Commerzialbank-Filiale
ORF.at/Michael Baldauf
Causa Commerzialbank

SPÖ und ÖVP schießen sich aufeinander ein

In der Causa Commerzialbank Mattersburg haben sich am Dienstag die Landesparteien gegenseitig heftige Vorwürfe gemacht. Während die SPÖ ein seit Jahren bestehendes „ÖVP-Netzwerk“ rund um die Bank vermutete, hat die Opposition einen Antrag für einen Sonderlandtag gestellt. Die ÖVP forderte zudem von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) Antworten zu den Vorgängen rund um die Schließung sowie Offenlegung relevanter Dokumente und Telefonprotokolle.

Zuvor hatte Doskozil am Montagabend nun doch bestätigt, dass das Regionalmanagement Burgenland (RMB) kurz vor der Pleite der Bank versucht hatte, einen Millionenbetrag zu überweisen. Auch die Finanzmarktaufsicht (FMA) teilte dem ORF-Burgenland mit, dass die RMB rund zwei Stunden vor der behördlichen Einstellung der Commerzialbank-Geschäfte versucht hatte, einen Millionenbetrag von der Bank abzuziehen. Die Überweisung sei aber im Nachhinein auf Weisung des eingesetzten Regierungskommissärs storniert worden.

Gleichzeitig schließt die FMA nicht ausdrücklich aus, dass ähnliche Versuche, von möglicherweise vorab über die Pleite der Bank informierten Personen, Geld abzuziehen, von Erfolg gekrönt waren. Die SPÖ verteidigte den Abhebeversuch – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Doskozil zur Commerzialbank-Pleite

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) nahm in der ZIB2 zu den Vorwürfen Stellung, der Geschäftsführer der landeseigenen Regionalmanagement Burgenland habe zwei Stunden vor der Insolvenz der Commerzialbank noch 1,4 Millionen Euro abziehen wollen.

ÖVP will Aufklärung von Doskozil

Neben dem kürzlichen Rücktritt von Landesrat Christian Illedits (SPÖ) gab diese neue Entwicklung den Parteien am Dienstag Anlass zu gegenseitigen Attacken. So richtete die ÖVP sieben Fragen an Doskozil. Unter anderem forderte die Landespartei vom Landeshauptmann und seinem Team die Offenlegung der Telefonprotokolle aus den beiden Tagen vor der Schließung der Bank, sollte sich Doskozil nicht mehr daran erinnern können, mit wem er am 13. und 14. Juli gesprochen habe, so ÖVP-Klubobmann Markus Ulram.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
APA/Roland Schlager
Doskozil hatte am Montag eine RMB-Überweisung entschieden dementiert, am Abend bestätigte er schließlich den Versuch

Zudem fragte die ÖVP, warum Doskozil verschwiegen habe, dass er persönlich von Ex-Bankvorstand Martin Pucher von der bevorstehenden Schließung der Bank erfahren habe. Weiters will die ÖVP wissen, was Doskozil in der Zeit nach Erhalt der Information über die Schließung der Bank zu Mittag bis Mitternacht getan habe. Zudem wird gefragt, ob Doskozil das RMB oder andere Personen und Institutionen über die Schließung informiert habe.

Die ÖVP will außerdem wissen, welche Unternehmen und Institutionen im Naheverhältnis zum Land versucht hätten, Geld in Sicherheit zu bringen. Gefragt wurde zudem nach eventuellen SPÖ-Konten sowie weiteren möglichen Rücktritten. Weiters wird Doskozil gefragt, ob dieser als Finanzlandesrat den Prüfauftrag an die TPA Wirtschaftsprüfungs-GmbH erteilt habe. Dass die ÖVP in die Geldbewegungen involviert gewesen sei, schloss Ulram indes aus.

Wie angekündigt brachten ÖVP, FPÖ und Grüne am Dienstag einen neuerlichen Antrag auf einen Sonderlandtag im Burgenland ein. Er soll aus Sicht der Oppositionsparteien zwei Punkte umfassen: eine Aktuelle Stunde zum Skandal um die Commerzialbank Mattersburg sowie einen Dringlichen Antrag „zur Offenlegung aller Akten, Protokolle und Unterlagen zu dieser Causa“, so Ulram – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

SPÖ verweist auf „Machenschaften“ in 90er Jahren

Die SPÖ konterte ebenfalls mit fünf Fragen an die ÖVP und stellte Vermutungen rund um ein „ÖVP-Netzwerk“ rund um die Bank in den Raum. Hintergrund dafür sind wiederum Informationen, wonach es bereits in den 1990er Jahren „Machenschaften und Malversationen vom Herrn Pucher gegeben hat – damals noch als Geschäftsstellenleiter einer kleineren Bank der Raiffeisenbank“, so SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst. Als Raiffeisen die Bank habe prüfen wollen, sei den Revisoren „der Prüfungszutritt verwehrt“ worden.

