Mike Pompeo und Sebastian Kurz
APA/Roland Schlager
Pompeo in Wien

Freundschafts-„Bim“ und heikle Diplomatie

Bei seinem Besuch in Wien hat US-Außenminister Mike Pompeo am Freitag einen intensiven Gesprächsreigen absolviert. Bei seinen Treffen mit Spitzenvertretern aus der Politik wurde dabei stets die gute Beziehung zwischen den beiden Ländern betont – ganz um das Eingeständnis, dass es Differenzen gibt, etwa bei den Themen Klimakrise, Cybersicherheit und „Nord Stream 2“-Projekt, kam man jedoch nicht herum.

Der Besuch des US-Außenministers ist auch in einer Stadt wie Wien kein alltägliches Ereignis; schon gar nicht, wenn es sich um einen bilateralen Besuch handelt. Bisher war nur Madeleine Albright 1998 zu einem ebensolchen in der Bundeshauptstadt. Entsprechend dicht fiel das Programm aus, das Pompeo am Freitag abspulte – und das mit einem Abendessen im Bundeskanzleramt zu Ende ging.

Bei dem Gespräch mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) seien die bilateralen Beziehungen und der Kampf gegen das Coronavirus im Mittelpunkt gestanden, teilte das Bundeskanzleramt mit. „Ziel ist es, dass die Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den USA wieder zügig hochgefahren werden, da die USA Österreichs drittgrößter Handelspartner sind“, hieß es.

Sebastian Kurz und Mike Pompeo
AP/Ronald Zak
Sein Tag in Wien endete für Pompeo im Bundeskanzleramt

Kurz selbst betonte in einer Stellungnahme: „Für ein kleines Land wie Österreich lohnt es sich stets, gute bilaterale Beziehungen zur Supermacht USA zu pflegen. Die strategische Partnerschaft der beiden Länder soll daher noch weiter vertieft und ausgebaut werden.“ Die Vereinigten Staaten seien nach Deutschland und Italien Österreichs drittgrößter Handelspartner und in außen- und geopolitischen Fragen einer der entscheidendsten globalen Akteure.

Lob der „großen Freundschaft“

Schon am Nachmittag hatten sowohl Pompeo als auch sein österreichischer Amtskollege, ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg, die „große Freundschaft“ zwischen den beiden Ländern gelobt – trotz Meinungsverschiedenheiten. „Es gibt Themen, wo wir einfach nicht übereinstimmen“, sagte Pompeo bei einer Pressekonferenz. Und darüber spreche man auch, „Freunde können das“. Keine Übereinstimmung gebe es etwa bei den Sicherheitsbedenken des Pipelineprojekts „Nord Stream 2“, so der US-Außenminister im Schloss Belvedere.

Mike Pompeo und Alexander Schallenberg
APA/Roland Schlager
Pompeo lobte bei der Pressekonferenz mit Schallenberg die „große Freundschaft“ zu Österreich

„In jeder Freundschaft gibt es Themen, bei denen man nicht zu 100 Prozent übereinstimmt“, meinte auch Schallenberg und verwies ebenfalls auf das Thema 5G sowie das Pipelineprojekt und die von den USA angedrohten weiteren Sanktionen. „Wir lehnen Pläne, extraterritoriale Sanktionen gegen das Projekt zu verhängen, klar ab“, so Schallenberg.

Schallenberg: USA „unverzichtbarer Partner“

Dennoch lobte er die USA als „unverzichtbaren Partner“, mit dem Österreich den „way of life“ und Werte wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie teile. „Diese Werte werden global immer mehr herausgefordert, daher müssen wir zusammenstehen, um diese gemeinsamen Werte zu verteidigen“, so Schallenberg.

Interview mit US-Außenminister Mike Pompeo

US-Außenminister Mike Pompeo hat im Rahmen seines Österreich-Besuchs die Staatsspitze getroffen. Im ZIB2-Interview mit Andreas Pfeifer erklärt er, warum Österreich trotz Meinungsverschiedenheiten ein wichtiger Freund der USA ist.

