Trump Unterstürtzer und QAnon Anhänger auf einer Trump Wahlkampfveranstaltung.
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Verschwörungstheorien

QAnon-Anhänger steuern auf Kongress zu

Die Gruppe QAnon glaubt an einen „tiefen Staat“ mit Putschplänen, eine Verschwörung gegen US-Präsident Donald Trump, satanistische und pädophile Umtriebe in den höchsten Kreisen der USA – und bald könnten bekennende Gefolgsleute dieser Verschwörungstheorie im US-Kongress sitzen. In Georgia wurde am Dienstag die QAnon-Sympathisantin Marjorie Greene in einer Vorwahl zu einer der republikanischen Kandidatinnen gewählt. Ihr Einzug ist wahrscheinlich, sie ist womöglich nicht die letzte.

Greene tritt im 14. Kongresswahldistrikt von Georgia an. Dieser ist eigentlich republikanisches Kernland – doch Greene weckt auch in ihrer eigenen Partei Unbehagen. Im Juni sorgten antisemitische, rassistische und islamfeindliche Videos der Bauunternehmerin, die auch von führenden Republikanern als „abstoßend“ bezeichnet wurden, für Distanzierungen.

Landesweit ins Schlaglicht geriet Greene nun aber vor allem, weil sie in der Vergangenheit mehrfach öffentlich Bezug auf die Verschwörungstheorien der QAnon-Bewegung nahm. „Es gibt eine einmalige Gelegenheit, diese globale Kabale von satanistischen Pädophilen außer Gefecht zu setzen. Und ich glaube, wir haben den Präsidenten, der dazu in der Lage ist“, so Greene etwa in einem auf Facebook geposteten Video. In einem anderen Clip bezeichnete sie „Q“ als „Patrioten“, bei dem es sich „lohnt, zuzuhören“.

Marjorie Taylor Greene posiert fürt ein Foto mit einer Wählerin.
AP/Mike Stewart
Greene (Mitte) und ihre Neigung zu QAnon sorgten in den USA für große Aufmerksamkeit

Verschwörungstheorie aus dem Onlineboard

Greene spricht in den Videos von einer Verschwörungstheorie, die in den USA seit rund drei Jahren für Aufhebens sorgt und zuletzt auch bei europäischen Coronavirus-Protesten ins Schlaglicht kam: QAnon. Deren lose organisierten Anhängerinnen und Anhänger berufen sich auf eine anonyme Person oder eine Gruppe namens „Q“, die sich selbst als informierter Insider mit Zugang zu geheimen Regierungsinformationen bezeichnet und diese angeblich leakt. Kern ihrer Verschwörung ist die Behauptung, dass die USA von einem „tiefen Staat“ regiert werden, der sich gegen Trump und seine Anhängerinnen und Anhänger richtet.

Ihren Ursprung hat die Bewegung im Onlineforum 4Chan, seither veröffentlicht „Q“ in unregelmäßigen Abständen neue Behauptungen oder oft kryptische Hinweise. Viele davon sind höchstgradig bizarr. Ein wiederkehrendes Motiv von QAnon ist etwa die Anschuldigung, dass demokratische Politikerinnen und Politiker oder Prominente dem Satanismus anhängen würden oder Teil eines Kinderpornorings seien. Dieser soll unter anderem dazu dienen, eine Art „Verjüngungsdroge“ zu gewinnen.

Trump als „Erwählter“

In diesem Verschwörungskonstrukt ist Trump eine zentrale und stark unterstützte Figur. In der QAnon-Erzählung wird er als eine Art „Erwählter“ dargestellt, der ernannt worden sei, um einen Putsch von demokratischen Eliten wie beispielsweise Hillary Clinton und Ex-Präsident Barack Obama sowie dem Investor George Soros zu stoppen. Belege für die immer wieder auch antisemitischen und rechtsradikalen Verschwörungstheorien gibt es freilich keine.

Ein Mann in einer Menge hält ein SChild mit einem „QAnon“ Symbol.
Reuters/Patrick T. Fallon
QAnon-Symbolik fand sich zuletzt auch auf politischen Veranstaltungen

Getragen wird die Bewegung von einem tiefen Misstrauen gegenüber Institutionen, weiten Teilen der politischen Landschaft und den Medien. Und freilich ist die Verbreitung auch einträglich: „Die finanziellen Anreize für die Verbreitung sind klar“, so Dan Patterson von CBS News. Werbeerlöse auf YouTube und Co. würden einen signifikanten Anreiz bieten, derartiges Material weiterzuverbreiten. Denn auch wenn sich QAnon-Anhänger immer öfter in der Realität zeigen, weiterverbreitet wird die Verschwörungstheorie primär online. Wie groß die Zahl der Anhänger tatsächlich ist, lässt sich nicht sagen.

FBI warnt vor QAnon

Die Behörden in den USA zeigen sich angesichts der Gruppierung jedenfalls alarmiert. QAnon wurde vom FBI bereits als Risikofaktor eingestuft: „Regierungsfeindliche, identitätsbasierte Verschwörungstheorien am politischen Rand könnten einige Extremisten sehr wahrscheinlich zu kriminellen, manchmal gewalttätigen Aktionen motivieren“, so die Sicherheitsbehörde. Und auch Soziale Netzwerke gehen zunehmend gegen die Verbreitung der Verschörungstheorie vor: Twitter sperrte zuletzt Tausende Konten mit QAnon-Verbindungen, weil diese „Schäden“ im wirklichen Leben anrichten würden.

Trotzdem scheint die Verschwörungstheorie zunehmend auch in das politische Establishment einzusickern. Laut dem linken Thinktank Media Matters haben insgesamt 75 Kandidaten und Kandidatinnen für die Kongresswahl QAnon-Inhalte verbreitet, die überwiegende Mehrheit davon Republikaner. Unter ihnen hat Greene die besten Chancen auf einen Sieg – sie tritt nun gegen den Demokraten Kevin Van Ausdal an. Da Georgia traditionell republikanisch wählt, ist Greenes Einzug in den Kongress wahrscheinlich.

Trump gratulierte

Wie die „Washington Post“ berichtete, soll der republikanischen Partei das Teilen nicht unbedingt recht sein. Viele Mitglieder sollen den Minderheitsführer Kevin McCarthy dazu aufgefordert haben, sich gegen die Wahl Greenes auszusprechen oder ihren Gegenkandidaten, den Neurochirurgen John Cowan, zu unterstützen. Dieser sagte, Green sei „nicht konservativ – sie ist verrückt. Sie verdient einen YouTube-Channel, keinen Sitz im Kongress. Sie ist eine Zirkusnummer.“

Allerdings genießt sie auch Unterstützung einiger prominenter Republikaner. Unter diesen befindet sich auch Präsident Trump, der selbst wiederholt wegen der Verwendung von QAnon-Symbolik in die Kritik kam, etwa indem er auf Twitter Postings mit QAnon-Konnex teilte. Er gratulierte am Mittwoch auf Twitter Greene für ihren Wahlsieg: „Gratulation an den zukünftigen republikanischen Star Marjorie Taylor Greene für einen großen Kongress-Vorwahlsieg in Georgia gegen einen starken und schlauen Gegner. Marjorie ist in allem stark und gibt nie auf – eine echte Gewinnerin.“