Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
APA/Robert Jaeger
Commerzialbank

Doskozil will U-Ausschuss zustimmen

Die SPÖ stimmt einem – von der ÖVP Burgenland angedrohten – Untersuchungsausschuss zur Commerzialbank Mattersburg „jederzeit“ zu. Das sagte der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil am Dienstag in der ZiB2. Ein solcher wäre ihm „herzlich willkommen“. Außerdem habe er „überhaupt kein Problem“, Telefonprotokolle offenzulegen. Gefunden habe man die Quelle von Gerüchten, die vor der Schließung kursierten.

Die Opposition im burgenländischen Landtag will die Telefonprotokolle Doskozils und seines Teams für den 13. und 14. Juli sehen – weil die Frage der Vorinformation etwa des Regionalmanagements Burgenland (RMB) im Raum steht. Gesperrt wurde die Bank am späten Abend des 14. Juli.

Der Landeshauptmann bekräftigte, dass er erst am 14. Juli von der Finanzmarktaufsicht (FMA) von der bevorstehenden Schließung informiert worden sei – und zwar vor 18.45 Uhr. Danach habe er die Mitglieder der Landesregierung informiert. Zuvor waren ihm, wie er durchblicken ließ, nur unverifizierte Gerüchte zu Ohren gekommen.

Quelle der Gerüchte ausfindig gemacht

Die Quelle dieser Gerüchte, „die im ganzen Bezirk Mattersburg gelaufen sind“, habe man mittlerweile ausfindig gemacht: Die Frau des gefallenen Bankchefs Martin Pucher habe die Bezirkshauptfrau von Eisenstadt-Umgebung telefonisch informiert, dass es eine Schieflage der Bank bzw. Selbstanzeige ihres Ehemannes gebe. Auch anderen persönlich Bekannten habe sie darüber Bescheid gegeben – damit diese nicht womöglich erst aus der Presse davon erfahren.

Doskozil zur Commerzialbank-Pleite

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) nahm in der ZIB2 zu den Vorwürfen Stellung, der Geschäftsführer des landeseigenen Regionalmanagements Burgenland habe zwei Stunden vor der Insolvenz der Commerzialbank noch 1,4 Millionen Euro abziehen wollen.

„Im Nachhinein schiefe Optik“

Dass der Geschäftsführer des RMB noch versucht habe, mit einer rechtzeitigen Abhebung Steuergeld in Sicherheit zu bringen, „werfe ich ihm nicht vor“, bekräftigte Doskozil. Ebenso bekräftigte er, dass es „im Nachhinein eine schiefe Optik“ ergebe, wenn das Land mit der Kanzlei TPA dieselbe Kanzlei mit der Prüfung der Bankgenossenschaft beauftragt habe wie die Bank selbst.

„Wirtschaftsrechtlich ist das aber okay“, betonte Doskozil. Für die Bankprüfung seien Nationalbank, FMA, das Finanzministerium und zweimal auch die Staatsanwaltschaft zuständig gewesen. Das Land sei nur für die Prüfung der Eigentümergenossenschaft zuständig.

Eine mögliche Sammelklage gegen das Land fürchtet Doskozil nicht, angesprochen darauf erinnerte er an die geplante Amtshaftungsklage des Landes gegen die Republik. Und hielt der Opposition erneut vor, sie versuche „mit einem Bankenskandal, der ein Kriminalfall ist, politisches Kleingeld“ zu machen, indem man ihn gegen die Sozialdemokratie und ihn zu drehen versuche.

ÖVP will Aufklärung von Doskozil

Neben dem kürzlichen Rücktritt von Landesrat Christian Illedits (SPÖ) gab diese neue Entwicklung den Parteien am Dienstag Anlass zu gegenseitigen Attacken. So richtete die ÖVP sieben Fragen an Doskozil. Unter anderem forderte die Landespartei vom Landeshauptmann und seinem Team die Offenlegung der Telefonprotokolle aus den beiden Tagen vor der Schließung der Bank, sollte sich Doskozil nicht mehr daran erinnern können, mit wem er am 13. und 14. Juli gesprochen habe, so ÖVP-Klubobmann Markus Ulram.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)
APA/Roland Schlager
Doskozil hatte am Montag eine RMB-Überweisung entschieden dementiert, am Abend bestätigte er schließlich den Versuch

Zudem fragte die ÖVP, warum Doskozil verschwiegen habe, dass er persönlich von Ex-Bankvorstand Martin Pucher von der bevorstehenden Schließung der Bank erfahren habe. Weiters will die ÖVP wissen, was Doskozil in der Zeit nach Erhalt der Information über die Schließung der Bank zu Mittag bis Mitternacht getan habe. Zudem wird gefragt, ob Doskozil das RMB oder andere Personen und Institutionen über die Schließung informiert habe.

Antrag auf Sonderlandtag

Die ÖVP will außerdem wissen, welche Unternehmen und Institutionen im Naheverhältnis zum Land versucht hätten, Geld in Sicherheit zu bringen. Gefragt wurde zudem nach eventuellen SPÖ-Konten sowie weiteren möglichen Rücktritten. Weiters wird Doskozil gefragt, ob er als Finanzlandesrat den Prüfauftrag an die TPA Wirtschaftsprüfungs-GmbH erteilt habe. Dass die ÖVP in die Geldbewegungen involviert gewesen sei, schloss Ulram aus.

