Österreichische Polizeibeamte an der Grenze
Reuters/Andreas Gebert
Steigende CoV-Zahlen

Mehr Grenzkontrollen, Tests für Urlauber

Angesichts steigender Coronavirus-Zahlen, viele davon sind auf Kroatien-Rückkehrerinnen und -Rückkehrer zurückzuführen, hat die Regierung neue Maßnahmen angekündigt. Neben verstärkten Grenzkontrollen soll es ab Montag ein Testprogramm für Urlauber aus Kroatien geben. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rief die Bevölkerung in einem Appell zu Vorsicht auf. Man müsse alles tun, „um die Gesundheit in Österreich zu schützen“ sowie „um einen zweiten Lockdown zu verhindern“, so Kurz.

Man wolle „Personen, die in den letzten zehn Tagen aus Kroatien zurückgekehrt sind, die Möglichkeit anbieten, sich testen zu lassen“, kündigte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in einer Aussendung am Sonntag an. Für jene Urlauber, die noch ohne verschärfte Einreisebestimmungen zwischen 7. August und Montag, 17. August, 0.00 Uhr, aus Kroatien eingereist sind, gibt es ab Montagfrüh „die Möglichkeit eines Gratis-Covid-Tests via 1450 – auch wenn keine Symptome vorliegen“.

„Wir wollen mit diesem freiwilligen Screening-Programm detailliert kontrollieren, wie hoch die Infektionsrate bei Reiserückkehrern aus Kroatien in den vergangenen Tagen vor den neuen verschärften Einreisebestimmungen tatsächlich war und ist und zusätzlich zu den bereits positiv getesteten Reiserückkehrenden aus Kroatien auch möglichst viele Rückkehrer ohne Symptome testen“, hatte Anschober zuvor am Samstag bekanntgegeben. Damit wolle man „die Dunkelziffer möglichst klein halten und genaue Informationen über das tatsächliche Infektionsgeschehen erhalten“.

„Da es sich hier um große zusätzliche Testmengen handeln wird, ist nicht auszuschließen, dass das Ergebnis in Einzelfällen nicht innerhalb der vorgegebenen 48 Stunden vorliegen wird“, sagte Anschober und ersuchte um Verständnis. Der Gesundheitsminister appellierte an alle Betroffenen, „diese Testmöglichkeit zu nützen und bis zum Vorliegen des Ergebnisses sich so zu verhalten, dass es im Infektionsfall zu keinen Ansteckungen kommen kann“.

Appell zu Schutzmaßnahmen

Grundsätzlich sollten alle Urlauberinnen und Urlauber „die Grundregeln des Schutzes vor Corona“ – Hygienemaßnahmen, Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz – in den Ferien jedenfalls immer dort beachten, wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, bekräftigte Anschober.

Laut den offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums stieg die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus zuletzt merklich. Zwischen Freitag, 16.00 Uhr, und Samstag, 16.00 Uhr, wurden 301 neue Fälle über das Epidemiologische Meldesystem (EMS) bestätigt, wie aus dem amtlichen Dashboard des Gesundheitsministeriums hervorgeht.

Rund ein Drittel der Neuinfektionen wurde bei Reiserückkehrern verzeichnet, hieß es vom Ministerium zudem. Am Sonntag wurden im 24-Stunden-Vergleich 185 Neuinfektionen gemeldet. „Seit einigen Tagen ist die Zahl der Reiserückkehrenden aus Kroatien die größte einzelne Gruppe bei den Neuinfektionen“, so Anschober in einer Aussendung vom Sonntag. ORF.at verwendet immer die EMS-Zahlen als Basis seiner Berichterstattung – mehr dazu in ORF.at/corona .

Reisewarnung

Eine Reisewarnung berechtigt in manchen Fällen zu einem Gratisstorno einer gebuchten Reise. Eine Reisewarnung ist aber kein Reiseverbot. Sollte allerdings eine Rückholaktion aus einer Region oder einem Land durchgeführt werden, für das es eine Reisewarnung gibt, können die Reisenden an den Konsularkosten beteiligt werden.

