US-Außenminister Pompeo am Flughafen in Wien
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Mitteleuropa-Tour

US-Außenminister Pompeo in Wien

US-Außenminister Mike Pompeo hat am Freitag seine Mitteleuropa-Reise mit politischen Gesprächen in Österreich fortgesetzt. Das Programm ist dicht: Am Vormittag traf der Chefdiplomat von US-Präsident Donald Trump Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Unternehmensvertreter, nun stehen weitere Treffen mit Spitzenvertretern, dem IAEa-Chef sowie Pompeos griechischem Amtskollegen in Wien an.

Blümel berichtete gegenüber Journalisten im Anschluss von einem „guten Gespräch“. Alle seien sich einig gewesen, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit für beide Staaten sehr wichtig sei, sagte er. Die USA seien der zweitwichtigste Exportmarkt für Österreich, so Blümel. Näher auf die Inhalte des Gesprächs wollte er nicht eingehen. Generell gebe es bei beiden Länder „ein sehr großes Interesse, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen“, so der Finanzminister.

Blümel empfing den US-Außenminister im barocken Winterpalais des Prinzen Eugen in der Himmelpfortgasse. An dem Treffen im Blauen Salon nahmen auch Vertreter österreichischer Unternehmen teil, darunter voestalpine-Vorstand Franz Kainersdorfer, Borealis-Chef Alfred Stern sowie Porsche-Aktionär Hans Michel Piech.

In der Mitte: Finanzminister Gernot Blümel und US-Außenminister Mike Pompeo
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Beim Treffen mit Pompeo betonte Blümel das „große Interesse, Gemeinsames vor Trennendes zu stellen“

Stärkung von wirtschaftlichen Verbindungen als Ziel

Ziel des Treffens, so wurde vom Finanzministerium vorab verkündet, sei „die Gründung beziehungsweise Stärkung von nachhaltigen wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Österreich und den USA“. Die USA sind nach Deutschland der zweitgrößte Exportmarkt für Österreich. In der Coronavirus-Krise sind die österreichischen Exporte aber eingebrochen. Im Mai sanken die österreichischen Ausfuhren um 25,5 Prozent, jene in die USA sogar um 34 Prozent.

Besonders in Zeiten der Coronavirus-Krise „ist Zusammenhalt essenziell. Die Vereinigten Staaten waren immer schon ein verlässlicher und starker wirtschaftlicher Partner. Diese Tradition wollen wir weiterführen“, sagte Blümel am Donnerstag.

US-Außenminister Mike Pompeo und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
APA/Helmut Fohringer
Van der Bellen soll mit Pompeo unter anderem über die Coronavirus- und die Klimakrise gesprochen haben

Besuch bei Ludwig, Van der Bellen, Schallenberg, Kurz

Gleich nach dem Treffen mit Blümel eilte Pompeo zur Einweihung einer „österreichisch-amerikanischen Freundschaftsstraßenbahn“ mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), um danach Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg zu besuchen. Dabei sollen laut Präsidentschaftskanzlei bilaterale Themen wie Handel und auch multilaterale Fragen wie die Bewältigung der aktuellen Coronavirus-Pandemie und der Klimakrise und Wien als Ort des Dialogs im Mittelpunkt stehen.

Vor dem Arbeitsmittagessen mit ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg im Schloss Belvedere nimmt Pompeo auch noch an einer Kranzniederlegung am Holocaust-Denkmal auf dem Judenplatz teil. Am Nachmittag trifft Pompeo zunächst den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, und danach den griechischen Außenminister Nikos Dendias. Zum Abschluss ist er zu einem Abendessen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Ballhausplatz eingeladen.

Polizeiaufgebot bei Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Wien
ORF.at
Hohe Sicherheitsvorkehrungen und Straßensperren bei Pompeos Besuch in Wien

Pompeo: „Toll, Wien zu besuchen“

Am Donnerstagnachmittag landete Pompeo aus Slowenien kommend auf dem Wiener Flughafen. Österreich ist die dritte Etappe von Pompeos Mitteleuropa-Tour. Bereits vom Flugzeug aus gratulierte Pompeo Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten für die wenige Minuten zuvor bekanntgewordene Normalisierung ihrer diplomatische Beziehungen. Er sprach auf Twitter von einem „historischen Tag“ und lobte die „bemerkenswerten Errungenschaft, die für den Nahost-Friedensprozess ein bedeutender Schritt vorwärts ist“.

Es sei „toll, Wien zu besuchen, um die starken und wachsenden Handels- und Investitionsbeziehungen sowie regionale Sicherheitsfragen zu bekräftigen“, sagte Pompeo. Er freue sich auf die Treffen mit Schallenberg und Kurz, um die strategische amerikanisch-österreichische Partnerschaft zu erörtern, ergänzte Pompeo. Medienöffentliche Termine waren am Donnerstag nicht geplant. Am Freitag wird es wegen Pompeos Programms zu Straßensperren kommen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Schnitzel zum Dinner

Nach Angaben der US-Botschaft teilen die USA und Österreich „gemeinsame demokratische Werte und Perspektiven in Fragen der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit sowie die gemeinsame Vision von Frieden und Freiheit für alle. Wir sind durch unzählige Kontakte zwischen den Menschen in Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft miteinander verbunden“, schrieb die Botschaft auf Twitter.

Pompeo genoss laut US-Botschaft gemeinsam mit Botschafter Trevor Traina sowie den Botschaftern James S. Gilmore und Jackie Wolcott ein Dinner in der Residenz Trainas in Wien. Zum Essen gab es demnach „köstliches Wiener Schnitzel“.

