Reisende mit Gesichtsmasken auf dem Rollfeld
AP/David Tanecek
Coronavirus

Große Unterschiede bei Reisewarnungen

Am Montag ist die Reisewarnung Österreichs für das spanische Festland in Kraft getreten. Somit gilt derzeit für insgesamt 31 Staaten das höchste Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus. Im Gegensatz zu anderen Ländern scheinen in Österreich die Kriterien für die Verhängung einer Reisewarnung jedoch eher vage definiert zu sein.

Landeverbote, Quarantäneverordnungen, Testungen, Registrierungen – wer diesen Sommer einen Urlaub im Ausland plant, hat es nicht immer leicht, die aktuelle Lage zu überblicken. Ein- und Ausreisebeschränkungen sind nicht nur von Land zu Land unterschiedlich, sondern ändern sich aufgrund der dynamischen Entwicklungen auch laufend.

Einige Länder haben daher genaue Obergrenzen für die Infektionszahlen in den Herkunftsstaaten festgelegt. So ist beispielsweise die Einreise nach Litauen nur dann quarantänefrei möglich, wenn im Herkunftsland in den vergangenen 14 Tagen nicht mehr als 16 Fälle pro 100.000 Einwohner aufgetreten sind. In Rumänien darf die Zahl der Coronavirusfälle pro 100.000 in den vergangenen zwei Wochen nicht höher sein als jene in Rumänien selbst.

Touristen an einem leeren Strand in Portugal
Reuters//Rafael Marchante
Leere Strände in Portugal: Hier gilt derzeit die höchste Sicherheitsstufe – obwohl die Zahl der Fälle geringer ist als in anderen Ländern.

In Deutschland gilt die Schwelle von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen, heißt es auf der Website des deutschen Außenministeriums (Stand 7. August) – entsprechend gelten für einige Regionen Spaniens Reisewarnungen (Aragon, Katalonien und Navarra) sowie unter anderem auch für Regionen in Belgien, Rumänien und Bulgarien. In Österreich gibt es indes keine konkreten Kennzahlen, ab wann ein Herkunftsland als Risikogebiet gilt.

Warnung aufgrund „epidemiologischer Entwicklungen“

Die Reisewarnung für das spanische Festland etwa begründete das Außenministerium mit „epidemiologischen Entwicklungen“ im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Tatsächlich geht die Zahl der Coronavirus-Fälle in Spanien seit Mitte Juli wieder steil bergauf. In den vergangenen 14 Tagen gab es laut Johns-Hopkins-Universität pro 100.000 Einwohner 90 Fälle (Stand Montag 13.30 Uhr).

Noch dramatischer ist die Lage bekanntlich in den USA (248 Fälle pro 100.000 EW) und in Brasilien (294 Fälle pro 100.000 EW). Für alle drei Länder gilt die Sicherheitsstufe 6, vor Reisen in diese Länder wird demnach gewarnt.

Auf der Liste der Länder, für die eine Reisewarnung verhängt wurde, steht aber etwa auch Portugal. Hier gab es in den vergangenen 14 Tagen jedoch lediglich 24 Fälle pro 100.000 Einwohner. Ebenso auf der Liste zu finden sind die Türkei, wo sich diese Zahl (nach offiziellen Angaben) auf 18 beläuft, und Ägypten, das gar nur drei (nach offiziellen Angaben) zählt. In Deutschland gibt es zehn Fälle mehr (13 pro 100.000 EW) – dennoch gilt hier bloß die vierte Sicherheitsstufe.

Warteschlange am Strand von Barcelona
Reuters//Nacho Doce
Auch für das spanische Festland, hier Barcelona, wurde seitens des Außenministeriums eine Reisewarnung ausgesprochen

„Laufende Evaluierung und Aktualisierung“

Zwar beruht die Einschätzung der Sicherheitssituation eines Landes in Bezug auf das Coronavirus noch auf weiteren Faktoren wie Einreise- und Mobilitätskriterien (Flugverbote, Grenzschließungen, Ausgangssperren), medizinischen Vorsorgemaßnahmen (Testungen, Quarantänebestimmungen) sowie der medizinischen Versorgungslage, doch auch diese wurde seitens des Außenministeriums gegenüber ORF.at nicht genauer definiert.

Allerdings betonte man in dieser Frage die „enge Abstimmungen mit den Expertinnen und Experten im Gesundheitsministerium, dem Innenministerium und dem Bundeskanzleramt“. Auch würden die bestehenden Sicherheitsstufen „laufend evaluiert und gegebenenfalls aktualisiert“, so das Außenministerium.

