Leeres Klassenzimmer
ORF.at/Zita Klimek
„Normaler“ Schulbeginn

Heimunterricht hängt an CoV-Ampel

In genau drei Wochen beginnt in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland die Schule. Geht es nach ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, soll dieser Schulstart in der Coronavirus-Krise „als normaler Regelbetrieb“ über die Bühne gehen. „Schichtbetrieb“ und geteilte Klassen wie vor den Ferien soll es vorerst nicht geben. Springt die vom Gesundheitsministerium geplante Ampel auf Rot, würde jedoch wieder auf Heimunterricht umgestellt.

Insgesamt gelte es, großflächige Schulschließungen zu vermeiden, auch wenn es wahrscheinlich zu einzelnen Schließungen kommen werde. Wie sich die Ampelschaltung konkret gestalten wird, ist bis dato nicht bekannt. Das Gesundheitsministerium hat den Start des Normalbetriebs der „Coronavirus-Ampel“ für Anfang September angekündigt. Man brauche hier noch die „klare Definition, ab wann die Ampelfarben springen“, sagte Faßmann: „Unsere Ambition ist, uns der Ampelfarbe anzupassen.“

Steht die Ampel auf Grün, soll es an den Schulen weitgehendst Normalbetrieb geben. Es gelte überall, Vorbereitungen zu treffen, indem etwa ein Krisenteam eingerichtet wird. Ab Stufe Gelb gilt durchgehend Mund-Nasen-Schutz (MNS) als Pflicht außerhalb von Klassenräumen. Im Unterricht soll es keine Maskenpflicht geben, wie Faßmann erneut betonte. Gesungen soll im gelben Modus jedoch in der Klasse nur mit Maske werden – oder draußen. Sportliche Betätigung gibt es dann nur noch im Freien, auf Kontaktsportarten muss verzichtet werden.

Erste Einschränkungen ab Orange

Ab Ampelfarbe Orange, die laut Faßmann „eine deutliche Ausweitung der Infektion“ bedeutet, wechseln die Sekundarstufe-II-Schüler (Oberstufe und berufsbildende Schulen) in den „flexiblen“ Heimunterricht. Die Schulen können in diesem Rahmen auch autonom entscheiden, kleinere Gruppen weiterhin im Präsenzbetrieb zu unterrichten – allerdings unter Auflagen. Für alle Jüngeren gibt es ab dieser Eskalationsstufe keine Schulveranstaltungen mehr und Singen nur noch im Freien. Auch Lehrerkonferenzen werden dann nur noch online abgehalten.

Notbetrieb auch bei Lockdown

Steht die Ampel auf Rot, und es kommt zum allgemeinen Lockdown in einem politischen Bezirk, gibt es für alle Schüler ein Comeback des Heimunterrichts. Ein Notbetrieb an den Schulen für jene, die ihn brauchen, soll gewährleistet bleiben. Im Kindergartenbereich gibt es bei Stufe Rot u. a. keine Durchmischung der Gruppen. Kindern im verpflichtenden letzten Kindergartenjahr ist dann das Fernbleiben gestattet.

Geplante Maßnahmen in Schulen nach Warnstufe der CoV-Ampel
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Unterrichtsministerium

Lüften alle 20 Minuten

Insgesamt sollen beim Wiedereinstieg in den Schulbetrieb vor allem Kontakte innerhalb der Klasse dominieren, um die möglichen Verbreitungswege in engeren Grenzen zu halten. „Das hat konkrete Auswirkungen, beispielsweise bei der Pausengestaltung“, so der Minister. Neben dem Einhalten der Empfehlungen zum Händewaschen, zur Hust- und Nieshygiene sowie zum Abstandhalten soll auch während des Unterrichts im 20-Minuten-Takt gelüftet werden. Man folge hier den Ratschlägen von Experten, um die Aerosollast in der Raumluft zu reduzieren, sagte Faßmann. Generell sollte so viel Unterricht wie möglich ins Freie verlegt werden. Im ländlichen Bereich sei das schon üblich.

Zeigt eine Schülerin oder ein Schüler Symptome eines CoV-Infekts, für den es keine andere einleuchtende Ursache gibt, gilt es, zu Hause zu bleiben. Bei einem Verdachtsfall in der Klasse wird das betroffene Kind abgesondert und die Gesundheitsbehörden informiert. Diese entscheidet dann, ob die Abklärung an Ort und Stelle erfolgt und über Testungen von Kontaktpersonen.

