In Victoria – das etwas weniger Einwohner als Österreich hat, aber dreimal so groß ist – gab es laut Premier Daniel Andrews innerhalb eines Tages 671 neue Fälle und sieben neue Todesfälle. Das ist kein neuer Rekord, aber schon in den vergangenen Tagen stieg die Fallzahl deutlich – und das, obwohl sich Melbourne seit Wochen im „Lock-down“ befindet.
Andrews kündigte deshalb Stufe vier der Beschränkungen an, nachdem bisher Stufe drei gegolten hatte. Für Melbourne bedeutet das, dass man sich nicht mehr als fünf Kilometer von seinem Zuhause entfernt aufhalten darf, Einkäufe darf man nur noch einmal täglich erledigen. Grund zur Panik sei das aber keiner: „Supermärkte werden offen bleiben“, so Andrews.
Auch sportliche Aktivitäten wurden auf eine Stunde pro Tag reduziert. Und: Von 20.00 Uhr bis 5.00 Uhr in der Früh gilt eine Ausgangssperre – ausgenommen davon sind nur die Arbeit und Inanspruchnahme von Pflege. Diese Maßnahmen gelten bereits am Sonntag.
Auch Beschränkungen im ländlichen Raum
In Melbourne gibt es den Großteil der bestätigten Coronavirus-Fälle: Über 10.600 Menschen haben sich dort infiziert, nur rund 660 Menschen wurden in Victoria außerhalb des Großraums registriert. Dennoch werden auch in den ländlichen Regionen neue Maßnahmen gesetzt – so wird man nur noch für wichtige Einkäufe, zum Trainieren und für die Arbeit das Haus verlassen dürfen. Restaurants dürfen nur noch Speisen zum Mitnehmen anbieten.
Notstand in Victoria
Im australischen Bundesstaat Victoria wurde der Notstand ausgerufen, so gibt es etwa in der Hauptstadt Melbourne eine nächtliche Ausgangssperre.
„Das sind große Schritte, aber sie sind notwendig“, so Andrews bei der Verkündung der neuen Maßnahmen. „Wir müssen die Bewegungen einschränken und damit die Übertragung dieses Virus einschränken. Wir müssen dagegen vorgehen. Und wir müssen so schnell wie möglich zu dem Punkt kommen, an dem wir eine viel geringere Fallzahl haben.“
Schulen stellen wieder auf E-Learning um
Darüber hinaus wird auch der Schulbetrieb wieder stark eingeschränkt. Schülerinnen und Schüler werden per E-Learning den Stoff durchnehmen, so Andrews. Schulen bleiben zwar geöffnet, Kinder mit Eltern, die arbeiten müssen, können etwa die Schule besuchen – allerdings nur, wenn keine andere Lösung möglich ist.
Und: Ein baldiges Ende der neuen Beschränkungen ist nicht in Sicht. Vorerst gelten die Beschränkungen sechs Wochen, bis zum 13. September. Die Alternative, so Andrews, sei eine nur noch wesentlich langsamere Vorgehensweise, die Maßnahmen für ein halbes Jahr setze – dazu sei Andrews aber nicht bereit, er sei aber auch nicht dazu bereit, täglich „Hunderte Fälle und immer mehr Tote“ zu akzeptieren.
Nachbarstaat New South Wales setzt auf Masken
Im benachbarten Bundesstaat New South Wales, dessen Hauptstadt Sydney ist, ist die Situation nicht so drastisch wie in Victoria – dennoch wird nun verstärkt aufgerufen, Masken zu tragen. Premierministerin Gladys Berejiklian sagte am Sonntag, dass es zwar keine Pflicht gebe, aber es werde stark dazu geraten, in geschlossenen Räumen, beim Kundenkontakt, in Kirchen und in Gebieten mit höheren Fallzahlen eine Maske zu tragen.
Kurve eigentlich unter Kontrolle
Ursprünglich war die Entwicklung in Australien im Hinblick auf das Coronavirus positiv: Die Kurve konnte relativ bald unter Kontrolle gebracht werden, ein Großteil der Fälle danach entstand durch Heimkehrende aus anderen Ländern.
Doch die steigenden Infektionszahlen in Melbourne waren ein Rückschlag für das ganze Land, schreibt die BBC. Das Virus wurde nun auch wieder innerhalb einer Region übertragen – was zur Folge hatte, dass erst 300.000 Menschen aufgrund ihrer Postleitzahl in den „Lock-down“ geschickt wurden. Später wurden die Maßnahmen auf ganz Melbourne und seine fünf Millionen Einwohnerinnen und Einwohner ausgedehnt.
Der Premier des Staates machte erst Wachpersonal dafür verantwortlich, dass die Zahlen so stark steigen, schreibt die BBC. Sie sollen sich nicht an die „Lock-down“-Regeln gehalten haben. Doch Expertinnen und Experten sagen, dass vor allem die Lockerung der Regeln, Nachlässigkeit beim Social Distancing und „einfach Pech“ zu einem starken Anstieg geführt haben. Nun sagte Andrews, dass die derzeitige Übertragungsrate – einschließlich „mysteriöser Fälle“, die nicht zur Arbeit oder nach Hause zurückverfolgt werden können – viel zu hoch sei. Und „uns wird gesagt, dass aufgrund der derzeitigen Zahl die Fälle nicht in Tagen oder Wochen, sondern erst in Monaten zurückgehen könnten“, zitiert die BBC Andrews. Das könne er nicht hinnehmen, so der Premier.