Straßenszene in Lissabon
AP/Armando Franca
Wer wie diese Frau in den Straßen Lissabons schlendern will, muss bei der Einreise nach Österreich einen negativen PCR-Test vorlegen

Kein Reiseverbot

Insgesamt gibt es in Österreich sechs Sicherheitsstufen. „Ausgehend von einem guten Sicherheitsstandard, der die österreichischen Verhältnisse als Maßstab nimmt, ist das Sicherheitsrisiko aufsteigend gestaffelt, um eine Differenzierung zuzulassen“, heißt es auf der Website des Außenministeriums. Die Einschätzung der Sicherheitssituation eines Landes im Hinblick auf eine Reisewarnung beruhe allerdings nicht auf der Bewertung einzelner tragischer Ereignisse, sondern „der Gesamtsituation in einer Region bzw. einem Staat aufgrund der dem Außenministerium vorliegenden Informationen“.

Reisewarnungen werden „nur in besonderen Krisensituationen ausgesprochen“, wenn eine generelle Gefährdung für Leib und Leben bestehe. Bei einer Reisewarnung werde von sämtlichen Reisen in das Land gänzlich abgeraten, da auch die Möglichkeiten der konsularischen Hilfe in vielen Fällen eingeschränkt seien – auch im Hinblick auf die Gewährleistung einer sicheren Rückreise nach Österreich, so das Außenministerium in der Anfragebeantwortung.

Schallenberg appelliert an die Eigenverantwortung

Weltweit herrscht aufgrund der Pandemie derzeit Stufe 4 („Hohes Sicherheitsrisiko“), von nicht unbedingt notwendigen Reisen, egal wohin, wird folglich nach wie vor abgeraten. Bei diesem Reisehinweis handelt es sich ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg zufolge allerdings rein um einen „Appell an die Eigenverantwortung, mehr nicht“. Rechtlich gesehen habe der Hinweis „überhaupt keine Konsequenzen“, so Schallenberg.

Auch gegenüber ORF.at heißt es: „Die Reiseinformationen und Sicherheitseinstufungen verstehen sich als Empfehlungen und nützliche Hinweise zur sorgfältigen Planung einer Reise. Die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher bei Reisen hat dabei immer die höchste Priorität. Die Entscheidung über den Antritt bzw. Abbruch einer Reise liegt beim Reisenden selbst.“

Badende an der Copacabana
Reuters/Ricardo Moraes
In Brasilien gab es in den vergangenen 14 Tage 294 Fälle pro 100.000 Einwohner – einige tragen daher sogar auf dem Copacabana-Strand eine Maske

Strafe bis zu 1.450 Euro

Eine Reisewarnung ist demnach kein Reiseverbot. Auch Landeverbote wurden mittlerweile aufgehoben, bei der Einreise aus einem Risikogebiet muss derzeit jedoch ein negativer PCR-Test vorgelegt werden. Ist eine Testung im Ausland nicht möglich, ist eine Einreise zwar möglich, allerdings muss innerhalb von 48 Stunden ein Test auf eigene Kosten veranlasst werden. Bis zum Vorliegen eines negativen Ergebnisses ist eine selbst überwachte Quarantäne anzutreten, wofür eine Unterkunftsbestätigung vorzulegen ist. Erst bei Vorliegen eines negativen Testergebnisses darf die Quarantäne beendet werden.

Wer sich nicht an die Vorschriften hält, dem droht eine Strafe von bis zu 1.450 Euro. Kosten können für Reisende allerdings auch entstehen, wenn eine Rückholaktion aus einer Region oder einem Land durchgeführt werden muss, wo es eine ausdrückliche Reisewarnung gibt.

EU warnt vor „Fleckerteppich“

All das gilt jedoch nur für Österreich. Bei Einreisebeschränkungen und Grenzkontrollen kommt es in der EU zunehmend wieder zu nationalen Alleingängen. Das besorgt auch die EU-Kommission. In einem Brief an die Mitgliedsstaaten und an Großbritannien habe man am Freitag noch einmal darauf hingewiesen, dass es wichtig sei, eine zweite Welle von unkoordinierten Maßnahmen an den Binnengrenzen der EU zu vermeiden, sagte ein Sprecher am Freitag in Brüssel.

Man habe zudem Prinzipien dargelegt, die den Entscheidungen über Beschränkungen des freien Reiseverkehrs im Zusammenhang mit der Pandemie zugrunde gelegt werden sollten. Direkte Einflussmöglichkeiten hat sie aber nicht, da Grenzkontrollen und Reisebeschränkungen bei besonderen Sicherheitsbedrohungen auch innerhalb der EU nationale Angelegenheit sind.