Familie im Mirabellgarten in Salzburg
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Salzburg

Festspielstadt trotzt Tourismusflaute

Die Salzburger Festspiele sind in Woche zwei, der pandemiebedingt eingeschränkte Kartenverkauf läuft allen widrigen Umständen zum Trotz gut – die Auslastung beträgt der städtischen Tourismusgesellschaft zufolge über 90 Prozent. Das galt in früheren Sommern auch für die Hotellerie, heuer liegt das in weiter Ferne. Im Vergleich zu anderen Städten kommt Salzburg aber noch gut davon.

Derzeit liege die Auslastung der Hotelbetriebe bei 40 bis 50 Prozent, sagte Herbert Brugger, Chef der städtischen Tourismusgesellschaft, gegenüber ORF.at. „Es ist ein positiver Festspieleffekt zu erkennen, in vergleichbaren Städten ist die Situation deutlich trister.“ Das Kulturevent beschere Salzburg einen Nächtigungsanstieg von 15 bis 20 Prozent.

Wobei sich das Gästebild heuer geändert habe, sagte Brugger. Dominierend seien Besucher und Besucherinnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, auch Italiener und Franzosen seien in der Stadt. Gänzlich fehlen würden Gäste aus den USA, Asien und dem arabischen Raum – was insbesondere der Luxushandel zu spüren bekomme. In dieser Sparte werden laut Brugger „starke Rückgänge“ zu verzeichnen sein, während im übrigen Handel die Umsatzeinbußen „durchschnittlich“ ausfallen dürften.

Radfahrer-Skulptur mit Schutzmaske in Salzburg
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Salzburg präsentiert sich dieser Tage als Bastion gegen den Touristenschwund

Gütesiegel und „Schneebericht“ helfen

Eine Erholung war zuletzt in der Salzburger Gastronomie, zumindest selektiv, zu verzeichnen: „Im Juni hatten wir ein Drittel des Umsatzes vom Vorjahr, im Juli waren es zwei Drittel, derzeit liegen wir bereits bei 70 Prozent", sagte Harald Kratzer, Geschäftsführer der renommierten Gaststätte Sternbräu vergangene Woche – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Bestätigen kann das Andreas Gfrerer, Chef des Designhotels und Gasthauses Blaue Gans. Von der Zahl der Hotel- und Restaurantbesucher sei er „positiv überrascht“, sagte er im ORF.at-Gespräch. Im Juli lag die Auslastung seines Hauses bei 40 bis 43 Prozent, im August nähere man sich den 60 Prozent an. Auch er führt den Faktor Festspiele ins Treffen. Einerseits bewähre sich das neu geschaffene Gütesiegel für Betriebe, die sich verpflichten, höchste Sicherheitsstandards zu erfüllen. Anderseits würden die bisher positiven Kritiken der Festspielstücke und auch das 100-Jahr-Jubiläum ziehen – mehr dazu in news.ORF.at/salzburgerfestspiele.

„Nicht übermäßig voll, aber gut besucht“

Die positive Berichterstattung, so Gfrerer, würde sich wie ein „Schneebericht“ verhalten: Stimme die Lage, kämen die Leute. Anders als in früheren Saisonen, wo es hieß, Karten seien ohnehin nicht mehr zu bekommen, würden sich nun auch kurzfristig Entschlossene in der Hoffnung auf Restplätze nach Salzburg aufmachen. Vor allem aus einem „70-Kilometer-Radius“ zur Stadt, etwa aus Niederbayern, seien höhere Besucherzahlen zu verzeichnen. Alles in allem, sagte der Hotelier, sei „die Stadt nicht übermäßig voll, aber gut besucht“.

