Commerzialbank-Filiale
ORF.at/Michael Baldauf
Bilanzskandal

Neue Details in Causa Commerzialbank

Im Bilanzskandal rund um die Commerzialbank Mattersburg treten nach und nach immer mehr Details an die Oberfläche. So wurde am Freitag etwa bekannt, dass der Verdacht auf Untreue erstmals 2015 erhoben wurde. Und während nun versucht wird herauszufinden, wie viel Vermögenswerte die Bank noch hat, streben Kunden bereits eine Sammelklage an. Auch die Fußball-Bundesliga war Kunde der Bank – zog jedoch frühzeitig die Reißleine.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) untersagte Mitte Juni den Fortbetrieb der burgenländischen Commerzialbank Mattersburg. Der Grund: Die Bilanzen der Bank sollen über Jahre frisiert und vom Wirtschaftsprüfer vermutlich falsch testiert worden sein. Insgesamt soll dem Wirtschaftsmagazin „Eco“ zufolge in den vergangenen 25 Jahren eine halbe Milliarde Euro aus der Bank verschwunden sein.

Am Freitag bestätigte die FMA, dass sie bereits 2015 bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt Anzeige wegen des Verdachts auf Untreue erstattet und den beiden zuständigen Abschlussprüfern der TPA Wirtschaftsprüfung für fünf Jahre untersagt hatte, Bankbilanzen zu prüfen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Sammelklage von Kunden angekündigt

Doch welche Prüfer der Commerzialbank haben nun tatsächlich versagt? Was waren die Gründe, und wer haftet dafür? All diese Fragen zu beantworten ist derzeit Sache der Justiz. Die ÖVP Burgenland forderte am Freitag die Offenlegung der Prüfgutachten des Landes zur Kreditgenossenschaft. Das sei spätestens jetzt erforderlich, nachdem eine Wiener Kanzlei eine Sammelklage angekündigt habe, so die ÖVP.

Die Kanzlei vertritt ein paar Dutzend Privatkunden der Commerzialbank und will für sie vor Gericht einen Schadenersatz in zweistelliger Millionenhöhe vom Land Burgenland einklagen. Das Land Burgenland kündigte wiederum eine Amtshaftungsklage gegen die Republik an – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Illegale Geldabflüsse?

Unterdessen haben vom Gericht eingesetzte Masseverwalter nun die Aufgabe herauszufinden, welche Vermögenswerte die Bank noch hat. Die Aufgabe der Masseverwalter gleicht dabei einer Detektivarbeit. Die Rechtsanwälte prüfen, über welches Vermögen die Konkursbank noch verfügt, um damit einen möglichst großen Teil der Schulden der Bank zu begleichen. Dabei verfolgen die Anwälte auch Spuren von möglicherweise illegalen Geldabflüssen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Commerzialbank: Wie in Mattersburg getrickst wurde

Die Pleite der burgenländischen Commerzialbank bringt nun auch den SV Mattersburg in Bedrängnis. Denn die handelnden Personen in der Bank waren auch Funktionäre im Fußballclub. Zurück bleibt ein Verein mit einem riesigen Budgetloch, einer undurchsichtigen Bilanz und der Angst vor dem Abstieg in die 2. Liga. All das ist kein Einzelfall. Immer wieder gehen Bundesliga-Vereine pleite, und immer wieder ist da von Finanztricksereien die Rede. Woran liegt das? Können unsere Vereine nicht wirtschaften, oder ist der österreichische Fußballmarkt einfach zu klein für das große Geld?

SV Mattersburg in Bedrängnis

Eine Spur führt etwa zum Fußballclub SV Mattersburg, dessen Budget sich laut einem Bericht des Wirtschaftsmagazins „Eco“ auf elf Millionen Euro belief. Knapp die Hälfte davon, nämlich 4,9 Millionen sei von Sponsoren gekommen, wie sich in der Bilanz zeigt, die „Eco“ zugespielt wurde.

Die Commerzialbank und der Fußball

Die Commerzialbank war Hauptsponsor des SV Mattersburg. Unter Martin Pucher spielt der Verein seit 2003 in der Bundesliga – mit Ausnahme der Jahre 2013 bis 2015. 2005 bis 2009 war Pucher auch Präsident der österreichischen Bundesliga.