Verstärkte gesundheitsbehördliche Kontrollen

Zudem wurde laut der Presseaussendung des Gesundheitsministeriums „in einer am Freitag erteilten Weisung und einem Erlass von Innenminister und Gesundheitsminister“ eine „weitere Verstärkung der Grenzkontrollen an den betroffenen Grenzübergängen angeordnet." Schon in den vergangenen Wochen sei die Kontrolltätigkeit schrittweise erhöht worden. Am Freitag habe es fast 60.000 Kontrollen gegeben.

Die gesundheitsbehördlichen Einreisekontrollen seien „im Rahmen der Schengener Ausgleichsmaßnahmen in Grenznähe bzw. – wo dies aufgrund bestehender stationärer Grenzkontrollen möglich ist – direkt an der Grenze … umgehend bis auf Weiteres massiv zu verstärken“, heißt es in dem Erlass.

Zudem hält es das Gesundheitsministerium für „erforderlich, dass das Assistenzpersonal entsprechend geschult und angewiesen wird, darauf zu achten, dass die Formulare nachweislich korrekt und leserlich ausgefüllt werden“. Der Erlass wurde den einzelnen Bundesländern übermittelt, die ihn den in ihrem Wirkungsbereich zuständigen Gesundheitsbehörden zur Kenntnis zu bringen und die Einhaltung zu überwachen haben.

Ab Montag gilt Reisewarnung für Kroatien

Ab Montag gelten für Kroatien eine Reisewarnung und verschärfte Einreisebestimmungen nach Österreich. Mehrere zehntausend heimische Urlauberinnen und Urlauber dürften davon betroffen sein. Wie bereits aus anderen „Risikogebieten“ wie dem Kosovo, Serbien und Bosnien-Herzegowina müssen sie ab Montag bei der Einreise entweder ein aktuelles Gesundheitsattest mit negativem Testergebnis vorlegen oder innerhalb von 48 Stunden in Österreich einen Test einleiten. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses hat eine Heimquarantäne eingehalten zu werden. Diese sei „rechtlich verpflichtend umzusetzen“, betonte das Gesundheitsministerium.

Touristen in Zadar, Kroatien
APA/AFP/Denis Lovrovic
Gut besuchte Promenade in Zadar: Viele Österreicherinnen und Österreicher halten sich derzeit noch in Kroatien auf

Kurz forderte strengere Grenzkontrollen

„Das Virus kommt mit dem Auto nach Österreich“, sagte zudem Bundeskanzler Kurz am Sonntag vor Medienvertretern und warnte damit vor besorgniserregenden Entwicklungen in den Ländern des Westbalkans, die auch sehr beliebte Reiseziele für Österreicher sind, die ans Meer fahren. Die Situation in Österreich sei eine sehr gute stabile in den vergangenen Wochen, aber die Entwicklung in den vergangenen Tagen sei eine „besorgniserregende“.

Gesundheitskontrollen an den Grenzen

Wer am Samstag noch von Kroatien zurückkommt, kann sich im Rahmen von Gratis-Screening-Programmen kostenlos auf CoV testen lassen. Heimkehrer, die ab Mitternacht einreisen, müssen dann selbst einen negativen Test vorweisen oder sich in Quarantäne begeben. Bundeskanzler Sebsatian Kurz kündigte am Sonntag verstärkte Gesundheitskontrollen an den Grenzen an.

Kurz appellierte: „Bitte, seien Sie vorsichtig. Die Zahlen steigen wieder, die Corona-Pandemie ist noch nicht überstanden, und wir müssen alles tun, um die Gesundheit in Österreich zu schützen, vor allem aber auch, um einen zweiten Lockdown zu verhindern, damit nicht Arbeitsplätze und die Wirtschaft gefährdet sind.“ Die größte Gruppe unter den aktiv Infizierten seien mittlerweile junge Menschen, die oft asymptomatisch seien und gar nicht merken, dass sie das Virus in sich tragen. Sie würden aber Familienmitglieder anstecken und ältere Menschen gefährden.