Pompeo warnte wie bereits in den vergangenen Tagen in Tschechien und Slowenien vor der Gefahr einer Beteiligung der chinesischen Firma Huawei am 5G-Ausbau als Einfallstor für chinesische Spionage oder Sabotage. Schallenberg betonte, dass das Thema Cybersicherheit hoch auf der Agenda seines Ministeriums, das Anfang des Jahres selbst Ziel eines Hackerangriffs wurde, stehe. Zugleich erklärte er, dass Österreich nicht einen Provider ausschließen wolle, sondern Sicherheitsregeln vorgebe.

Weißrussland und Atomabkommen Themen am Rande

Am Rande der Pressekonferenz wurden zudem die Ausschreitungen in Weißrussland sowie das Atomabkommen mit dem Iran thematisiert. Schallenberg appellierte an die Regierung in Weißrussland, von Gewalt gegen friedvolle Demonstrierende Abstand zu nehmen sowie politisch Inhaftierte freizulassen und einen nationalen Dialog zu starten.

Unterdessen forderte Pompeo eine Verlängerung des Waffenembargos gegen den Iran. „Es ergibt keinen Sinn, den größten Verbreiter von Terrorismus in der Welt Waffen kaufen zu lassen“, sagte Pompeo zum Schluss der Pressekonferenz. Und weiter: „Wir rufen die ganze Welt dazu auf, sich uns anzuschließen.“ Nach dem Wiener Atomabkommen läuft das Waffenembargo gegen den Iran im Oktober aus, die USA sind einseitig aus dem Abkommen ausgestiegen.

Blick auf die Hofburg
ORF.at/Roland Winkler
Dichtes Programm für Pompeo: Von der Hofburg ins Schloss Belvedere und danach weiter ins Bundeskanzleramt

Gemeinsame Erklärung zur „engen Freundschaft“

Nach dem Treffen von Schallenberg und Pompeo wurde eine Gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Darin wird die „enge Freundschaft“ zwischen den beiden Staaten seit 1945 betont. Hervorgehoben wurde, dass Österreich und die USA in Bezug auf den Westbalkan „eine weitgehend übereinstimmende Vorstellung für die Zukunft dieser Region“ haben. Daher soll die Zusammenarbeit fortgesetzt werden, um den Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo zu fördern, „diese Staaten in die transatlantische Gemeinschaft einzubinden, und dem Ziel einer EU-Vollmitgliedschaft für die ganze Westbalkan-Region näherzukommen“.

Außerdem wurde zur Vertiefung der Strategischen Partnerschaft „ein bilateraler Dialog der Zivilgesellschaften“ vereinbart. Nähere Details dazu gab es keine. Das genaue Format müsse noch festgelegt werden, hieß es auf Anfrage aus dem Außenministerium. Sofern es die Reisesituation zulasse, soll im Frühjahr 2021 eine Auftaktveranstaltung stattfinden.

US-Außenminister Mike Pompeo und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Van der Bellen sprach mit Pompeo unter anderem über die Coronavirus- und die Klimakrise

Bundesheer und US-Streitkräfte kooperieren künftig

Zudem kündigte Pompeo eine Übereinkunft zur Teilnahme am „State Partnership Program“ an, das eine stärkere Kooperation zwischen dem österreichischen Bundesheer und der US-Nationalgarde vorsieht. Pompeo dankte Verteidigungsminister Klaudia Tanner (ÖVP) für ihre Unterstützung bei der Ausarbeitung. Tanner begrüßte die Bereitschaft der USA, das Partnerschaftsprogramm zu initiieren und betonte, dass beide Seiten voneinander profitieren könnten.

Ziel des Programms ist es laut Verteidigungsministerium, in Zukunft Übungen und Ausbildungen gemeinsam mit Truppenteilen der US-Streitkräfte durchzuführen. Außerdem geht es um den Austausch von Experten und Beobachtern. Auch die bilateralen Beziehungen der in Europa stationierten US-Streitkräfte und dem Bundesheer sollen dadurch vertieft werden.