In der TV-Sendung wurden mögliche „Modelle“ der Zahlungen der Commerzialbank an den Fußballcub, dessen Präsident der Bankgründer und Vorstand Martin Pucher war, angesprochen. So könnten zur Verschleierung Kredite an Privatpersonen vergeben worden sein, die gar nichts davon wussten, oder Firmen erhielten Kredite und zahlten möglicherweise einen Teil davon an den Club. Die Sponsoren bestreiten das vehement. Laut „Eco“-Informationen gestand Pucher vor der Staatsanwaltschaft, Kredite erfunden und Bilanzen gefälscht zu haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Mattersburg-Präsident und Bankgründer Martin Pucher
GEPA/Philipp Brem
Pucher war nicht nur Präsident des Fußballclubs SV Mattersburg, sondern auch Gründer der Commerzialbank

Fußball-Bundesliga zog Millionen von Commerzialbank ab

Laut „Eco“ veranlagte auch die Fußball-Bundesliga mehr als drei Millionen bei der nun geschlossenen Bank. Ein finanzieller Schaden konnte jedoch vermieden werden, da auf Anraten von Aufsichtsrat Christian Jauk der Betrag im Frühjahr 2019 abgehoben wurde. „Es war so ein Bauchgefühl. Wenn eine Bank so hohe Einlagenzinsen anbietet, muss die Bank das auch verdienen. Das Geschäftsmodell der Commerzialbank war nicht so, dass ich ihr das so locker zugetraut hätte“, sagte der Bankmanager und Sturm-Graz-Präsident Jauk.

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer bestätigte gegenüber „Eco“ die Veranlagung bei der Mattersburger Bank. „Wir hatten Festgeldveranlagungen jeweils für den Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Diese gibt es nicht mehr seit dem Frühjahr 2019, weil der Aufsichtsrat in seiner Neubesetzung damals gesagt hat, wir geben unser Geld nur mehr in systemrelevante Banken.“

Hinweise, dass auch bei der finanziellen Situation des SV Mattersburg etwas nicht stimmen könne, habe es jedoch nicht gegeben, versicherte Ebenbauer. „Nach meiner Kenntnis waren überhaupt keine Ungereimtheiten da. Der Wirtschaftsprüfer des Vereins hat das Testat ausgestellt und die positive Fortbestandsprognose.“

Fußball liegt in einer Lacke neben dem Spielfeld
ORF.at/Christian Öser
Während die Fußball-Bundesliga noch rechtzeitig seine Einlagen abzog, dürfte der ÖFB wohl Geld verlieren

ÖFB verliert wohl 200.000 Euro

Anders verhält es sich beim ÖFB. Wie Ö1 am Freitag im Mittagsjournal berichtete, hatte der ÖFB 300.000 Euro bei der Commerzialbank liegen – 200.000 dürften verloren sein, 100.000 durch die Einlagensicherung gedeckt. Die 300.000 Euro seien jedoch nur ein kleiner Teil der ÖFB-Guthaben. Aus Vorsicht habe man das Geld auf rund acht verschiedene Banken aufgeteilt.

ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer verneinte wie auch Ebenbauer die Frage, ob es womögliche Gerüchte über die Commerzialbank gegeben hatte: „Wir waren bis vor zwei Wochen der Meinung, dass es sich bei der Commerzialbank Mattersburg um ein höchst seriöses Institut handelt. Und bei keiner unserer Entscheidungen hat es irgendwelche Gerüchte gegeben, es stimmte irgendwas nicht oder es würde getrickst.“ – mehr dazu in oe1.ORF.at.

Zukunft von Konzertveranstalter gesichert

Aufatmen kann unterdessen Österreichs größter Konzertveranstalter, Barracuda Music. Auch das Unternehmen bangt um Einlagen – in diesem Fall in der Höhe von rund 34 Millionen Euro. Jetzt steht fest, dass das Unternehmen aber auf jeden Fall fortgeführt werden kann. Das deutsche Mutterunternehmen CTS Eventim gab am Freitag bekannt, das Tochterunternehmen abzusichern: „Dank eines umfassenden Finanzierungsplans ist der Geschäftsbetrieb der Barracuda Gruppe gewährleistet und damit insbesondere auch der beiden Festival-Flaggschiffe Nova Rock und Frequency“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at.