FPÖ-Chef Norbert Hofer
ORF/Hans Leitner
Hofer im „Sommergespräch“

FPÖ wird Wien-Wahl nicht anfechten

Beim dritten Termin der ORF-„Sommergespräche“ ist am Montag FPÖ-Chef Norbert Hofer Rede und Antwort gestanden. Thema im Gespräch mit Simone Stribl war neben den schwierigen Zeiten für die FPÖ freilich auch Ex-Chef Heinz-Christian Strache und dessen Antritt bei der Wien-Wahl im Herbst. Auch legte Hofer mögliche Zukunftspläne für seine Person dar.

Generell wollte Hofer die Frage, ob Strache aufgrund von Unklarheiten in Sachen Hauptwohnsitz bei der Wahl nun antreten darf, „emotionslos“ sehen, wie er sagte. Die Entscheidung der Wahlbehörde zugunsten Straches war zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht bekannt. Strache werde sich über das Wahlergebnis „wohl nicht freuen“, mutmaßte Hofer. Von einer Wahlanfechtung geht Hofer jedenfalls aus, doch: „Wir werden nicht anfechten.“

Kontakt mit Strache habe er keinen mehr. Gefragt, ab wann er, Hofer, und nicht mehr Strache für schlechte Wahlergebnisse der FPÖ verantwortlich gemacht werde, sagte der FPÖ-Chef: „In erster Linie ist jeder selbst für sein Wahlergebnis verantwortlich.“ Doch müsse jetzt FPÖ-Wien-Spitzenkandidat Dominik Nepp „eine Suppe auslöffeln, die andere eingebrockt haben“. Zwölf bis 15 Prozent wolle man in Wien erreichen, ließ sich Hofer zu einer Prognose hinreißen. Interessant werde für die FPÖ erst die nächste Wien-Wahl.

Die FPÖ, Strache und die Wien-Wahl

Verblasste „Liebe“

Auch zur „Doppelspitze“ der Partei zusammen mit Klubobmann Herbert Kickl nahm Hofer Stellung – auch wenn ihm die Bezeichnung missfalle: „Jeder nimmt seine Aufgabe wahr.“ „Dass man mit Kickl einen besonders starken Klubobmann habe, mag einige stören, mich freut es“, so Hofer. Generell habe man die Aufgabe, eine staatstragende Partei zu sein. Angesprochen auf den Umstand, wonach die „Liebe“ zur ÖVP aus Koalitionszeiten schon etwas verblasst sei, sagte Hofer: „Es war eine Koalition und keine Ehe.“ Die Koalition habe sehr gut funktioniert.

FPÖ-Chef Norbert Hofer
ORF/Hans Leitner
Hofer: Vorsichtig sein mit dem Virus, man dürfe aber nicht „überziehen“

Entscheidung in drei Jahren, „wohin die Reise geht“

Auch für seine persönliche Zukunft legte Hofer mögliche Szenarien dar – auch wenn man „gewisse Dinge nicht planen“ könne. Jedenfalls müsse er sich in drei Jahren entscheiden, „wohin die Reise geht“. Ob er nämlich Parteichef, Bundespräsidentschaftskandidat oder FPÖ-Burgenland-Chef sein werde. Sollte Alexander van der Bellen noch einmal für die Hofburg kandidieren, werde er nicht antreten, legte Hofer einmal mehr dar. Doch sollte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) antreten, werde er sich dem Duell gerne stellen. Das wäre sein „Lieblingsgegner“.

Generell habe er zuletzt in der Politik auch „harte Zeiten“ durchlebt. Man brauche das „innere Feuer, um bestehen zu können“, so Hofer. „Wenn man aber das Feuer verliert, ist man fehl am Platz.“ Es habe Tage gegeben, wo er dieses Feuer nicht gehabt habe, aber das habe er zu kompensieren gewusst, etwa mit Mountainbiken oder im Cockpit. Klar sei, dass die „Gegner nicht in der eigenen Partei sitzen“ dürften. Dafür sei er als Parteichef zuständig, schließlich müsse die Partei frei sein für inhaltliche Aufgaben.

Hofer über Motivation und das „innere Feuer“

„Sind nicht auf Spenden angewiesen“

Auch Thema waren die Compliance-Regeln, die der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner (FPÖ) für die Partei erarbeiten soll. „Das ist sehr aufwändig, das geht nicht in zwei Wochen“, so Hofer zum Zeitplan. Mit dem Jahreswechsel solle aber alles stehen. Das Ergebnis solle sein: keine Spenden an Vorfeldorganisation, Vereine, Ortsgruppen. Schließlich sei man auf Spenden nicht angewiesen. „Es wird künftig genau geregelt sein, wo unterstützt die Partei und wo nicht.“ Wieso das bei Strache (Stichwort „Spesenaffäre“) nicht gesehen worden sei: „Ich habe nicht gewusst, wie seine finanziellen Umstände ausschauen.“

„Viele Testungen fehlerhaft“

Auch stand freilich das Thema Coronavirus auf der Agenda des Gesprächs: Zur Reisewarnung für Kroatien habe es Alternativen gegeben, so Hofer. „Es wäre auch anders gegangen, dort wo sich die Österreicher aufgehalten haben, hat es keine erhöhten Zahlen gegeben.“ Entsprechend hätte es wohl auch eine partielle Reisewarnung getan, so der FPÖ-Chef. Überhaupt fehle für die Kontrolle an der Grenze das Personal.

