HRW prangert Haftbedingungen in Äthiopien an

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat die Haftbedingungen von Oppositionellen und Journalisten in Äthiopien angeprangert. Die Insassen hätten keinen Zugang zu einem Anwalt und seien einer möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus ausgesetzt, erklärte die Organisation gestern. Die Ermordung eines beliebten Sängers hatte landesweite Proteste ausgelöst.

9.000 Festnahmen

Dabei wurden mehr als 9.000 Menschen festgenommen. Es sei zu befürchten, dass die Behörden in Äthiopien ihre alte Praxis, erst zu verhaften und später zu ermitteln, nicht aufgegeben haben. „Die Behörden sollten umgehend auf Tatsachen beruhende Anklagen gegen die Gefangenen erheben oder sie freilassen“, hieß es in einer Erklärung von HRW. Mindestens zwei der Gefangenen seien bereits positiv auf das Coronavirus getestet wurden. HRW forderte, die Zahl der Inhaftierten in den Gefängnissen zu reduzieren.

Der Ende Juni ermordete Sänger Hachalu Hundessa gehörte den Oromo an, der größten Volksgruppe in Äthiopien. In seiner Musik hatte er oft das Gefühl der Oromo ausgedrückt, wirtschaftlich und politisch benachteiligt zu werden. Auch der amtierende Ministerpräsident Abiy Ahmed gehört den Oromo an. Der Tod des Sängers löste eine Welle der Gewalt im Land aus, dabei kamen mehr als 200 Menschen ums Leben, insbesondere in der Oromia-Region um die Hauptstadt Addis Abeba.

Im Juli gestanden zwei Männer nach Behördenangaben den Mord an Hundessa. Die Tat sei Teil einer Verschwörung zum Sturz der Regierung gewesen, erklärte die äthiopische Generalstaatsanwältin Abebech Abbebe im staatlichen Fernsehen. Äthiopien mit seinen 100 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist ein Vielvölkerstaat, in dem es immer wieder Spannungen zwischen den Volksgruppen gibt. Die Behörden hatten wiederholt Oppositionelle für die Unruhen verantwortlich gemacht.