Unter den Getöteten ist laut der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA auch der Chef der Partei Kataib, Nazar Najarian. Die Druckwelle war laut Zeuginnen und Zeugen so stark, dass Balkone von Gebäuden gerissen wurden. Auf Videoaufnahmen waren schwer beschädigte Gebäude und Trümmer auf den Straßen im Zentrum der libanesischen Hauptstadt zu sehen. Auf der Schnellstraße in der Nähe des Hafens wurden zahlreiche Fahrzeuge schwer beschädigt. Die größere der beiden Explosionen war bis Zypern spürbar.
Krankenhäuser überlastet
Medien zeigten Bilder von unter Trümmern feststeckenden Menschen, einige von ihnen waren blutverschmiert. Über der Stadt stand eine dichte Rauchsäule. Die Explosionen führten vielerorts zu Stromausfällen. Wie ein AFP-Reporter berichtete, wurden alle Geschäfte im Quartier Hamra durch die Explosionen beschädigt. In den Straßen waren zudem ausgebrannte Autos zu sehen.
Die Krankenhäuser in der libanesischen Hauptstadt waren überlastet. Gesundheitsminister Hassan Hamad sagte, die Spitäler der Hauptstadt seien voll mit Verletzten, weitere Opfer müssten in Einrichtungen in den Vorstädten transportiert werden. Verletzte mussten teilweise auf dem Parkplatz vor den Kliniken behandelt werden. Das Rote Kreuz rief zum Blutspenden für die Opfer auf.
Sprengstoff im Hafen gelagert
Nach Angaben der Sicherheitsbehörden könnte die große Explosion durch altes Sprengmaterial verursacht worden sein. Es könnte sich um schon „vor Jahren konfisziertes Sprengmaterial“ gehandelt haben, das in einem Gebäude im Hafen gelagert worden sei, sagte Sicherheitschef Abbas Ibrahim am Dienstag. „Es war anscheinend hochexplosives Material“, fügte er vor Journalisten hinzu.
Schwere Explosionen in Beirut
Die libanesische Hauptstadt Beirut ist von zwei gewaltigen Explosionen im Hafen erschüttert worden. (Video: EBU, Reuters)
Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es dagegen nicht. Wenige Kilometer vom Ort der Explosionen entfernt waren 2005 der damalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri und 21 weitere Menschen bei einem Sprengstoffanschlag getötet worden. Die Residenz seines Sohnes, der frühere Ministerpräsident Saad Hariri, wurde bei den Explosionen am Dienstag beschädigt.
Israel: Haben nichts mit dem Vorfall zu tun
Der libanesische Präsident Michel Aoun berief eine Dringlichkeitssitzung des Obersten Verteidigungsrates ein. Die Regierung erklärte den Mittwoch zum Tag der nationalen Trauer.
Ein israelischer Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, sagte, Israel habe mit dem Vorfall nichts zu tun. Außenminister Gabi Aschkenasi sagte dem Sender N12, es handle sich höchstwahrscheinlich um einen Unfall, ausgelöst durch einen Brand. Israel bot humanitäre Hilfe an. „Unter Anweisung von Verteidigungsminister Benny Ganz und Außenminister Gabi Ashkenasi hat Israel sich an den Libanon durch internationale diplomatische und Verteidigungskanäle gewandt“, teilten beide Minister in einer gemeinsamen Stellungnahme mit.
Sowohl die EU als auch Frankreich stellten dem Libanon Hilfe in Aussicht. „Die Europäische Union ist bereit, Hilfe und Unterstützung zu leisten“, teilte EU-Ratspräsident Charles Michel mit. Frankreich schicke Hilfe in den Libanon, schrieb der französische Staatschef Emmanuel Macron auf Twitter. Das US-Präsidialamt teilte mit, man verfolge die Entwicklung genau.
Urteil in Hariri-Prozess in Den Haag
Am Freitag will das UNO-Libanon-Sondertribunal in Den Haag sein Urteil gegen vier Angeklagte in dem Fall von 2005 verkünden. Viele im Libanon machen die Führung des Nachbarlandes Syrien für den Anschlag auf Hariri verantwortlich. Er hatte vor seinem Tod den Abzug der damals im Libanon stationierten syrischen Truppen verlangt.