Van der Bellen bedauerte Ausstieg aus Klimaabkommen

Zuvor empfing Bundespräsident Alexander Van der Bellen Pompeo in der Hofburg und sprach dabei auch das Thema Klimakrise an. Van der Bellen bedauerte gegenüber Pompeo den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen, wie die Präsidentschaftskanzlei nach dem Treffen mitteilte. Ein wirtschaftlicher Neustart Europas nach dem Lockdown müsse nachhaltig sein, betonte Van der Bellen. US-Präsident Trump hatte nach seinem Amtsantritt Anfang 2017 den Ausstieg aus dem UNO-Klimaabkommen verkündet.

Der Bundespräsident bedankte sich bei dem Chefdiplomaten von US-Präsident Donald Trump anlässlich der 75. Wiederkehr des Kriegsendes für die Rolle der USA bei der Befreiung der NS-Konzentrationslager und die Hilfe beim Wiederaufbau.

Mike Pompeo und Michael Ludwig
APA/Herbert Pfarrhofer
Eine Straßenbahn „als rollendes Symbol der langen österreichisch-amerikanischen Freundschaft“

Kranzniederlegung am Holocaust-Mahnmal

Nach dem Treffen mit Van der Bellen nahm Pompeo gemeinsam mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Oskar Deutsch und Kardinal Christoph Schönborn an einer Kranzniederlegung am Holocaust-Mahnmal auf dem Judenplatz teil.

Auch am Vormittag nahm Pompeo gemeinsam mit Bürgermeister Michael Lugwig (SPÖ) an der „Jungfernfahrt“ der „österreichisch-amerikanischen Freundschaftsstraßenbahn“ teil. Die ULF-Bim der Wiener Linien fährt nun „als rollendes Symbol der langen österreichisch-amerikanischen Freundschaft“, wie die das Rathaus mitteilte. Darauf zu sehen sind die wichtigen historischen Etappen der Beziehungen der beiden Länder.

Polizeiaufgebot bei Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Wien
ORF.at
Hohe Sicherheitsvorkehrungen und Straßensperren bei Pompeos Besuch in Wien

Blümel: USA zweitwichtigster Exportmarkt

Das erste Treffen des Tages fand allerdings mit Finanzminister Gernot Blümel und Unternehmensvertretern statt. Blümel berichtete gegenüber Journalisten und Journalistinnen im Anschluss von einem „guten Gespräch“. Alle seien sich einig gewesen, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit für beide Staaten sehr wichtig sei, sagte er.

Die USA seien der zweitwichtigste Exportmarkt für Österreich, so Blümel. Näher auf die Inhalte des Gesprächs wollte er nicht eingehen. Generell gebe es bei beiden Länder „ein sehr großes Interesse, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen“, so der Finanzminister. Gesprochen wurde über einen Neustart des gemeinsamen Handelns nach der Coronavirus-Krise.

Blümel empfing den US-Außenminister im barocken Winterpalais des Prinzen Eugen in der Himmelpfortgasse. An dem Treffen im Blauen Salon nahmen auch Vertreter österreichischer Unternehmen teil, darunter voestalpine-Vorstand Franz Kainersdorfer, Borealis-Chef Alfred Stern sowie Porsche-Aktionär Hans Michel Piech.

In der Mitte: Finanzminister Gernot Blümel und US-Außenminister Mike Pompeo
APA/AFP/Lisi Niesner
Beim Treffen mit Pompeo betonte Blümel das „große Interesse, Gemeinsames vor Trennendes zu stellen“

Pompeo: Österreich seit Kurz „an Bedeutung gewonnen“

Am Nachmittag traf Pompeo außerdem den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, sowie den griechischen Außenminister Nikos Dendias. Samstagfrüh reist Pompeo dann nach Warschau weiter, wo er seine Europareise beendet. Begonnen hat diese bereits am Dienstag in Tschechien. Während sich das Verhältnis der USA zum historisch eng verbündeten großen Nachbarn Deutschland unter Präsident Trump deutlich verschlechtert hat, schmiedet Trump seit seinem Amtsantritt 2017 Allianzen mit kleineren mitteleuropäischen Staaten – darunter Österreich.

Pompeo wies am Freitag auch darauf hin, dass Österreich unter Kurz für die USA an Bedeutung gewonnen habe. Seit dem Besuch von Kurz vergangenes Jahr im Weißen Haus hätten sich die Beziehungen zwischen Österreich und den USA weiter verbessert, erklärte er.