Hafen in Beirut
AFP
250 Millionen Euro

Umfangreiche Hilfen für den Libanon

Bei der internationalen Geberkonferenz für den Libanon haben am Sonntag mehrere Staaten Soforthilfen zugesagt. Laut dem Elysee-Palast kamen mehr als 250 Millionen Euro zusammen. Am Wochenende machten weiterhin Tausende ihrem Zorn über die politische Elite bei teils gewaltsamen Protesten Luft. Die Regierung fängt an zu bröckeln.

Die virtuelle Konferenz war durch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und die UNO ins Leben gerufen worden. Macron sagte, Beirut sei „im Herzen getroffen“ worden. Die Teilnehmer sagten „umfangreiche Ressourcen“ zu, allerdings wurde in der am Sonntag veröffentlichten Schlusserklärung keine konkrete Summe genannt.

Die Hilfe müsse „zeitig, ausreichend und im Einklang mit den Bedürfnissen des libanesischen Volkes“ erfolgen, hieß es. Zudem müsse sie „direkt an die libanesische Bevölkerung geliefert“ werden. Nach Angaben aus dem Elysee kamen 252,7 Millionen Euro Soforthilfe zusammen. Frankreich trage davon einen Anteil von 30 Millionen Euro, hieß es. Der deutsche Außenminister Heiko Maas hatte zuvor die Summe von 200 Millionen Euro genannt. An der Konferenz hatten Vertreter von mindestens 36 Staaten und Organisationen teilgenommen, unter ihnen waren US-Präsident Donald Trump und der jordanische König Abdullah II.

Luftbrücke eingerichtet

„Die Zukunft des Libanon wird jetzt entschieden“, sagte Macron. Er appellierte an die Verantwortlichen in Beirut, auf die Hoffnungen zu antworten, die das libanesische Volk auf den Straßen ausdrücke. Es müsse aber alles getan werden, um Gewalt und Chaos zu verhindern. Frankreich richtete auch eine Luftbrücke ein, um Katastrophenhelferinnen und -helfer sowie Hilfsgüter in den Libanon zu bringen. Es werden auch zwei Schiffe, darunter ein Kriegsschiff, vom Mittelmeer-Hafen Toulon aus in Bewegung gesetzt, die unter anderem Nahrungsmittel transportieren, wie das französische Außenministerium erklärte.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
APA/AFP/Christophe Simon
Macron drückte bei den Hilfen aufs Tempo. Frankreich ist dem Libanon als frühere Mandatsmacht verbunden.

Auch die USA sagten dem Libanon weitere Unterstützung zu – ein konkreter Betrag blieb aber offen. Trump habe betont, die USA stünden bereit und seien willens, „dem libanesischen Volk zu helfen“, so das Weiße Haus. Er habe eine gründliche und transparente Untersuchung der Explosionskatastrophe gefordert.

IWF fordert Reformen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) will dem Libanon mit einem Rettungspaket helfen, verlangt dafür aber eine politische Einigung auf umfassende Reformen. Die Finanzorganisation sei bereit, ihre Bemühungen zu verdoppeln, sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa in der Konferenz. Die EU kündigte an, ihre Nothilfe auf 63 Millionen Euro aufzustocken. Österreich beteiligt sich mit einer Mio. Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds (AKF) an der Soforthilfe.

Geberkonferenz sammelt für den Libanon

Nach den verheerenden Explosionen im Hafen von Beirut hat eine Geberkonferenz stattgefunden, um Geld für die Soforthilfe im Libanon zu sammeln. 253 Millionen Euro sind zusammengekommen.

Die insgesamt zwei Explosionen am Dienstag haben in Beirut schwere Zerstörungen angerichtet. Nach Angaben der Behörden wurden mindestens 158 Menschen getötet, 21 weitere werden noch vermisst. Mehr als 6.000 Menschen wurden verletzt und Hunderttausende obdachlos. Die US-Erdbebenwarte USGS registrierte eine Explosion von der Erdbebenstärke 3,3. Was übrig bleibt, ist ein 43 Meter tiefer Krater.

Neue Ausschreitungen

Im Hafen waren 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert, eine Chemikalie, die besonderer Lagerung bedarf. Nach Angaben von Regierungschef Hassan Diab lagerte das Ammoniumnitrat aber jahrelang ungesichert in einer Halle. 21 mutmaßlich Verantwortliche wurden festgenommen. Wieso die Chemikalie explodierte, ist weiterhin offen. Die Rede ist von einem Unfall oder Fahrlässigkeit bei der Lagerung. Am Freitag schloss der libanesische Präsident Michel Aoun aber auch einen Anschlag nicht aus. Hinweise auf einen möglichen politischen Hintergrund oder einen Anschlag gab es aber nicht. Aouns Kritiker hielten die Überlegung für ein Ablenkungsmanöver.

Proteste in Beirut
AP/Thibault Camus
Am Wochenende kam es bei Demos zu Zusammenstößen mit der Polizei

Viele Libanesinnen und Libanesen machen die Regierung und politische Führung des Landes für die Katastrophe verantwortlich. Aus Protest waren Tausende Menschen am Samstag durch Beirut marschiert und hatten kurzzeitig mehrere Regierungsgebäude gestürmt. Bei Zusammenstößen am Rande der Demonstration wurde ein Polizist getötet, mehr als 230 Menschen wurden verletzt.

Auch am Sonntag gab es Zusammenstöße bei Protesten. In der Beiruter Innenstadt brach ein Feuer aus, als die Demonstranten versuchten, eine abgesperrten Bereich zu stürmen. Sicherheitskräfte versuchten, sie mit Tränengas auseinanderzutreiben. Die Demonstranten seien trotzdem „entschlossen, diese Zäune zu durchbrechen“, sagte einer von ihnen der dpa: „Das Parlament ist für das Volk.“

Rücktritte und Neuwahl

Regierungschef Diab kündigte am Sonntag an, eine vorgezogene Wahl zu beantragen. Ein entsprechendes Gesetz will er seinem Kabinett in einer Sitzung am Montag vorlegen. Einen möglichen Termin nannte er nicht. Die nächste Wahl steht regulärerweise erst 2022 an.

In der Regierung gab es auch weitere Rücktritte. Nach Außenminister Nassif Hitti legte Informationsministerin Manal Abdel Samad ihr Amt nieder. „Ich entschuldige mich bei allen Libanesen, die ihre Ziele nicht erreichen konnten“, sagte Samad bei einer im Fernsehen übertragenen Erklärung.

Am Sonntagabend folgte Umweltminister Damianos Kattar. Er kritisierte bei seinem Rücktritt das herrschende System im Libanon und sagte, es habe mehrere Chancen auf Reformen verschwendet. Die Regierung des Libanon ist aufgelöst, wenn mehr als ein Drittel der 30 Kabinettsmitglieder ihr Amt niederlegen. Das wäre der Fall bei einem Rücktritt von fünf weiteren Ministern.