Hofer über „falsche Tests“

„Kann Corona nicht mit dem Hustinettenbär vergleichen“

Zwar solle man vorsichtig sein mit dem Virus, man dürfe aber nicht „überziehen“. Die positiven Testungen seien in vielen Fällen fehlerhaft, weil es eine geringe Durchseuchung gäbe, stellte Hofer dar. Auch das Gesundheitsministerium würde das zugeben müssen, sagte Hofer auf Nachfrage. Viele Menschen seien an anderen Krankheiten gestorben, etwa an AIDS, TBC oder auch an Krankenhauskeimen.

Zur Frage, wieso er das Coronavirus immer mit anderen Krankheiten vergleiche, sagte Hofer: „Ich kann Corona nicht mit dem Hustinettenbär vergleichen.“ Darum vergleiche er mit anderen Krankheiten. Auch bei TBC gäbe es multiresistente Keime, gegen die man nichts unternehmen könne. Wichtig sei Hygiene, der Abstand sei einzuhalten, Maskenpflicht solle nur auf besonders sensible Bereiche beschränkt sein – etwa Apotheken, Arztpraxen oder Kliniken.

Hofer „kein Impfskeptiker“

Einmal mehr sprach sich Hofer gegen eine CoV-Impfverpflichtung aus. Auf den Einwand, dass eine solche auch von der Regierung ausgeschlossen worden sei, sagte Hofer: „Es ist schon vieles gesagt worden, in der Politik, was dann nicht so gekommen sei.“ Das drohe nun auch für die Impfpflicht. Er selbst sei auch nicht gegen die Grippe geimpft, gab Hofer an – doch hielt er auf Nachfrage fest, „kein Impfskeptiker“ zu sein.

Hofer über Impfpflicht, persönliche Freiheit und Solidarität

Kritik übte Hofer an Minister Anschober und an „schweren Fehlern“ in Verordnungen im Krisenmanagement zur Coronavirus-Krise. Er, Hofer, kenne die Regierungsarbeit, man müsse eine Verordnung durchlesen, bevor man sie erlasse: „27 Fehler ist ein starkes Stück.“ Ex-FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein hätte diese Fehler wohl nicht gemacht, so Hofer.

„Es wird ein Pleitetsunami kommen“

Auch verwies er auf Verfassungswidrigkeiten und brachte wiederum die Rolle der FPÖ ins Spiel: „Grund und Freiheitsrechte sind massiv eingeschränkt, darum braucht es eine Freiheitspartei.“ Die Maßnahmen seien zu spät wieder zurückgenommen worden, als man bereits gesehen habe, dass eine Spitalsüberlastung bei Weitem nicht der Fall gewesen sei. Sehr viele Betriebe würden das nicht überleben: „Hier wird es zu einem Pleitetsunami kommen“, die zweite Welle werde eine Pleitewelle sein, so Hofer. Die einzige Lösung sei ein Schuldenschnitt.

Analyse: „Erfolgsversprechende politische Strategie“

In der Analyse des „Sommergesprächs“ mit FPÖ-Chef Hofer war die Wien-Wahl Thema. Die FPÖ werde die Wahl nicht anfechten müssen, das werde wohl die Kleinpartei Der Wandel übernehmen, so der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier.

Dass Wien das wichtigste Bundesland für die FPÖ sei, bewege sich „zwischen Halbwahrheit und Zeitgeschichte“. Bei der letzten Nationalratswahl habe es dort den geringsten Stimmenanteil gegeben, so der Politologe. Dass Strache nun wohl antreten dürfe, mache wohl keinen Unterschied, sagte „Krone“-Innenpolitikchefin Doris Vettermann. Er würde sich auch bei einem Nichtantreten zum Opfer stilisieren und so trotzdem Wahlkampf machen.

Analyse von Peter Filzmaier und Doris Vettermann

Der Politologe und die „Krone“-Journalistin analysieren die Aussagen von FPÖ-Chef Norbert Hofer.

Das „Ibiza-Erbe“ inklusive „Spesenskandal“ wiege für die FPÖ natürlich schwer, so Vettermann. Doch wenn Hofer sage, er wolle ein Team aufbauen, dem man vertrauen könne, dann stelle sich die Frage, ob man als FPÖ auf Personen wie Ursula Stenzel setzen kann oder soll. Stenzel finde ja die rechtsextremen Identitären „nicht so rechtsextrem“, so Vettermann.

Der Versuch der FPÖ, die CoV-Skeptiker und Impfgegner zu mobilisieren, sei eine „sehr erfolgversprechende politische Strategie“, so Filzmaier. Damit könne die FPÖ die Stimmen von „Corona-Verlierern sammeln“. Über die eigene Zukunft sei sich Hofer offenkundig selbst nicht im Klaren, wie Vettermann und Filzmaier unisono sagten.