Wie angekündigt brachten ÖVP, FPÖ und Grüne am Dienstag einen neuerlichen Antrag auf einen Sonderlandtag im Burgenland ein. Er soll aus Sicht der Oppositionsparteien zwei Punkte umfassen: eine Aktuelle Stunde zum Skandal um die Commerzialbank Mattersburg sowie einen Dringlichen Antrag „zur Offenlegung aller Akten, Protokolle und Unterlagen zu dieser Causa“, so Ulram – mehr dazu in burgenland.ORF.at . Die FPÖ forderte am Mittwoch die Suspendierung der Eisenstädter Bezirkshauptfrau, weil diese Insidertipps nach außen gegeben habe. Außerdem will die FPÖ einen Untersuchungsausschuss und wäre in der Folge auch für vorzeitige Neuwahlen – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

SPÖ verweist auf ÖVP-Besetzung in Aufsichtsrat

Laut einem Bericht der „Presse“ ist aktuell von einem Schaden von rund 690 Millionen Euro auszugehen – mehr dazu in burgenland.ORF.at . Fürst fragte, wie es so weit gekommen sei. Im Aufsichtsrat der Commerzialbank – dem obersten Kontrollgremium – säßen „vorwiegend ÖVP-Funktionäre“. Der Kovorsitzende sei „ein hochrangiger ÖVP-Wirtschaftsbund-Funktionär“. In dem Gremium säßen ferner ehemalige oder aktuelle ÖVP-Gemeinderäte aus dem Bezirk Mattersburg.

Aufsichtsbehörden versagten bei der Commerzialbank

Martin Pucher, der Gründer und Vorstandschef der Commerzialbank Mattersburg soll über Jahre hinweg Kredite und Einlagen von mehreren hundert Millionen Euro einfach erfunden haben. Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer haben den Betrug jahrelang übersehen.

NEOS sieht Schlammschlacht

Kritik an einer „rot-türkisen Schlammschlacht“ um die Commerzialbank kam am Dienstag von NEOS. Diese nehme „immer skurrilere Ausmaße“ an, die Diskussion sei von „gegenseitigen Schuldzuweisungen“ geprägt, so Landessprecher Eduard Posch. Im Fall Commerzialbank poche man einmal mehr auf eine überparteiliche Kontrollinstitution: „SPÖ und ÖVP können diesen Skandal sicher nicht selbst aufklären. Zu sehr sind Personen in deren Dunstkreis involviert, seit der Bankgründung 1995 bis heute“, argumentierte Posch. Für NEOS wäre beispielsweise eine Möglichkeit, dem Landesrechnungshof einen Prüfauftrag zu erteilen.

Indes teilte die Einlagensicherung mit, dass die meisten Rückerstattungen abgearbeitet seien. Sie deckt Guthaben bis zu 100.000 Euro. 10.100 Kunden und damit rund 75 Prozent der Kundschaft wurden bisher entschädigt, hieß es am Dienstagabend auf deren Website. „Die Frequenz lässt nach“, sagte Stefan Tacke von der Einlagensicherung in „Burgenland heute“.

Bis jedenfalls Freitag bleibt die ESA-Servicestelle in Zemendorf für Kundschaft ohne Internetzugang zur Bekanntgabe ihrer neuen Kontoverbindung geöffnet. Abhängig von der Besucherfrequenz wird entschieden, ob und wann die Servicestelle auch nächste Woche geöffnet hat. Die Überweisungen der Entschädigungen an Kunden der Commerzialbank werden – unabhängig von den Öffnungszeiten der Servicestelle – weiterhin von der Einlagensicherung fortgeführt.

Rendi-Wagner lobt Doskozils Krisenmanagement

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner lobte unterdessen Doskozils Krisenmanagement. Der Landeshauptmann habe nach einer emotionalen Pressekonferenz am Montag angekündigt, die Aufklärungsarbeit zu unterstützen, und auch einem Untersuchungsausschuss zugestimmt, sagte die Parteichefin.

„Es ist allen bewusst, dass die Commerzialbank Mattersburg, eine kleine Regionalbank im Burgenland, ein Kriminalfall ist, der Schaden angerichtet hat bei Kleinanlegern, bei Sparern. So was gehört so schnell wie möglich und lückenlos aufgeklärt“, sagte Rendi-Wagner. Bei allen Beteiligten brauche es nun Sachlichkeit in der Aufklärungsarbeit. Gefordert seien aber vor allem Gerichte, Staatsanwaltschaft und Behörden.

Ob es ein Fehler von Doskozil war, die Rücküberweisung der Einlagen des Regionalmanagements Burgenland zuerst zu leugnen, nur um den Versuch wenig später doch einzugestehen, wollte Rendi-Wagner nicht kommentieren: „Es geht jetzt nicht darum, mit einem erhobenen Zeigefinger irgendwas zu sagen.“ Die Causa sei eine hochkomplexe, emotionale Situation, die das Burgenland erschüttert habe.

Kein Kommentar zu Querschüssen

Doskozils jüngste interne Querschüsse wollte die Parteichefin erneut nicht kommentieren. Sie verwies darauf, dass der reguläre Wahltermin erst 2024 sei: „Ich glaube nicht, dass irgendjemand sich große Fragen stellt, was in vier Jahren ist.“