Damals habe man Pucher absetzen wollen. Dagegen ausgesprochen habe sich „mit größter Vehemenz“ ein damaliger ÖVP-Funktionär, der jetzt noch nach wie vor als Vorsitzender des Aufsichtsrates fungiere. „Offensichtlich hat es damals schon dieses ÖVP-Netzwerk gegeben, das den Martin Pucher und seine Machenschaften auch geschützt hat. Hätte man damals schon adäquat reagiert, hätten wir uns vielleicht viel Leid ersparen können“, so Fürst.

SPÖ verweist auf ÖVP-Besetzung in Aufsichtsrat

Laut einem Bericht der „Presse“ ist aktuell von einem Schaden von rund 690 Millionen Euro auszugehen – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Fürst fragte, wie es so weit gekommen sei. Im Aufsichtsrat der Commerzialbank – dem obersten Kontrollgremium – säßen „vorwiegend ÖVP-Funktionäre“. Der Kovorsitzende sei „ein hochrangiger ÖVP-Wirtschaftsbund-Funktionär“. In dem Gremium säßen ferner ehemalige oder aktuelle ÖVP-Gemeinderäte aus dem Bezirk Mattersburg.

SPÖ und ÖVP streiten über Commerzialbank-Verantwortung

Während sich alle Parteien auf die im Burgenland alleinregierende SPÖ wegen mangelnder Aufsicht einschießen, verweist diese auf ÖVP-Vertreter im Commerzialbank-Aufsichtsrat.

Fürst wolle nun wissen, aus wem das „Netzwerk“ bestehe und ob ÖVP-Aufsichtsräte von der Sperre durch die FMA im Vorfeld gewusst und Geld abgezogen hätten. Fürst betonte zudem, dass die ÖVP im Bezirk Mattersburg 3.100 Euro von der Commerzialbank erhalten habe und stellte die Frage nach der Gegenleistung. Er kritisierte ÖVP-Obmann Christian Sagartz. Wäre dieser „ein SPÖ-Funktionär, hätte er längst zurücktreten müssen“, sagte Fürst.

„Das sind seine Funktionäre, die dort im Aufsichtsrat der Commerzialbank sitzen, die diesen Kriminalfall zu verantworten haben.“ Umso grotesker sei, dass es Sagartz sei, der „von Medium zu Medium läuft und eigentlich alle anderen anschwärzt“. Dass Doskozil von Pucher angerufen und über die Schließung der Bank informiert worden sei, glaubt Fürst nicht, „weil das hätte der Landeshauptmann wahrscheinlich gesagt“. Fürst kündigte an, dass man bei einem Sonderlandtag noch „das eine oder andere aufzeigen“ werde. Zudem kündigte die SPÖ an, Parteispenden per Gesetz unterbinden zu wollen. Man werde in den nächsten Tagen einen Entwurf vorlegen.

NEOS sieht Schlammschlacht

Kritik an einer „rot-türkisen Schlammschlacht“ um die Commerzialbank kam am Dienstag von NEOS. Diese nehme „immer skurrilere Ausmaße“ an, die Diskussion sei von „gegenseitigen Schuldzuweisungen“ geprägt, so Landessprecher Eduard Posch. Im Fall Commerzialbank poche man einmal mehr auf eine überparteiliche Kontrollinstitution: „SPÖ und ÖVP können diesen Skandal sicher nicht selbst aufklären. Zu sehr sind Personen in deren Dunstkreis involviert, seit der Bankgründung 1995 bis heute“, argumentierte Posch. Für NEOS wäre beispielsweise eine Möglichkeit, dem Landesrechnungshof einen Prüfauftrag zu erteilen.

Indes teilte die Einlagensicherung mit, dass die meisten Rückerstattungen abgearbeitet seien. Sie deckt Guthaben bis zu 100.000 Euro. 10.100 Kunden und damit rund 75 Prozent der Kundschaft wurden bisher entschädigt, hieß es am Dienstagabend auf deren Website. „Die Frequenz lässt nach“, sagte Stefan Tacke von der Einlagensicherung in „Burgenland heute“. Bis Freitag werde noch ganz sicher an Ort und Stelle ausbezahlt. Sollte die Frequenz bis dorthin wieder steigen, werde man auch nächste Woche noch direkt auszahlen.