Er forderte wie schon am Samstag an den Grenzen verstärkt Checks durch die Gesundheitsbehörden. Kurz sagte, er wisse, dass Grenzkontrollen für die Gesundheitsbehörden ressourcenintensiv seien, „aber das Bundesheer steht zur Verfügung“. Er bat, im Rahmen des Assistenzeinsatzes das Bundesheer anzufordern, damit die Kontrollen im vollem Umfang durchgeführt werden können. Kurz wies Spekulationen zurück, dass er die Arbeit des Gesundheitsministers kritisiere: „Wir arbeiten sehr gut zusammen in der Bundesregierung, wir arbeiten auch sehr gut zusammen mit den Ländern.“

NEOS und FPÖ verteidigen Gesundheitsbehörden

Demgegenüber zeigte sich NEOS verwundert, dass Kurz strengere Kontrollen an den Grenzen fordere und die Gesundheitsbehörden kritisiere. „Die Gesundheitsbehörden haben keine 15.000 Tests pro Tag versprochen. Die Gesundheitsbehörden haben auch keine Ergebnisse binnen 24 Stunden nach der Testung versprochen. Das waren Ankündigungen der Regierung“, sagte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. „Und – kleine Erinnerung: Kurz ist Chef dieser Regierung. Er soll also bitte aufhören, dem Koalitionspartner und der Öffentlichkeit Dinge über die Medien auszurichten und zu ,fordern’, er soll endlich tun.“

Die FPÖ hatte die Gesundheitsbehörden bereits am Samstag gegen Kurz’ Kritik verteidigt. Wenn der Kanzler hier Verbesserungsbedarf orte, dann kritisiere er de facto seine eigene Arbeit, sagte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz am Samstag in einer Aussendung. Die Gesundheitsbehörden würden streng nach Vorschrift arbeiten.

Nehammer für mehr Gesundheitspersonal an Grenzen

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) forderte unterdessen mehr Gesundheitspersonal an den Grenzen, um die Kontrollen von heim- bzw. durchreisenden Urlaubern effizienter gestalten zu können. „Die Polizei kontrolliert derzeit deutlich mehr als die Gesundheitsbehörden“, sagte Nehammer am Samstag.

Seit Anfang August 2020 habe man mehr als 800.000 polizeiliche Kontrollen an den Grenzen und im grenznahen Hinterland vorgenommen. Davon wurden etwa 650.000 gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden abgewickelt. „Etwa 150.000 Kontrollen mussten aber ohne Beteiligung der Gesundheitsbehörden vorgenommen werden“, sagte Nehammer.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigte sich von den gesetzten Schritten nach einer Sitzung der Landesgesundheitsreferenten angetan. „Als Wiener Gesundheitsstadtrat begrüße ich ausdrücklich, dass nun erste Schritte gesetzt werden, um die Situation rund um die Reiserückkehrer zu stabilisieren“, meinte er. Auch aus anderen Bundesländern kamen ähnliche Signale – mehr dazu in kaernten.ORF.at und noe.ORF.at .

Staus an Grenzen

Am Sonntag machten sich unterdessen Tausende Österreicher von ihrem Urlaubsort in Kroatien auf den Heimweg, an den Grenzen staut es sich – mit stundenlangen Wartezeiten ist zu rechnen – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Am Sonntag werde seitens der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz hingegen nicht mit einem Riesenstau gerechnet – mehr dazu in steiermark.ORF.at . Auf dem Brenner kontrollieren unterdessen Bundesheer und Polizei Urlaubsheimkehrer und Einheimische. Der Ausweichverkehr aus den Balkan-Staaten soll so verhindert werden. Bei einigen sorgten die Kontrollen am Samstag für Verwirrung – mehr dazu in tirol.ORF.at .

Kroatischer Premier: Gespräche mit Österreich

Der kroatische Premierminister Andrej Plenkovic sagte, man sei in Zusammenhang mit Reisewarnungen in Gesprächen mit Österreich und Slowenien. Diese Länder würden das Problem anhand ihrer statistischen Daten beurteilen. Sie würden zählen, wie viele Menschen infiziert aus dem Urlaub zurückkehren. Angesichts des Schulbeginns am 1. September hätten die Staaten Angst vor einer Infektionsausbreitung in den Schulen, so Plenkovic.

Er erwarte, dass das kroatische diplomatische Netzwerk, das Tourismus- und das Gesundheitsministerium die epidemiologische Situation in größerer Detailliertheit kommunizieren, heruntergebrochen auf Distrikte. Der Premier sagte, dass die Situation sowohl im Primorje-Gorski-Kotar-Distrikt als auch in Istrien und Lika zufriedenstellend sei.