Festspiel-Publikum mit Mund-Nasen-Schutz
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„(Almost) business as usual at the Salzburg Festival“, titelte die „New York Times“

Tagesgäste blieben erhalten

2019 zählte Salzburg im Sommer pro Monat rund 400.000 Übernachtungen und bis zu 700.000 Tagesgäste – bei Letzteren ist der Rückgang kaum spürbar. Sandra Woglar-Meyer, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Salzburger Altstadt: „Feststellbar ist, dass Tagestouristen aus der Umgebung vermehrt in die Stadt kommen. Diese sind in der Vergangenheit aus verschiedenen Gründen ausgeblieben.“ Die Frequenz, glaubt Woglar-Meyer, werde anders als die Nachfrage bei Nächtigungen in den kommenden Wochen hoch bleiben.

„Die Tagesbesucher aus den Ferienregionen sind aufgrund der starken Nachfrage am Land nicht zurückgegangen“, bestätigte Tourismuschef Brugger. Das spiegele sich auch auf den Straßen wider: „Reisen mit dem Auto boomt, dementsprechend hat sich die Verkehrssituation nicht wirklich gebessert.“ Ein in der derzeitigen Lage wohl geringeres Übel: Verglichen mit anderen österreichischen Städten kommt Salzburgs Tourismus tatsächlich glimpflich davon.

Einer Mitgliederbefragung der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) zufolge verzeichnete Wien im Juli eine Auslastung von gerade einmal 19 Prozent, für August betrage diese, anhand der Buchungen geschätzt, 17 Prozent, im September wieder 19 Prozent, sagte Oliver Schenk von der ÖHV gegenüber ORF.at. Zum Vergleich: Statistiken des WienTourismus zufolge lag die Auslastung 2019 von Juni bis August bei 85 bis 95 Prozent, unter 70 Prozent fiel sie nur in den Monaten Jänner und Februar.

Touristen mit Regenschirmen in der Getreidegasse in Salzburg
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Der Herbst erfüllt die Salzburger Hotellerie angesichts schwindender Auslandsgäste mit Sorge

„Langer, harter Weg“ steht bevor

In ganz Österreich lag die Auslastung ÖHV-Statistiken zufolge im Juni bei minus 88 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, neuere Daten liegen erst Ende August vor. Auch die langsame Öffnung des Flugverkehrs werde die „Gesamtsituation nicht großartig verbessert“, sagte Schenk. Der im Herbst – zögerlich – anlaufende Kongress- und Seminartourismus könnte etwas Abhilfe verschaffen, an einen Anschluss an die Zeiten vor der Pandemie sei aber über Monate bis Jahre nicht zu denken. Hotels seien nun stark gefordert, so Schenk, ein konventioneller Betrieb allein sei in vielen Fällen nicht mehr ausreichend. Ein „langer, harter Weg“ werde bevorstehen.

Das glaubt auch Hotelier Gfrerer. Auch wenn der Sommer besser als vor zwei, drei Monaten erwartet laufe, stehe derzeit alles unter einer „Fragezeichenstimmung“: Wie verläuft das „virale Geschehen“, inwiefern werden sich die Gäste adaptieren, und wie lange wird das Denken vorherrschen, dass am „See alles sicher, in der Stadt unsicher“ sei? Der Tourismus in Salzburg sei bisher immer streng getaktet verlaufen, von den Ostermärkten bis zu den Silvesterveranstaltungen – nun herrsche in jeder Hinsicht Ungewissheit.

„Salzburg, ein Glücksfall?“

Salzburgs Tourismuschef Brugger sind diese Gedanken sicher nicht fremd, momentan aber strahlt er Optimismus aus: „Die Stimmung geht schon spürbar bergauf (…) Die Tatsache, dass die Festspiele laufen, dass viele Tagesbesucher die Stadt füllen, befeuert die gute Atmosphäre. Eine Festspielstadt braucht lebendige Kultur zum Spüren und Angreifen. Die Leute merken schön langsam, dass Salzburg irgendwie schon wieder im Vergleich mit anderen Städten auf die Butterseite gefallen ist – Salzburg, ein Glücksfall!?"