Leerer Gastgarten am Hallstätter See
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Arbeitslosigkeit

Nur langsame Entspannung auf Arbeitsmarkt

Die Zahl der Arbeitslosen in Österreich ist auch im Juli hoch geblieben. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum waren 33 Prozent mehr Menschen ohne Beschäftigung: 432.539 Personen waren arbeitslos gemeldet oder in Schulung. Besonders betroffen war weiterhin der Tourismus, ein deutliches Plus gab es aber auch im Baugewerbe, in der Warenproduktion und im Handel.

107.333 Personen mehr als im Juli 2019 waren im Juli 2020 ohne Arbeit und nicht in Schulung, teilte das Arbeitsministerium am Montag mit. Das ist deutlich weniger als der Höchststand Mitte April mit 588.000 Betroffenen, aber trotz Hochfahrens der Wirtschaft immer noch deutlich mehr als davor. Allerdings gehen die Zahlen laut Ministerium zurück: Gegenüber Ende Juni sank die Zahl der registrierten Arbeitslosen um 30.815 Personen (minus 7,4 Prozent), die Zahl der AMS-Schulungsteilnahmen (minus 151) blieb annähernd unverändert.

Man werde „die Auswirkungen dieser Weltwirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt noch längere Zeit spüren“, wurde Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) in der Aussendung zitiert. Die Maßnahmen würden aber „Wirkung zeigen“, im Juli habe es 274.000 Kurzarbeitende weniger gegeben als im Vormonat. Mit Ende Juli seien noch knapp 42.000 Kurzarbeitsprojekte gelaufen, insgesamt wurden laut Ministerium über vier Milliarden Euro an Kurzarbeitsbeihilfen an die Betriebe ausgezahlt.

Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition lag in Österreich mit 9,2 Prozent um 2,7 Prozentpunkte höher als im Juli 2019. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten ging im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat laut vorläufiger Prognose um 2,3 Prozent auf 3,79 Millionen zurück. Die Anzahl der sofort verfügbaren Stellen schrumpfte um 22 Prozent auf rund 65.000. Die Arbeitslosenquote gemäß Eurostat-Berechnung lag für Juni 2020 bei 5,7 Prozent (plus 1,3 Prozentpunkte).

Grafik zur Arbeitslosigkeit im Juli 2020
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: AMS

Starker Anstieg bei Jugendlichen

Stark stieg die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr auch bei Jugendlichen. Laut AMS-Zahlen waren 63.358, ein Plus von 24,6 Prozent, arbeitslos oder in Schulung. Ohne Schulungsteilnehmer stieg die Zahl der arbeitslosen Jugendliche um 52,4 Prozent. Den stärksten Anstieg gab es bei den 25- bis 49-Jährigen mit plus 37,6 Prozent, gefolgt von den Älteren (50 Jahre und älter) mit plus 28,7 Prozent.

Bei Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft wurde ein Plus von 42,4 Prozent verzeichnet, bei Personen mit höherer Ausbildung ein Plus von 35,2 Prozent, bei Personen mit maximal Pflichtschulausbildung ein Plus von 33,1 Prozent. Frauen waren weniger stark betroffen (plus 32,1 Prozent) als Männer (plus 33,8 Prozent). Bei Menschen mit Behinderungen stieg die Arbeitslosigkeit unterdurchschnittlich.

Die Situation von Jugendlichen, älteren Menschen, Geringqualifizierten und Arbeitnehmern aus dem Tourismus verbessere sich nur langsam und sei „von großen Unsicherheiten geprägt“, so das Arbeitsmarktservice (AMS) in einer aktuellen Analyse. Es verfestige sich auch die Langzeitarbeitslosigkeit. Das sei typisch für Erholungsphasen auf dem Arbeitsmarkt, weil zuerst Personen mit besseren Chancen einen Job finden würden. Ende Juli seien 31 Prozent aller Arbeitslosen bzw. 119.000 Personen (plus 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) bereits längere Zeit beim AMS vorgemerkt gewesen.

Tourismus bleibt am stärksten betroffene Branche

Der Tourismus blieb die am stärksten betroffene Branche mit einem Plus von 85,7 Prozent (ohne Schulungen, mit Schulungen plus 73,8 Prozent), es gab allerdings einen Rückgang gegenüber Ende Juni. Hoch waren die Zahlen (jeweils inklusive Schulungen) weiterhin auch im Bereich Verkehr und Lagerwesen (plus 55,4 Prozent), in der Baubranche (plus 41 Prozent), in der Warenproduktion (plus 36,4 Prozent), im Handel (plus 33,1 Prozent) sowie in der Arbeitskräfteüberlassung (plus 31,6 Prozent) und im Gesundheits- und Sozialwesen (plus 24,5 Prozent).

Alle Bundesländer sind von Arbeitslosigkeit betroffen, am stärksten Tirol mit einem Plus von 75 Prozent (inklusive Schulungen) und Salzburg (plus 50,8 Prozent) sowie Vorarlberg (plus 44,3 Prozent), wenn es auch leichte Rückgänge gab – mehr dazu in oesterreich.ORF.at. Geringer fiel das Plus in der Steiermark (plus 34,3 Prozent), in Oberösterreich (plus 31,6 Prozent), Wien (plus 31,1 Prozent) und dem Burgenland (plus 26,3 Prozent) aus, geht aus den aktuellen AMS-Daten hervor – mehr dazu in wien.ORF.at. Den geringsten Zuwachs gab es mit 25,6 Prozent in Kärnten.

Opposition fordert mehr Maßnahmen

Die Opposition forderte mehr Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und für eine schnellere Wiedereingliederung. Auch wenn Stellen verloren gegangen seien, würden in manchen Branchen Arbeitskräfte gesucht, so NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. Die Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen, müsse höchste Priorität haben, es brauche vernünftige Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen für Personen aus Branchen, die nachhaltig eingebrochen seien.

Es reiche nicht, die Kurzarbeit zu verlängern, um aus der Krise zu kommen, so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Es brauche stattdessen ein umfassendes Konjukturpaket und eine Aufstockung der AMS-Mitarbeiter – und eine befristete Erhöhung des Arbeitslosengeldes, wiederholte Muchitsch eine SPÖ-Forderung. Das Konjunkturpaket solle gezielt Lehrstellensuchenden, älteren Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen helfen.

Ein „Desaster am Arbeitsmarkt“ sieht FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch angesichts der aktuellen Zahlen auf Österreich zukommen. Sie vermisste Impulse für eine Stärkung der Kaufkraft, Österreich brauche auch ein „Schutzpaket“ wie eine sektorale und temporäre Schließung des Zuzugs auf den österreichischen Arbeitsmarkt. Belakowitsch forderte auch ein höheres Arbeitslosengeld sowie einen 1.000-Euro-Gutschein und eine Halbierung der Mehrwertsteuer.