US-Außenminister Pompeo am Flughafen in Wien
Reuters/Lisi Niesner
US-Außenminister Mike Pompeo und seine Frau Susan bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen Wien

Schallenberg: „Starke Partnerschaft“

Laut Außenministerium geht es bei dem Treffen um den Ausbau der im türkis-grünen Regierungsprogramm verankerten „strategischen Partnerschaft“ mit den USA. Schallenberg lobte die USA vor dem Besuch als „unverzichtbarer Partner, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch“. „Wir teilen ein gemeinsames Lebensmodell beruhend auf dem Bekenntnis zu den Werten der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten“, so der Außenminister.

Um bei der Bewältigung internationaler Herausforderungen diesen Werten zum Durchbruch verhelfen, brauche es eine starke transatlantische Partnerschaft. „Diese Partnerschaft erlaubt es auch, dass man alle Themen offen diskutieren kann. Auch solche, in denen man nicht immer einer Meinung ist.“

Meinungsverschiedenheiten zwischen USA und Österreich

Tatsächlich gibt es einige Themen, bei denen es Meinungsverschiedenheiten gibt. So wirbt Pompeo bei seiner Mitteleuropa-Tour etwa intensiv für einen Ausschluss chinesischer Telekommunikationskonzerne wie Huawei vom 5G-Ausbau. Auf offene Ohren stieß er dabei bisher nur in Slowenien, wo am Donnerstag eine gemeinsame Erklärung zum Thema „5G-Sicherheit“ unterzeichnet worden ist. Österreich weigert sich bisher, Huawei auszuschließen. Mitte August startet die Auktion weiterer Frequenzen für den neuen schnellen Mobilfunkstandard.

Auch in Bezug auf „Nord Stream 2“, an dem auch die österreichische OMV beteiligt ist, gibt es unterschiedliche Interessen. Washington will den Stopp des Pipelineprojekts erzwingen, da es der Auffassung ist, dass die Pipeline Russland zu viel Einfluss über Sicherheits- und Wirtschaftsaspekte in Westeuropa gibt. Kritiker werfen den USA vor, lediglich eigenes Flüssiggas zu möglichst hohen Preisen exportieren zu wollen. Washington setzt die Partner des Milliardenprojektes unter Druck – auch mit Sanktionen, was derzeit besonders in Deutschland für großen Unmut sorgt.

Abendessen im Bundeskanzleramt

Am Freitagabend trifft Pompeo dann mit Kurz zu einem Gespräch bei einem Abendessen im Bundeskanzleramt zusammen. Kurz hätte eigentlich Anfang März gemeinsam mit Schallenberg nach Washington reisen sollen, um dort unter anderen US-Präsident Donald Trump zu treffen. Der bereits zweite Besuch des Kanzlers im Weißen Haus wurde aber von Trump aufgrund der Coronavirus-Pandemie verschoben.

Blick auf die Hofburg
ORF.at/Roland Winkler
Dichtes Programm für Pompeo: Von der Hofburg ins Schloss Belvedere und danach weiter ins Bundeskanzleramt

An dem Gespräch nehmen auch Schallenberg und EU-Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) teil. Dabei soll es laut Kanzleramt um die bilateralen Beziehungen der USA und Österreichs bzw. die Beziehungen zwischen der EU und den USA und die aktuelle Coronavirus-Situation gehen. „Ziel ist es, die Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den USA wieder zügig hochzufahren“, so ein Sprecher des Bundeskanzlers. Angesprochen werden sollen auch internationalen Entwicklungen im Nahen Osten, am Westbalkan und in Weißrussland, hieß es.

Termin mit griechischem Außenminister

Bei dem Treffen mit dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Rafael Grossi dürfte es um den Konflikt um das iranische Atomprogramm gehen. Die USA sind 2018 einseitig aus dem in Wien geschlossenen Atomvertrag ausgestiegen. Die in Wien ansässige IAEO überwacht den Atomvertrag.

Ebenfalls einen Termin mit Pompeo erhält wohl auch der griechische Außenminister Nikos Dendias. Wegen des eskalierenden Streits mit der Türkei um Gas- und Ölbohrungen reist am Freitag Dendias kurzfristig nach Wien, um den US-Außenminister zu treffen. Entsprechende griechische Medienberichte wurden der APA von der griechischen Botschaft am Mittwoch bestätigt.

Allianzen mit kleineren Staaten

Samstagfrüh wird Pompeo nach Warschau weiterreisen, wo er seine Europareise beendet. Begonnen hat diese bereits am Dienstag in Tschechien. Während sich das Verhältnis der USA zum historisch eng verbündeten großen Nachbarn Deutschland unter Präsident Trump deutlich verschlechtert hat, schmiedet Trump seit seinem Amtsantritt 2017 Allianzen mit kleineren mitteleuropäischen Staaten – darunter Österreich.

Bilaterale Besuche von US-Außenministern in Österreich, die nicht aus Anlass eines internationalen Treffens in Wien stattfinden, sind äußerst selten. Seit 1945 gab es nur einen offiziellen Besuch, als die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright 1998 nach Wien kam. Zuvor war das bilaterale Verhältnis wegen der Waldheim-Affäre jahrelang getrübt. Eineinhalb Jahre nach dem Besuch wurden die österreichisch-amerikanischen Beziehungen durch den Regierungseintritt der FPÖ erneut schwieriger.