Frau betet vor einer Gedenkveranstaltung in Hiroshima
AP/Eugene Hoshiko
Schweigeminute und Friedensglocke

Gedenken zum 75. Jahrestag von Hiroshima

Mit einer Schweigeminute und einem Appell zur Abschaffung aller Atomwaffen haben die Menschen im japanischen Hiroshima der Opfer des Atombombenabwurfs vor 75 Jahren gedacht. Bei einer wegen der Coronavirus-Pandemie drastisch verkleinerten Gedenkzeremonie legten die Teilnehmer am Donnerstag um 8.15 Uhr (Ortszeit) zum Klang einer bronzenen Friedensglocke bei sommerlicher Hitze eine Gedenkminute ein.

Genau um diese Uhrzeit hatte der US-Bomber „Enola Gay“ damals die erste im Krieg eingesetzte Atombombe mit dem Namen „Little Boy“ über der Stadt im Westen des Landes abgeworfen. Schätzungsweise 140.000 Menschen starben, mehr als die Hälfte sofort.

Der Bürgermeister von Hiroshima, Kazumi Matsui, rief die Welt auf, sich gegen jegliche Bedrohung für die Menschheit – seien es Atomwaffen, sei es die Coronavirus-Pandemie – zusammenzuschließen. Die zivile Gesellschaft müsse „egozentrischen Nationalismus ablehnen“ und sich gemeinsam gegen alle Bedrohungen zusammentun, sagte Matsui in seiner Friedensdeklaration. Wegen der Pandemie wurde die Gedenkzeremonie diesmal deutlich kleiner abgehalten. Die Teilnehmer trugen überwiegend Masken und mussten Abstand voneinander halten.

Japanischer Premier Abe während einer Gedenkveranstaltung in Hiroshima
APA/AFP/Philip Fong
Wegen der Pandemie fiel das Gedenken deutlich kleiner aus als geplant

Warnung vor neuem atomaren Wettrüsten

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres warnte in einer Videobotschaft vor einem neuen atomaren Wettrüsten. „Spaltung, Misstrauen und mangelnder Dialog drohen die Welt zu einem ungezügelten strategischen Nuklearwettbewerb zurückzubringen“, sagte Guterres. Er wollte selbst an der Gedenkzeremonie in Hiroshima teilnehmen, musste aber wegen der Pandemie absagen. Das Netz aus Rüstungskontrolle, Transparenz und vertrauensbildenden Instrumenten, das während und in der Folge des Kalten Krieges geschaffen worden sei, „franst aus“.

„Staaten, die Atomwaffen besitzen, modernisieren ihre Arsenale und entwickeln neue und gefährliche Waffen und Trägersysteme“, sagte er. „Der einzige Weg, um das nukleare Risiko vollständig zu beseitigen, besteht darin, Atomwaffen vollständig zu eliminieren.“

75. Jahrestag von Hiroshima

Mit einer Schweigeminute haben die Menschen im japanischen Hiroshima der Opfer des Atombombenabwurfs vor 75 Jahren gedacht. (Videoquelle: APTN/NHK)

Abrüstung „Priorität“ für Österreich

ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg rief zur nuklearen Abrüstung auf. „Gerade in diesen angespannten Zeiten müssen wir die nukleare Abrüstung vorantreiben“, so Schallenberg am Mittwoch in einer Stellungnahme, in der er Österreichs Beitrag zu diesen Bemühungen unterstrich. Das Streben nach einer nuklearwaffenfreien Welt sei eine außenpolitische Priorität Österreichs. „Österreich leistet hier auf vielerlei Weise – unter anderem durch die Schaffung von guten Verhandlungsbedingungen für die amerikanisch-russischen Abrüstungsgespräche in Wien – seinen Beitrag“, so Schallenberg.

Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas warnte vor einer neuen Runde atomaren Wettrüstens. „Die nukleare Abrüstung stagniert. Neue Technologien lassen gefährliche Ungleichgewichte entstehen“, sagte der SPD-Politiker am Mittwochabend in Berlin. Nordkorea fordere mit seinem Griff nach Atomwaffen die ganze Weltgemeinschaft heraus.

Ratifizierung von Atomwaffenverbot hakt

Hiroshimas Bürgermeister rief die Regierung seines Landes in seiner Rede auf, einem UNO-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen beizutreten. Japan müsse „seine Rolle als Vermittler“ zwischen Atomwaffenstaaten und solchen, die keine Atomwaffen besitzen, verstärken. Vor drei Jahren hatten sich zwei Drittel der Mitgliedsländer der Vereinten Nation auf diesen Vertrag verständigt. Bisher haben ihn jedoch erst 32 Staaten ratifiziert. Damit er in Kraft treten kann, müssen es 50 Staaten sein. Atommächte wie die USA, Großbritannien, China, Frankreich und Russland haben den Vertrag jedoch nicht unterzeichnet.

Auch die NATO-Staaten lehnen den UNO-Atomvertrag ab. Er drohe die Abrüstungsbemühungen im Rahmen des vor 50 Jahren in Kraft getreten Atomwaffensperrvertrags (NPT) zu unterlaufen, warnten die Kritiker. Auch Japan, das den NPT 1976 ratifiziert hatte und unter dem Schutzschild der USA steht, will dem neuen UNO-Vertrag nicht beitreten. Regierungschef Shinzo Abe ging auf den UNO-Vertrag in seiner Rede am 75. Jahrestag in Hiroshima denn auch nicht ein.

Hiroshima Prefectural Industrial Promotion Hall, vor und nach dem Abwurf der Atombombe
Reuters/Hiroshima Peace Memorial Museum
Zehntausende wurden Opfer des Atombombenabwurfs über Hiroshima

Abe sagte aber, Japan habe als einziges Land, das Opfer von Atombomben im Krieg wurde, die Pflicht, auf eine Abschaffung von Nuklearwaffen weiter hinzuarbeiten. Japan werde alles tun, um eine Welt in dauerhaftem Frieden und frei von Atomwaffen zu verwirklichen.

Zweite Bombe auf Nagasaki drei Tage später

Zehntausende Bewohner von Hiroshima waren beim Abwurf der amerikanischen Atombombe sofort ums Leben gekommen, insgesamt starben bis Ende 1945 schätzungsweise 140.000 Menschen. Drei Tage nach Hiroshima warfen die Amerikaner eine zweite Atombombe über Nagasaki ab. Kurz danach kapitulierte das japanische Kaiserreich. Hiroshima ist heute ein weltweites Symbol für Krieg – und eine Mahnung für den Frieden.