Studie: Infektionen in Heimen gering, Pflegerinnen stark belastet

Der Schutz von Bewohnerinnen und Bewohnern von Alters- und Pflegeheimen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus hat in Österreich vergleichsweise gut funktioniert. Gleichzeitig sind und waren aber die Mitarbeiter dieser Einrichtungen einer enormen Belastung ausgesetzt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die heute von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Studienautorin Elisabeth Rappold präsentiert wurde.

Aktuell sind sieben Bewohner und 19 Mitarbeiter von Alters- und Pflegeheimen infiziert. Gleichzeitig steigen die Ansteckungen in der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen. „Möglicherweise haben wir ein Problem mit dem Risikobewusstsein bei den Jungen“, so Anschober zu dieser Entwicklung.

Minister zufrieden mit Schutz Älterer

Er zeigte sich aber zufrieden damit, dass der Schutz der älteren Menschen gut funktioniert habe. Bis zum 22. Juni wurden insgesamt 923 Infektionsfälle in Alters- und Pflegeheimen erfasst, das entspricht rund 1,3 Prozent aller Bewohner.

260 der Infizierten verstarben, das entspricht einem Anteil von rund 36,8 Prozent an allen bis zu diesem Zeitpunkt verstorbenen Coronavirus-Fällen (706 zum Stichtag) in Österreich. Bei Pflegern und Betreuern gab es über 500 Ansteckungen und keinen einzigen Todesfall. Bei den Verstorbenen pro 100.000 Einwohner liegt Österreich mit 7,8 deutlich unter dem EU-Schnitt von 21,3, erläuterte Rappold.

Die im internationalen Vergleich guten Zahlen bedeuten aber nicht, dass alles gutgegangen sei. Verbesserungspotenzial gebe es vor allem bei der Information und Kommunikation sowie bei der Schutzausrüstung. „Die Schutzausrüstung war ein zentrales Thema für Mitarbeiter in Alters- und Pflegeheimen“, sagte Rappold.

Der Mangel an Schutzausrüstung habe bei den Mitarbeitern große Ängste ausgelöst, gleichzeitig sei das Tragen von Schutzausrüstung eine enorme Belastung. Pfleger und Betreuer müssen seit März den ganzen Tag Schutzkleidung tragen. Sie wünschen sich für die Zukunft eine zentrale Verteilung von Schutzausrüstung.

Für den Herbst, auf den man sich laut Anschober derzeit intensiv vorbereitet, empfiehlt die Studie eine Einbindung der Pflegekräfte in die Krisenstäbe, ein verbessertes Kommunikationsmanagement und eine Verbesserung der personellen Situation, die Einräumung eines Mitspracherechts für die Bewohner und die Erforschung der psychosozialen Folgen der Pandemie für Heimbewohner.

Klagen wegen Freiheitsentzugs: Verbesserungen versprochen

Auf die sich mehrenden Klagen wegen Freiheitsentzugs in Alters- und Pflegeheimen angesprochen, versprach Anschober Verbesserungen, nannte aber noch keine konkreten Schritte. Man sei derzeit in enger Abstimmung mit den Ländern und wolle rechtliche Verankerungen schaffen. Das Spannungsfeld zwischen Schutz vor einer Ansteckung und persönlicher Freiheit sei eine „Riesenherausforderung“, so Anschober.

Der Minister wies einmal mehr auf die dramatische Entwicklung weltweit hin und sah Österreich auf einem guten Kurs. „Wir haben eine stabile Situation. Der Reproduktionsfaktor liegt derzeit bei 1,01. Der Kurs stimmt, die Richtung stimmt.“