Erdogan kritisiert Athen in Gasstreit – Gespräch mit Merkel

Im Streit um Gasvorkommen im Mittelmeer hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan dem Nachbarn Griechenland Heimtücke vorgeworfen und zugleich zu Verhandlungen aufgerufen. „Die Haltung, die Griechenland in der Ägäis und im Mittelmeer an den Tag legt, ist heimtückisch“, sagte Erdogan heute in Ankara.

Er betonte aber auch: „Der Weg zur Lösung im östlichen Mittelmeer geht über Dialog und Verhandlungen.“ Wenn man mit „Vernunft und Menschenverstand“ vorgehe, könne man eine Formel finden, die die Rechte aller schütze. „Wir sind absolut nicht hinter unnötigem Abenteuer her und suchen keine Spannungen.“

Athen bereit, Hoheitsbereich zu „verteidigen“

Heute will Erdogan mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und EU-Ratspräsident Charles Michel sprechen. Der griechische Außenminister Nikos Dendias warnte, Griechenland sei bereit, seinen Hoheitsbereich zu „verteidigen“. Er forderte den sofortigen Rückzug des von türkischen Marineschiffen begleiteten Erkundungsschiffs „Oruc Reis“ aus griechischen Gewässern. Frankreich kündigte inzwischen an, seine Militärpräsenz in der Region zu verstärken.

Griechenland soll Rechte der Türkei „achten“

Seit Anfang der Woche sucht die türkische „Oruc Reis“ südlich von Rhodos und der kleinen Insel Kastelorizo nach Erdgas. Kastelorizo ist nur rund zwei Kilometer vom türkischen Festland entfernt, gehört aber wie Rhodos zu Griechenland. Erdogan sagte, dass Athen dort Rechte einfordere, sei „mit Verstand und Vernunft nicht zu erklären“. Er fügte hinzu: „Ich lade Griechenland von hier aus erneut dazu ein, die Rechte der Türkei zu beachten.“

Die Türkei und Griechenland streiten seit Jahren über die Ausbeutung von Gasvorkommen. Ankara führt bereits Bohrungen vor Zypern durch – ohne die Genehmigung der Regierung der Republik Zypern.

Inseln als Streitpunkt

Das Seerecht der Vereinten Nationen legt für Küstenländer eine Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) fest, die über die Hoheitsgewässer eines Landes hinausreicht. In dieser 200-Meilen-Zone hat ein Staat das alleinige Recht zur Ausbeutung von Bodenschätzen. Liegt die Küste eines anderen Landes näher, gilt die Mittellinie.

Griechische Inseln, die nahe an der türkischen Küste liegen, verringern also die türkische AWZ enorm. Die Türkei erklärt, dass Inseln keine AWZ haben, und sieht ihre Gasforschungen daher als legitim an. Das Seerechtsabkommen hat sie aber nie unterschrieben, wie etwa auch die USA.

Im Fall Zypern kommt hinzu, dass die Türkei den Norden der Mittelmeer-Insel seit 1974 besetzt hält und eine – nur von der Türkei anerkannte – Türkische Republik Nordzypern etabliert wurde. Die gesamte Insel hingegen wird als Republik Zypern international anerkannt und ist seit 2004 EU-Mitglied.