CoV-Test in einem Labor
picturedesk.com/EXPA/laPresse
Über 300 Neuinfizierte

Rund ein Drittel Reiserückkehrer

Mehr als 300 Neuinfektionen mit dem Coronavirus sind von Freitag auf Samstag in Österreich registriert worden. Das ist der höchste tägliche Zuwachs seit Anfang April. Wie schon an den vorangegangenen Tagen setzen sich die neuen Fälle aus etlichen kleinen Cluster-Bildungen im familiären Bereich zusammen. Bei rund einem Drittel der Neuinfizierten handelt es sich um Reiserückkehrer, großteils aus Kroatien.

„In einer am Freitag erteilten Weisung und einem Erlass von Innenminister und Gesundheitsminister wurde daher eine weitere Verstärkung der Grenzkontrollen an den betroffenen Grenzübergängen angeordnet“, teilte das Gesundheitsministerium am Samstagnachmittag in einer Presseaussendung mit. Schon in den vergangenen Wochen sei die Kontrolltätigkeit schrittweise erhöht worden. Am Freitag habe es fast 60.000 Kontrollen gegeben.

Laut den offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums stieg die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus zuletzt merklich. Zwischen Freitag, 16.00 Uhr, und Samstag, 16.00 Uhr, wurden 301 neue Fälle über das Epidemiologische Meldesystem (EMS) bestätigt, wie aus dem amtlichen Dashboard des Gesundheitsministeriums hervorgeht. ORF.at verwendet immer die EMS-Zahlen als Basis seiner Berichterstattung – mehr dazu in ORF.at/corona.

Reisewarnung

Eine Reisewarnung berechtigt in manchen Fällen zu einem Gratisstorno einer gebuchten Reise. Eine Reisewarnung ist aber kein Reiseverbot. Sollte allerdings eine Rückholaktion aus einer Region oder einem Land durchgeführt werden, für das es eine Reisewarnung gibt, können die Reisenden an den Konsularkosten beteiligt werden.

Ab Montag gilt Reisewarnung für Kroatien

Ab Montag gelten für Kroatien eine Reisewarnung und verschärfte Einreisebestimmungen nach Österreich. Mehrere zehntausend heimische Urlauberinnen und Urlauber dürften davon betroffen sein. Wie bereits aus anderen „Risikogebieten“ wie dem Kosovo, Serbien und Bosnien-Herzegowina müssen sie ab Montag bei der Einreise entweder ein aktuelles Gesundheitsattest mit negativem Testergebnis vorlegen oder innerhalb von 48 Stunden in Österreich einen Test einleiten. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses hat eine Heimquarantäne eingehalten zu werden. Diese sei „rechtlich verpflichtend umzusetzen“, betonte das Gesundheitsministerium.

Touristen in Zadar, Kroatien
APA/AFP/Denis Lovrovic
Gut besuchte Promenade in Zadar: Viele Österreicherinnen und Österreicher halten sich derzeit noch in Kroatien auf

Kurz forderte strengere Grenzkontrollen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuvor strengere Kontrollen von Rückkehrerinnen und Rückkehrern an den Grenzen gefordert. „Es ist dringend notwendig, dass die Gesundheitsbehörden sicherstellen, dass hier flächendeckender kontrolliert wird als bisher“, so Kurz am Samstag. Kurz hält es im Interview mit der Tageszeitung „Österreich“ auch für sinnvoll, dass Coronavirus-Tests für Rückkehrer direkt an der Grenze durchgeführt werden.

An den Gesundheitsbehörden übte der Bundeskanzler Kritik: „Die Gesundheitsbehörden müssen besser werden in ihrer Arbeit. Das betrifft das Durchführen von Testungen. Es dauert noch immer zu lange, bis die Betroffenen die Ergebnisse bekommen. Aber auch die Quarantänemaßnahmen müssen schneller umgesetzt werden“, sagte Kurz. Die FPÖ verteidigte die Gesundheitsbehörden gegen Kurz’ Kritik. Wenn der Kanzler hier Verbesserungsbedarf orte, dann kritisiere er de facto seine eigene Arbeit, sagte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz am Samstag in einer Aussendung. Die Gesundheitsbehörden würden streng nach Vorschrift arbeiten.

Der Anstieg an Infektionen hat noch einmal jenen von Donnerstag auf Freitag übertroffen, den Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) als besorgniserregend bezeichnet hatte. Auch Bundeskanzler Kurz äußerte sich besorgt: „Es war absehbar, dass durch die Reisebewegungen in der Ferienzeit die Zahl der Neuinfektionen steigt. Aber ja, ich mache mir Sorgen: Die aktuellen Zahlen sind besorgniserregend.“

Nehammer für mehr Gesundheitspersonal an Grenzen

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) forderte unterdessen mehr Gesundheitspersonal an den Grenzen, um die Kontrollen von heim- bzw. durchreisenden Urlaubern effizienter gestalten zu können. „Die Polizei kontrolliert derzeit deutlich mehr als die Gesundheitsbehörden“, sagte Nehammer am Samstag.

Seit Anfang August 2020 habe man mehr als 800.000 polizeiliche Kontrollen an den Grenzen und im grenznahen Hinterland vorgenommen. Davon wurden etwa 650.000 gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden abgewickelt. „Etwa 150.000 Kontrollen mussten aber ohne Beteiligung der Gesundheitsbehörden vorgenommen werden“, sagte Nehammer. Die Gesundheitsbehörden müssten „ihren Personaleinsatz sofort erhöhen, um effiziente und gemeinsame Kontrollen sicherzustellen“.

Freiwilliges Screening für Kroatien-Rückkehrer

Anschober kündigte unterdessen ein neues Testprogramm für Urlauberinnen und Urlauber an, die zwischen 7. und 17. August aus Kroatien zurückgekehrt sind bzw. zurückkehren.

