Übeschwemmung in der südoststeirischen Gemeinde St. Stefan im Rosental
APA/Feuerwehr St. Stefan/R/Martin Weinhandl
Erderwärmung

Unwetter am Rand des Westwindbands

Die Erderwärmung ist selbst in unseren Breiten mittlerweile für alle erkenn- und spürbar: Rekordhitze, Rekordtrockenheit und nicht zuletzt stärkere und häufigere Unwetter sind untrügliche Zeichen dafür. Letzteres hat vor allem mit der von der Erderwärmung ausgelösten Verschiebung des Westwindbands, das das Wetter in Österreich bestimmt, in Richtung Nordpol zu tun.

Zuletzt hatten Hochwasser, Überflutungen und Muren in vielen Regionen Österreichs für teils schwere Schäden gesorgt. In der Wahrnehmung vieler nehmen solche Wetterereignisse in den letzten Jahren deutlich zu. Langfristige Vergleiche sind gerade bei Unwettern aufgrund einer wenig einheitlichen Datengrundlage schwierig oder nur in Annäherungen möglich. Doch der Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), Georg Pistotnik, bestätigt gegenüber ORF.at, dass Starkregen und die damit verbundenen Folgen „ganz grob gesagt“ häufiger werden.

Ausgelöst wird diese Tendenz durch die Klimaveränderung. Denn die heute wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als bei den in der Vergangenheit im Durchschnitt niedrigeren Temperaturen. Dazu kommt, dass im Sommer „bestimmte Wetterlagen dazu neigen, länger zu dauern als früher“. Befinde sich also erst einmal ein Tiefdruckgebiet über Österreich, so halte das Tief in der Regel länger an. Wenn es tagelang hintereinander regnet, seien auch die Folgen – etwa Hangrutschungen – größer, da die Böden rascher an ihre Aufnahmegrenze kommen.

Überschwemmung bei einer Garage nahe St. Egyden in Niederösterreich
Einsatzdoku.at
Überschwemmte Garage bei St. Egyden (Niederösterreich)

Die Westwindzone

Mit Westwindzone ist die Luftzirkulation in den mittleren Breiten der nördlichen und südlichen Erdhalbkugel gemeint. Das Windband verläuft in Rotationsrichtung der Erde, also von West nach Ost. Diese Luft ist – anders etwa als die Passatwinde – gemäßigt temperiert und relativ feucht.

Von der Mitte an den Rand

Grund für diese Tendenz länger vorhaltender Wetterlagen ist, dass sich die für das heimische Wetter bestimmende Westwindzone wegen der auch am Nordpol gestiegenen Temperaturen nach Norden verschiebt. Im Sommer liege Österreich dadurch zunehmend am Rande dieser Zone, so Pistotnik. Bestehende Tiefdruckgebiete, die vom Westwindband gesteuert werden, werden dadurch weniger bewegt und können länger verharren. Pistotnik spricht hier von „passiven“ Wetterlagen.

Diese Verschiebung der Westwindzone nach Norden sei bereits gut nachgewiesen. Die Folge ist, dass lokale Bedingungen bei länger anhaltenden stabilen Wetterlagen an Bedeutung gewinnen. Vermutet wird von Fachleuten zudem, dass sich die Westwinde abschwächen. Das wird in der Klimaforschung aber noch kontrovers diskutiert. Zudem gibt es Anzeichen, dass sich aufgrund der Erderwärmung die Gewittersaison in Richtung Frühling und Herbst ausdehnt. Im Hochsommer, den klassischen Gewittermonaten, könnten diese wegen stabilerer subtropischer Hochdrucklagen leicht zurückgehen.

Sturmschäden im Gemeindewald von Kukmirn im Burgenland
ORF
Sturmschäden im Gemeindewald von Kukmirn im Burgenland

Allerdings ist der heurige Sommer praktisch die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Denn heuer ist das Westwindband laut dem ZAMG-Experten „stark ausgeprägt und relativ weit südlich positioniert“ und damit nicht typisch für die beobachtbare allmähliche Verschiebung.

Lokale „Vorgeschichte“

Je beständiger ein Tief, desto wichtiger sind die lokalen Gegebenheiten und die dortige „Vorgeschichte“, was Unwetter und Gewitter betrifft. Denn das „Recycling“ von Feuchtigkeit aus dem Boden spielt hier eine große Rolle. Dann steigt in Gegenden mit feuchten Böden die Neigung zu Regen und Gewittern. Wenn es in einer Gegend im Frühling viel regnet, kann das laut Pistotnik dazu führen, dass es auch im Sommer viel regnet und gewittert. Gleiches gilt umgekehrt bei passiver Wetterlage im Sommer, wenn der Frühling ausgesprochen trocken war. Heuer wurde dieses Muster allerdings durch eine „aktive Wetterlage“ in den Monaten Mai und Juni, die viel Niederschlag brachte, gebrochen.