für Quarantänemaßnahmen angemieteten Hotel untergebracht worden. Die Balearen, zu denen Mallorca gehört, hatten sich als erste spanische Region schon am 15. Juni in einem Pilotprojekt zunächst nur für Urlauber aus Deutschland wieder geöffnet. Seit dem 1. Juli dürfen alle Bürger aus der EU und aus Schengen-Staaten nach Spanien einreisen.

Stran din Barcelona
Reuters/Albert Gea
Auch das beliebte Reiseziel Barcelona gehört nun laut RKI zu den Risikogebieten

Die Infektionszahlen auf den Inseln sind im Vergleich zu Katalonien, Aragon und Navarra relativ niedrig. Allerdings sorgten Bilder von wilden Partys vor allem deutscher und britischer Urlauber, bei denen keine Vorsichtsmaßnahmen eingehalten wurden, für Empörung. Die britische Regierung ordnete sogar für alle Rückkehrer aus Spanien eine vierzehntägige Quarantäne an.

Das österreichische Außenministerium rät weiterhin dringend von allen nicht notwendigen Reisen, insbesondere von allen Urlaubsreisen, ab. Aus Spanien ist die Einreise aber weiter ohne Test und ohne automatische Quarantäneanordnung möglich.

Hamburgs Partymeilen werden trocken

Auch ein anderer Ansteckungsherd soll abgekühlt werden: die nächtlichen Straßenpartys in mancher deutschen Metropole. Hamburgs Ämter und Behörden wollen ab sofort streng gegen die Massenversammlungen in den üblichen Ausgehvierteln vorgehen. Die Große Freiheit in St. Pauli etwa war kürzlich am Wochenende so voll geworden, dass sie zweimal von der Polizei abgeriegelt werden musste.

Ab Freitagabend gilt rund um alle wichtigen Kneipenviertel erstmals ein Verbot sämtlicher Außerhausverkäufe von Alkohol. Das betrifft etwa die Reeperbahn samt Nebenstraßen, das Schanzenviertel und weitere Straßenzüge in den Stadtteilen Ottensen, Altona sowie Eimsbüttel.

Das Verbot gilt in den drei Nächten dieses Wochenendes zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens. Es greift für Bars ebenso wie für Kioske und Tankstellen. Auch der Verkauf durch mobile „fliegende Händler“ in den definierten Bereichen ist untersagt. Alkoholische Getränke dürfen nur an Gäste verkauft werden, die sich in Lokalen aufhalten.

Verbote nach Krawallen

Es gilt als wahrscheinlich, dass auch Stuttgart ein Alkoholverbot einführt. Eine ähnliche Regelung führte Bremen bereits vor rund eineinhalb Monaten ein. Auch dort versammelten sich immer wieder zahlreiche Feiernde rund um Bars, ohne die Schutzregeln zu befolgen. Die Stadt Frankfurt am Main reagierte nach den jüngsten Krawallen am Opernplatz mit einem Betretungsverbot. In den Nächten auf Samstag und Sonntag ist der Platz, der seit Beginn der Pandemie ein beliebter Treffpunkt ist, ab 1.00 Uhr nun bis auf Weiteres gesperrt.

Maßnahmen, die die Mehrheit der Deutschen goutiert: Laut dem am Freitag veröffentlichten ZDF-„Politbarometer“ befürworten zwei Drittel ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen. Die Deutschen zeigten sich angesichts der zunehmenden Infektionszahlen auch zusehends beunruhigt. Gut drei Viertel erwarten mittlerweile eine zweite Welle. Erstmals überwog auch die Einschätzung, dass die Menschen sich eher unvernünftig verhalten.