Bündel mit 1-Dollar Scheinen
APA/AFP/Junior Kannah
Leitwährung

Krise stellt US-Dollar auf die Probe

Der Euro im Höhenflug, der Dollar im freien Fall – seit Beginn der Coronavirus-Krise im März bewegen sich die Währungen in unterschiedliche Richtungen. Zwar gab der Euro in den vergangenen Tagen etwas nach, und der Dollar erhielt etwas Auftrieb, die Debatte über die Rolle des US-Dollar als Leitwährung ist aber angefacht.

Am Dienstag wurde der Euro bei 1,178 US-Dollar gehandelt und damit höher als am Montagabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagnachmittag auf 1,1783 (Montag: 1,1763) Dollar festgesetzt. Zuletzt hatte eine Dollar-Stärke den Euro belastet. Besser als erwartet ausgefallene Daten vom US-Arbeitsmarkt und die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, bestehende Hilfsmaßnahmen in der Coronavirus-Krise per Erlass zu verlängern, konnte der US-Währung Sicherheit bieten.

Trotz der jüngsten Entwicklungen blieb der Euro allerdings konstant auf hohem Niveau. Zum Vergleich: Mitte Februar fiel der Euro-Kurs zeitweise sogar auf 1,0782 US-Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit dem Frühjahr 2017. Seit Anfang Juli legte der Euro deutlich zu – während der Dollar zunehmend schwächelte. Am Monatsanfang hatte er noch bei 1,12 Dollar notiert, Ende Juli wurde er mehrmals über der Marke von 1,17 US-Dollar gehandelt. In der Spitze kostete er 1,1909 Dollar und erreichte damit den höchsten Stand seit Mai 2018. Erst die steigenden Coronavirus-Neuinfektionen bremsten den Euro aus.

Hilfen geben Rückhalt

Denn der Markt reagierte schnell – vor allem wenn versucht wird, einen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu verhindern. So habe Trumps Entschluss zu Hilfen per Erlass den Dollar in der Krisensituation ein wenig gestützt, schrieb Devisenexpertin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank. Auch wenn die Hilfen weniger großzügig ausfallen als zuvor, sei ein abrupter Stopp der fiskalischen Unterstützung verhindert worden. „Ein bisschen Stimulus ist eben besser als gar keiner“, so Nguyen. „Zumindest scheint der Markt das so zu sehen, weshalb der US-Dollar moderat stärker handelt.“

US-Präsident Donald Trump
AP/Andrew Harnik
Trump kündigte an, die Coronavirus-Hilfen zu verlängern

Der Euro erfuhr freilich auch durch das Ende Juli angekündigte 1,8 Billionen Euro starke Finanzpaket der EU – 1.074 Milliarden Euro für den nächsten siebenjährigen Haushaltsrahmen und 750 Milliarden Euro zur wirtschaftlichen Erholung von der Coronavirus-Krise – Rückenwind. Auf dem Devisenmarkt sei es so gedeutet worden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Euro-Zone unter den Krisenlasten zerbrechen werde, weiter abgenommen hat, schrieb etwa die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ in einem Kommentar Ende Juli. Auch die „New York Times“ sprach vom „Moment für Europas Märkte“.

Ein wesentlicher Treiber für einen schwächeren US-Dollar sind die US-Schulden. „Wenn in den USA die Staatsverschuldung schneller steigt als im Rest der Welt, tendiert in der Regel der Dollar-Wechselkurs schwächer“, sagte Volkswirt Edgar Walk zur „Welt“. Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), betonte im RBB-Interview, dass der Wert einer Währung ein Spiegelbild dessen sei, was sich Menschen von der Wirtschaft erwarten. „Menschen haben eben nicht mehr so viel Vertrauen, dass die US-Wirtschaft sich im Vergleich zu der europäischen so gut entwickeln wird, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre.“

Krise befeuerte Debatte über Leitwährung

Während einige Fachleute nun meinen, dass die Stärke des Euro im Moment die Schwäche des Dollar sei, wurden zuletzt auch Stimmen lauter, die behaupten, dass der US-Dollar als weltweite Leitwährung gefährdet sei. In einem „Fortune“-Artikel wird etwa der ehemalige Chefökonom der Morgan-Stanley-Bank zitiert, wonach der US-Dollar viele Herausforderer um den Status der Leitwährung habe. „Es gibt Alternativen, und die ungeliebteste und unterbewertetste Währung in der Welt ist im Moment der Euro“, sagte Roach. „Ich denke, die Idee, dass es keine Alternative zum Dollar gibt, während dieser Covid-Krise wirklich auf die Probe gestellt wird.“

In einem „Handelsblatt“-Kommentar hieß es ebenfalls, dass längerfristig kein Weg an einem „stärker multipolaren Währungssystem“ vorbeiführe. Doch gerade die Coronavirus-Krise habe gezeigt, dass der Status des US-Dollar noch unangefochten sei. Investoren und Investorinnen auf der ganzen Welt würden sich geradezu auf die US-Währung stürzen.

Laut dem Börsenportal Finanzen.at hat jüngst ein Umfrage unter 50 Zentralbanken ergeben, dass die Nachfrage nach dem US-Dollar auch im nächsten Jahr noch gegeben sein wird. Analysten und Analystinnen wollten etwa wissen, ob sich die Position des US-Dollar als wichtigster Wertspeicher für die weltweiten Handelsreserven ihrer Meinung nach in den nächsten fünf Jahren ändere. Mit überwältigender Mehrheit sprachen sich die Befragten für den US-Dollar aus.

Probleme einer starken Währung

Die aktuelle Situation, so schrieb die US-Finanznachrichtenseite Bloomberg, sage nichts darüber aus, ob der Dollar seinen Status als Leitwährung verlieren wird. Der Euro könne zwar weiter auf Kosten des Dollar dazugewinnen. Es sei, so „Bloomberg“, aber stark übertrieben, von einem Untergang des US-Dollars als Leitwährung zu sprechen. Auch in den vergangenen Jahren gab es öfters Debatten über die Leitwährung und Alternativen. Jene, die den US-Dollar auf dem Abstellgleis sahen, seien allerdings jedes Mal enttäuscht worden.

Für Ökonom Fratzscher vom DIW bedeutet der Anstieg des Euro in den vergangenen Wochen einen „Vertauensbeweis, dass Europa doch einiges richtig macht, aber gleichzeitig ist es jetzt auch nicht so, dass der Euro überbewertet ist“. Das sei deshalb wichtig, weil eine starke Währung auch heißt, „dass es schwieriger ist für Exporteure, ihre Exportgüter im Ausland zu verkaufen“, so der deutsche Experte. Wenn der Euro steigt, werden auch die Güter in der einheimischen Währung teurer. „Eine steigende Währung ist gut für die Importeure, weil die Importe günstiger werden und sie ist meistens nicht so gut für die, die exportieren und Güter im Ausland verkaufen.“