Impfpflichtdebatte in Italien

In Italien eskaliert die Debatte über eine mögliche Impfpflicht, sollte in den nächsten Monaten ein Impfmittel gegen das Coronavirus entwickelt werden. Angeheizt wurde die Diskussion durch den Beschluss des römischen Krankenhauses Spallanzani, ab 24. August einen Impfstoff an 90 Freiwilligen zu testen.

Ex-Premier Matteo Renzi, der das Land zwischen 2014 und 2016 regiert hatte, startete eine Unterschriftensammlung, um die Impfpflicht einzuführen. Er reagierte damit auf Premier Giuseppe Conte, der am Wochenende betont hatte, dass in Italien keine Impfpflicht gegen das Coronavirus eingeführt wird, auch wenn ein Impfstoff entwickelt werden sollte.

Renzi kritisiert Contes Entscheidung

„Sollte ein Impfstoff gegen Covid-19 auf den Markt kommen, muss die Impfung für jeden in Italien Pflicht sein“, forderte Renzi. Der Ex-Premier hatte in den vergangenen Jahren eine Kampagne gegen die „No Vax“-Bewegung geführt.

Diese besteht zum Großteil aus Eltern, die sich trotz der 2017 gesetzlich eingeführten Pflicht weigern, schulpflichtige Kinder gegen zehn Krankheiten, darunter Diphtherie, Tetanus und Masern, impfen zu lassen. Sie behaupten, die massive Injizierung von Impfstoffen sei für die Gesundheit gefährlich.

„Wir haben wegen Covid-19 in Italien zwei Monate lang Ausgangssperre gehabt. Wird jetzt ein Impfstoff entwickelt, lassen wir den Italienern die Freiheit, sich impfen zu lassen oder nicht? Das ist doch wohl ein Witz!“, schrieb Renzi, der auf seiner Website den Link zur Unterschriftensammlung postete.

Seine Äußerung löste hitzige Diskussionen aus. Auf Facebook florierten Hashtags gegen Renzi, der beschuldigt wurde, der Verfassung zu widersprechen und auf undemokratische Weise alle Italiener zur Impfung zwingen zu wollen.

Impfstoff in Krankenhaus getestet

3.000 Kandidaten und Kandidatinnen haben sich in den vergangenen Tagen beim römischen Krankenhaus Lazzaro Spallanzani gemeldet, das ab 24. August einen Impfstoff an Menschen testet. Begonnen wird mit 90 Freiwilligen, die 700 Euro erhalten werden.

Diese werden den Altersgruppen zwischen 18 und 55 Jahren und von 65 bis 85 Jahren angehören. Sie dürfen sich nicht am Coronavirus infiziert und in den vergangenen Monaten klinischen Tests unterzogen haben. Auch mehrere Ärzte haben sich gemeldet.

Für die Entwicklung wurden acht Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Er wurde von der Biotechnologiefirma ReiThera mit Sitz in Castelromano bei Rom zusammen mit dem Münchner Unternehmen Leukocare und mit Univercells (Brüssel) entwickelt und patentiert. Die Produktion wird erst nach den Tests beginnen. Der vorbeugende Impfstoff soll die Produktion von Antikörpern und die Aktivität der Immunzellen fördern, hieß es.

Premier Conte hatte sich am Sonntag gegen eine Impfpflicht ausgesprochen. „Ich bin nicht der Ansicht, dass eine Impfung gegen Covid-19 Pflicht sein muss. Der Impfstoff muss jedoch jedem zur Verfügung gestellt werden.“