Placido Domingo wehrt sich gegen Weinstein-Vergleich

Der an Covid-19 erkrankte und inzwischen genesene Opernsänger und Dirigent Placido Domingo will sich gegen Anschuldigungen des sexuellen Fehlverhaltens, die gegen ihn erhoben wurden, entschlossener verteidigen. „Ich bin heute eine andere Person, ich habe keine Angst mehr“, so der Künstler im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Donnerstag-Ausgabe).

Die US-Nachrichtenagentur AP hatte im August 2019 Vorwürfe der sexuellen Übergriffe gegen den gefeierten Opernsänger publik gemacht. Rund 20 Frauen werfen dem 79-Jährigen vor, ihnen Küsse aufgezwungen, sie begrapscht oder ohne ihr Einverständnis gestreichelt zu haben. Domingo war im Oktober wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe als Generaldirektor der Oper von Los Angeles zurückgetreten.

Eine Untersuchung im Auftrag der Oper beurteilte später die erhobenen Anschuldigungen gegen Domingo als „glaubwürdig“. Auch wenn die befragten Frauen über unterschiedliche Grade „unangemessenen Verhaltens“ durch Domingo berichtet hätten, stimmten ihre Berichte im Wesentlichen überein, hieß es im März dieses Jahres.

Opernstar will um Rehabilitierung kämpfen

„Nachdem ich an Covid-19 erkrankt bin, habe ich mir selber versprochen, dass ich mit all meinen Kräften für die Rehabilitierung meines Namens kämpfen werde, sollte ich wieder genesen. Ich habe niemanden missbraucht. Das werde ich, solange ich lebe, wiederholen“, sagte der Spanier.

Aufgrund der gegen ihn laufenden Ermittlungen habe er bisher geschwiegen. „Ich bin wütend und deprimiert, vor allem, weil meine ganze Familie verwickelt worden ist. Das Leid ist für uns alle enorm. Es ist eine fürchterliche Lage“, sagte der 79-Jährige. Er wird heute bei der Verleihung des Österreichischen Musiktheaterpreises 2020 mit dem Sonderpreis für sein Lebenswerk geehrt.

„Es verletzt mich, so beschrieben zu werden“

Dass er mit Hollywood-Mogul Harvey Weinstein verglichen und als „Weinstein der Opernwelt“ bezeichnet worden sei, habe seiner Karriere enorm geschadet. „Es verletzt mich, so beschrieben zu werden. Ich habe schwere Beschimpfungen gegen mich gelesen. Wer schreibt, unterschätzt das Leid, das er zufügen kann. Man spricht, als wäre ich mit schweren Vorwürfen bereits vor Gericht gelandet, doch das ist nicht der Fall. Diese Unklarheit ist unannehmbar“, so der Startenor.

„Wenn ich zurückblicke, sehe ich kein Fehlverhalten meinerseits, das offene Wunden hinterlassen haben könnte. Hätte ich gemerkt, dass ich jemanden – vor allem eine Frau – beleidigt habe, hätte ich sofort versucht, alles wiedergutzumachen“, sagte Domingo. Er dementierte auch, die Karriere anderer Personen negativ beeinflusst zu haben.

„Wer mich kennt, weiß, dass das Wort Missbrauch nicht zu meiner Sprache gehört. Ich habe niemals die Karriere junger Künstler verhindert, im Gegenteil, ich habe junge Künstler stets gefördert“, sagte der Tenor.

Nach dem Skandal wünscht sich Domingo Ruhe. „Ich hoffe, Frieden zu finden und dass alles zu Ende geht. Ich will noch die Jahre, die mir bevorstehen, in Ruhe mit meinen Liebsten verbringen“, sagte der Opernsänger.