„Wir wollen mit diesem freiwilligen Screening-Programm detailliert kontrollieren, wie hoch die Infektionsrate bei Reiserückkehrern aus Kroatien in den vergangenen Tagen vor den neuen verschärften Einreisebestimmungen tatsächlich war und ist und zusätzlich zu den bereits positiv getesteten Reiserückkehrenden aus Kroatien auch möglichst viele Rückkehrer ohne Symptome testen“, gab Anschober am Samstagnachmittag bekannt. Damit wolle man „die Dunkelziffer möglichst klein halten und genaue Informationen über das tatsächliche Infektionsgeschehen erhalten“.

Anschober-Appell: „Testmöglichkeit nützen“

Ab Montag ist es für die gesamte kommende Woche für die betroffenen Kroatien-Heimkehrer möglich, sich bei der Coronavirus-Hotline 1450 zu melden und – auch bei Vorliegen keiner Symptome – eine Gratistestung zu erhalten. „Da es sich hier um große zusätzliche Testmengen handeln wird, ist nicht auszuschließen, dass das Ergebnis in Einzelfällen nicht innerhalb der vorgegebenen 48 Stunden vorliegen wird“, sagte Anschober und ersuchte um Verständnis. Der Gesundheitsminister appellierte an alle Betroffenen, „diese Testmöglichkeit zu nützen und bis zum Vorliegen des Ergebnisses sich so zu verhalten, dass es im Infektionsfall zu keinen Ansteckungen kommen kann“.

Grundsätzlich sollten alle Urlauberinnen und Urlauber „die Grundregeln des Schutzes vor Corona“ – Hygienemaßnahmen, Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz – in den Ferien jedenfalls immer dort beachten, wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, bekräftigte Anschober.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigte sich von den gesetzten Schritten nach einer Sitzung der Landesgesundheitsreferenten angetan. „Als Wiener Gesundheitsstadtrat begrüße ich ausdrücklich, dass nun erste Schritte gesetzt werden, um die Situation rund um die Reiserückkehrer zu stabilisieren“, meinte er. Auch aus anderen Bundesländern kamen ähnliche Signale – mehr dazu in kaernten.ORF.at und noe.ORF.at.

Spielfeld: Reiseverkehr hält sich noch in Grenzen

Das Rückreiseaufkommen ist unterdessen noch nicht so groß: Der für Samstag befürchtete Ansturm an Rückreisenden blieb an den steirischen Grenzen zu Slowenien aus. Auch am Sonntag werde seitens der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz nicht mit einem Riesenstau gerechnet – mehr dazu in steiermark.ORF.at. Auf dem Brenner kontrollieren unterdessen Bundesheer und Polizei Urlaubsheimkehrer und Einheimische. Der Ausweichverkehr aus den Balkan-Staaten soll so verhindert werden. Bei einigen sorgten die Kontrollen am Samstag für Verwirrung – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Schallenberg: „Es kann weitere Reisewarnungen geben“

Dass die Behörden auch auf die Mitwirkung der Reisenden angewiesen sind, ließ ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg im Interview mit der ZIB2 am Freitagabend durchblicken. Es werde zwar Stichproben geben, aber es gehe um die Eigenverantwortung, so Schallenberg. Bei der Umgehung der Vorgaben handle es sich um „kein Kavaliersdelikt“. Der Außenminister sprach die „dringende Empfehlung“ aus, sich daran zu halten und nicht zu versuchen, den Behörden „ein Schnippchen zu schlagen“.

Außenminister: „Kann weitere Reisewarnungen geben“

Außenminister Alexander Schallenberg erklärte die Reisewarnung für Kroatien mit den steigenden CoV-Fallzahlen. Er appellierte an die Eigenverantwortung der Österreicher, die sich im Ausland aufhalten, und schloss weitere Reisewarnungen für beliebte Urlaubsdestinationen nicht aus.

Zugleich schloss er weitere Reisewarnungen nicht aus. „Es kann weitere Reisewarnungen geben“, so der Außenminister in der ZIB2, „auch für beliebte Urlaubsdestinationen.“ Zu einer möglichen Ausweitung der Reisewarnung für Spaniens Festland auf die Balearen meinte er: „Wir beobachten die Situation und sehen neue Höchstzahlen.“ Der Sommer 2020 sei eben „kein normaler Sommer“, und solche Vorwarnungen könnten sehr kurzfristig ausfallen.

Kroatien um Beruhigung bemüht

Der kroatische Innenminister Davor Bozinovic sieht die österreichische Reisewarnung als „Teil der Vorgehensweise von Ländern, die sich für den Herbst eine möglichst gute epidemiologische Lage wünschen“. Gleichzeitig war er bemüht, im Ausland die Botschaft zu vermitteln, dass nur einzelne Regionen und nicht das ganze Land von steigenden Infektionszahlen betroffen seien.

„In den Regionen, wo sich die meisten Touristen aus Österreich befinden, gibt es eine günstige epidemiologische Situation“, sagte Bozinovic. Es bestehe eine intensive Kommunikation mit den österreichischen Behörden, um auf die spezifische Situation in einzelnen Regionen hinzuweisen, so der Innenminister.

Kroatien meldete am Freitag eine Rekordzahl an Neuansteckungen mit dem Coronavirus. 208 Infektionen seien in den vergangenen 24 Stunden erfasst worden, teilte der nationale Krisenstab in Zagreb mit. Das ist der höchste Tageswert, der seit Beginn der Pandemie in dem Land im Februar registriert wurde. Am Vortag hatte die Behörde 180 Neuansteckungen vermeldet. In den letzten zwei Monaten war der Wert zwischen rund 30 und 100 geschwankt.