Commerzialbank-Filiale in Mattersburg
ORF.at/Michael Baldauf
„Profil“-Bericht

Commerzialbank seit 2000 faktisch pleite

Die Commerzialbank Mattersburg soll laut einer Aussage von Ex-Bankchef Martin Pucher vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schon im Jahr 2000 faktisch pleite gewesen sein, berichtet das Nachrichtenmagazin „profil“ in seiner aktuellen Ausgabe. Anfangs kleinere Bilanzfälschungen sollen zu einem nicht mehr sanierbaren Selbstläufer geworden sein.

Pucher wurde laut „profil“ vor Kurzem von der WKStA einvernommen. Dabei soll er ausgesagt haben, er habe bereits 1992 mit Bilanzfälschungen begonnen – sonst hätte man dem Ergebnisdruck nicht standhalten können. Dann seien die verschärften Regulierungsvorschriften für Banken – „Basel I“ und „Basel II“ – dazugekommen.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) stellte den Geschäftsbetrieb der Bank am 14. Juli vor Mitternacht ein. Am 15. Juli in der Früh habe die FMA den Staatsanwälten eine fünfseitige Sachverhaltsdarstellung geschickt, die sich mit den bei einer „Vor-Ort-Prüfung“ der Oesterreichischen Nationalbank bei der Commerzialbank zutage getretenen Auffälligkeiten beschäftigte.

Die FMA hat laut „profil“ noch am selben Tag herausgefunden, dass angebliche Forderungen der Commerzialbank gegenüber der Oberbank und der Hypo Tirol von insgesamt rund 128,5 Millionen Euro offenbar nicht existierten. Beide Banken haben laut der Sachverhaltsdarstellung bestätigt, „seit mehreren Jahren keine Geschäftsbeziehung“ mit der Commerzialbank zu haben.

Anwalt: Keine Selbstbereicherung Puchers

Eine Selbstbereicherung seines Mandanten habe Puchers Anwalt zuletzt vehement ausgeschlossen, so „profil“. In einer am 16. Juli durch Wirtschaftsfachleute der WKStA erstellten ersten Analyse zu den Vorwürfen heiße es: Die Erkenntnislage lasse „keine abschließende Beurteilung dahingehend zu, ob durch die fingierten Kredite Zahlungsmittelabflüsse für eigene oder fremde Zwecke verursacht wurden“.

Mattersburg-Präsident und Bankgründer Martin Pucher
GEPA/Philipp Brem
Ex-Bankchef Pucher: Anfangs kleine Bilanzfälschungen sollen zum Selbstläufer geworden sein

Am Nachmittag des 15. Juli habe Puchers Anwalt Norbert Wess der WKStA einen Schriftsatz übermittelt. Darin werde bestätigt, dass es zu Fehldarstellungen in den Jahresabschlüssen der Commerzialbank gekommen sei. Pucher übernehme für sein Handeln die volle Verantwortung und sei bereit, die Behörden in jeder Hinsicht zu unterstützen und „proaktiv und unumwunden an einer umfassenden und schonungslosen Aufarbeitung des Sachverhalts mitzuwirken“.

Mehrere Hausdurchsuchungen

Die WKStA habe angeordnet, Gelder auf Konten von Pucher und einer mitbeschuldigten Ex-Vorständin sicherzustellen. Bei den Vorstandsmitgliedern der Commerzialbank und in den Büros des SV Mattersburg, dessen Obmann Pucher jahrelang war, wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt.

„profil“: Commerzialbank schon lange pleite

Die Commerzialbank Mattersburg soll laut einer Aussage von Ex-Bankchef Martin Pucher vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schon faktisch pleite gewesen sein, berichtete das Nachrichtenmagazin „profil“ am Sonntag.

Laut „profil“ wurden bei einem Commerzialbank-Manager, der selbst gar nicht als Beschuldigter gelte, „zu Zwecken der Vermögenssicherung“ Bargeldbeträge in Höhe von etwa 8.500 Euro sowie einige Schmuckgegenstände und eine Münzsammlung mit derzeit noch unbestimmtem Wert sichergestellt.

Doskozil: Sechs Mio. Schaden bei Gemeinden

Als Folge des Skandals beklagen mehrere Gemeinden im Bezirk einen Schaden von insgesamt rund sechs Millionen Euro, sagte Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) in einem „Kurier“-Interview (Samstag-Ausgabe). Wie viel das Land davon abdecken müsse, hänge auch vom Erfolg der Amtshaftungsklage des Landes gegen die Republik und deren Kontrollorgane ab.

Für die Commerzialbank-Beschäftigten sowie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Firmen im Gefolge der Bankpleite zusperren müssten, plane man eine Arbeitsstiftung, so der Landeshauptmann. An Details werde noch gearbeitet – mehr dazu in burgenland.ORF.at