Ein Wassersprenger beim bewässern.
Reuters/Pascal Rossignol
Über 40 Grad

Hitzewelle erfasst Europa

Ein Blick auf die Wetterkarte zeigt: In ganz Mittel- und Westeuropa liegen die Temperaturen derzeit bei über 30 Grad. In einigen Ländern sogar weit darüber – in Frankreich etwa werden sogar bis zu 42 Grad erwartet. Die stetige Erwärmung ist wohl eine der deutlichsten Auswirkungen der Klimakrise.

In neun Departements – darunter auch in der Hauptstadt Paris – rief der französische Wetterdienst Meteo France am Freitagnachmittag die höchste Warnstufe aus. In mehr als 50 Departements herrschte die zweithöchste Warnstufe. Örtlich wurden Meteo France zufolge am Freitag bis zu 42 Grad erwartet. Besonders heiß war es im Westen des Landes. Wegen hoher Ozonbelastung wurde der Autoverkehr in der Region der Millionenmetropole Paris eingeschränkt. Im Nahverkehr gibt es wegen der Hitze vergünstigte Tickets.

Gesundheitsminister Olivier Veran riet den Menschen, sich bei Fragen zur „Canicule“, zu Deutsch: Gluthitze, an eine kostenlose Hitzehotline zu wenden. Angesichts der Hitzewelle gelte es, um jeden Preis Abkühlung zu suchen, so der Minister bei einem Besuch in einem Altersheim in der Dordogne. Gleichzeitig warnte er mit Blick auf das Coronavirus vor Ventilatoren in geschlossenen Räumen mit vielen Menschen.

Badende Buben in einem Brunnen in Lyon (Frankreich)
AP/Laurent Cipriani
35 Grad in Lyon, Frankreich: Buben suchen Abkühlung in einem Brunnen

Zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen

Aufgrund der hohen Temperaturen droht nahe der französischen Grenze im italienischen Teil der Alpen ein großes Stück Gletschereis auf dem Mont Blanc abzubrechen. Der kurz vor dem Abbruch stehende Eisblock des Planpincieux-Gletschers hat laut Behörden ein Volumen von etwa 500.000 Kubikmetern. Das Eis sei wegen der großen Temperaturunterschiede der vergangenen Tage in Bewegung gekommen. Rund 30 Häuser im Tal wurden evakuiert und 65 Personen in Sicherheit gebracht.

Mont Blanc: Gletscherstück droht abzubrechen

Aufgrund der hohen Temperaturen der vergangenen Tage droht ein Gletscherstück auf dem 4.810 Meter hohen Mont Blanc in Italien abzubrechen.

Die Hitzewelle werde durch sehr heiße Nächte und hohe Temperaturen gekennzeichnet sein, so der Wetterdienst. Die Meteorologen erwarten jedoch, dass die Intensität geringer sein werde als 2019 und 2003. Im Hitzesommer 2003 waren in Frankreich Tausende Menschen gestorben – seitdem gibt es bei Hitze zahlreiche Vorsichtsmaßnahmen.

Temperaturrekord

Im südfranzösischen Ort Verargues wurden heuer am 28. Juni 46 Grad gemessen.

Sicherheitsmaßnahmen wurden auch in Deutschland ergriffen, wo die Temperaturen am Wochenende bis zu 38 Grad erreichen können und somit in Teilen des Landes auch die Waldbrandgefahr steigt. Wegen der anhaltenden Trockenheit gilt vor allem in Brandenburg am Wochenende die höchste Warnstufe. In vielen anderen Regionen wird Warnstufe vier von fünf erreicht.

Serie heißer Tage und tropischer Nächte

Markus Übel von der Wettervorhersagezentrale des Deutschen Wetterdienstes (DWD) spricht vom „Beginn der ersten langanhaltenden Hitzewelle in diesem Sommer“ – nicht zuletzt deshalb, weil ab Freitag auch Tropennächte hinzukommen. Die Temperaturen fallen dann nicht mehr unter 20 Grad. In Städten kann es um Mitternacht noch 25 Grad warm sein. In Frankfurt und in Köln rechnen die Meteorologen von der Nacht auf Samstag bis zur Nacht auf den folgenden Freitag mit sieben Tropennächten in Folge.

Ein ähnliches Bild wie in Frankreich und Deutschland zeichnet sich auch in Spanien ab, wo noch am Freitag bis zu 40 Grad erwartet werden – etwa in Ciudad Real oder Madrid. Am Sonntag sollen die Temperaturen in Sevilla sogar auf 41 Grad steigen. Bis zu 37 Grad soll es hingegen im Zentrum und Süden Portugals bekommen.

Ausgetrocknetes Feld in Calmont, im Süden Frankreichs.
APA/AFP/Georges Gobet
Nicht nur Hitzewellen, sondern auch Dürren nehmen neuesten Studien zufolge zu – der Grund dafür ist der Klimawandel

Durchschnittlicher Sommer in Österreich

Nicht ganz so stark fällt die Hitze hingegen in Österreich aus. In Wien steigen die Temperaturen am Samstag und Sonntag auf bis zu 32 Grad. Der heißeste Tag des Jahres war bisher der 28. Juli mit über 37 Grad. Im Vergleich zu den Vorjahren ist der Sommer aber bisher gedämpft verlaufen. Im 30-jährigen Klimamittel liegen die Messwerte dennoch im Schnitt.

Dass der Sommer teils als „schlecht“ empfunden wird, hat einen simplen Grund: Wir haben uns an die Extreme der letzten Jahre gewöhnt. Denn seit den 1990er Jahren sind die Sommer deutlich wärmer geworden: Die Temperatur der extremsten Sommer vor dem Jahr 1990 wurde in den letzten 30 Jahren zum Sommerdurchschnitt.

Studien: Zunahme von Hitzewellen und Dürren

Ein Indikator für die Zunahme von Hitze ist unterdessen die Zahl der Tage mit mindestens 30 Grad Celsius („heiße Tage“ oder „Hitzetage“). Die Zahl der Hitzetage ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen und hat sich zum Beispiel in Berlin und Wien in etwa verdoppelt.

Die Hitzewellen dürften sich nach jüngsten Studien angesichts der von Menschen verursachten Klimakrise auch in Zukunft häufen und verstärken – und das weltweit. Die in den Fachmagazinen „Nature“ und „Nature Geoscience“ veröffentlichten Forschungsarbeiten zeigen, dass der weltweite Temperaturanstieg der vergangenen Jahrzehnte in der jüngeren Menschheitsgeschichte beispiellos ist. Demnach gab es in den vergangenen 2.000 Jahren noch nie einen so schnellen und weitverbreiteten Anstieg der Temperatur wie zum Ende des 20. Jahrhunderts.

Wie aus einer neuen Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung hervorgeht, dürfte auch die Häufigkeit und das Ausmaß aufeinanderfolgender Dürren bis zum Ende des Jahrhunderts in Mitteleuropa deutlich zunehmen, wenn die Treibhausgasemissionen nicht reduziert werden. Danach sieht es, zumindest derzeit, allerdings nicht aus. Denn selbst durch die Coronavirus-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen wie „Lock-downs“ konnte ein Temperaturzuwachs nur minimal verringert werden – mehr dazu in science.ORF.at.