Pressekonferenz von Minister Faßmann

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, Michael Wagner (Professor an der Universität Wien), Martina Fondi und Christine Schnabl (Biomedizinerinnen der FH Campus Wien) haben einen Überblick über die Maßnahmen des Bildungsministeriums zum Schulstart im Herbst gegeben.

Eigene Hotline im Ministerium

Alle drei Wochen sollen im Rahmen eines Monitorings in Zusammenarbeit mit mehreren Universitäten 15.000 Schüler und 1.200 Lehrer an 250 Schulen über ganz Österreich verteilt getestet werden. Bei der Probennahme wird die Gurgelmethode zum Einsatz kommen. Das funktioniere auch bei Erstklässlern problemlos und sei genauso treffsicher wie die PCR-Tests via Nasen- oder Rachenabstrich. Faßmann kündigte überdies eine eigene Coronavirus-Hotline unter der Nummer 0800 21 65 95 an.

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann
ORF
Faßmann ist optimistisch, was einen „normalen“ Schulbetrieb im Herbst angeht

Konzept für SPÖ „unklar“, für FPÖ „theatralisch“

Für SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid ist das Konzept Faßmanns unklar. „Einerseits heißt es seit Wochen, es soll keinesfalls zu Schulschließungen kommen, jetzt spricht der Bildungsminister von Home-Schooling ab Ampelfarbe Gelb. Obwohl es die Kriterien für die Ampel noch gar nicht gibt“, so Hammerschmid. „Richtiger wäre, sich das Infektionsgeschehen an der Schule anzuschauen – und zwar durch Testen, Testen, Testen“, so Hammerschmid.

FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl nannte die Pressekonferenz Faßmanns eine „nahezu theatralische Inszenierung“. „Freilich, Neues ist hier nicht dabei, sondern Großteils freiheitliche Forderungen und Lösungen“, so Brückl. „In Summe lieferte Faßmann, abgesehen vom Maskenzwang am Gang, eine Blaupause unseres freiheitlichen Lösungskonzepts, stolpert jedoch über seine eigenen Ankündigungen. Wie schlussendlich angekündigte Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, steht wohl in den Sternen. Frei nach dem Motto ‚The show must go on‘ wird auch hier versucht, die Bevölkerung zu beruhigen, aber dennoch wird der Angst- und Spannungsbogen aufrechterhalten“, so Brückl.

NEOS: „Grundsätzlich positiv“, vieles aber noch unklar

„Grundsätzlich positiv“ reagierte NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre auf die Pläne: „Spät, aber doch gibt es eine Perspektive Herbst – allerdings bleibt vieles unklar. Die Abstimmung mit dem Gesundheitsminister ist über den Sommer offenbar nicht weit gediehen. Einzelmaßnahmen für die eine oder andere Ampelfarbe zu nennen ist wenig hilfreich, solange nicht feststeht, wann welche Farbe eintritt.“ Dennoch sei es gut, dass Faßmann auch einige Vorschläge von NEOS aufgegriffen habe – „wie beispielsweise die Hotline für Schulen.“

Die Grünen sind zufrieden mit den Plänen des Koalitionspartners. „Damit gibt es jetzt endlich, was wir alle in diesen unsicheren Zeiten dringend brauchen: transparente Regeln, Sicherheit und Berechenbarkeit“, so die Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann. Besonders wichtig sei ihr, „Familien klar zu sagen, dass sie in keiner Phase allein gelassen werden. Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, und dafür übernimmt der Staat Verantwortung. In Krisensituationen ist dieses Miteinander wichtiger denn je.“

Ärztekammer für Masken ab zwölf Jahren

Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Thomas Szekeres, sprach sich am Montag dafür aus, in der Schule sehr wohl das Tragen des MNS vorzuschreiben – zumindest für Kinder ab zwölf Jahren. Ihnen sei das zumutbar, sagte Szekeres bei einer Pressekonferenz zur Wiener Gesundheitspolitik im Rathaus. „Ich würde hier eine Altersgrenze ziehen. Kinder ab zwölf sind schon kleine Erwachsene.“