Kontrollen an der Grenze zwischen Slowenien und Österreich beim Karawankentunnel
APA/Gerd Eggenberger
Stauchaos an Grenze

Ministerium weist Kärntner Kritik zurück

Tausende Urlauberinnen und Urlauber sind von Samstag auf Sonntag an den Kärntner Grenzübergängen bis zu zwölf Stunden gestanden. Kärnten macht eine am Freitag veröffentlichte Verordnung zur Kontrolle von Rückreisenden an den Grenzen dafür verantwortlich. Das Gesundheitsministerium wies die Kritik am Sonntag aber umgehend zurück.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hatte betont, die Verordnung sei nicht mit dem Land abgesprochen gewesen. Am Sonntag in den frühen Morgenstunden entschieden die Behörden, die extrem strengen Kontrollen für die Einreisenden aus Slowenien zu lockern. Kaiser erklärte, er habe wegen Gefahr im Verzug angeordnet, dass bei Transitreisenden nur noch stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden: „Das Menschenwohl steht da im Mittelpunkt.“

In einer Aussendung betonte das Ministerium von Rudolf Anschober (Grüne), lokale Gesundheitsbehörden könnten sehr wohl auch stichprobenartige Kontrollen durchführen. Sie müssen bei der Einreise überprüfen, ob die Vorgaben der Verordnung für die Einreise eingehalten werden.

„Verhältnismäßig vorgehen“

Konkret hielt das Gesundheitsministerium fest: „Es gilt, bei den Kontrollen verhältnismäßig vorzugehen, wobei insbesondere die Verkehrslage, die Vermeidung von Staus und die Versorgung der Ein- und Durchreisenden zu berücksichtigen sind.“ Außerdem wurde darauf verwiesen, dass die Details zu dieser Novelle am Freitag öffentlich kommuniziert worden seien.

Grenzchaos: Politische Wogen gehen hoch

Das Vorgehen der Regierung, das zum Megastau am Grenzübergang Karawankentunnel geführt hat, sei stümperhaft, kritisiert die Opposition.

„Nur in Kärnten“

Die CoV-bedingten Kontrollen an der Grenze würden seit Längerem – und stichprobenartig – durchgeführt. Dabei sei es bisher nie zu unverhältnismäßig langen Wartezeiten gekommen. Das Problem sei „nur in Kärnten aufgetreten, da auch jede und jeder Durchreisende kontrolliert wurde“, stellte das Ministerium klar. Man habe gegenüber den Kärntner Gesundheitsbehörden nun klargestellt, dass vor allem bei Durchreisenden lediglich stichprobenartige Kontrollen vorzunehmen seien.

Mitarbeiter des Roten Kreuz an der Grenze zu Slowenien
ORF
Bis zu zwölf Stunden mussten Reisende vor dem Karawankentunnel in Kärnten warten

Tatsächlich galten weite Teile Norditaliens lange als Risikogebiet. Zu Staus auf dem Brenner kam es dort aber allein deshalb nicht, weil die Risikoeinstufung vor Beginn der Haupturlaubssaison aufgehoben worden war.

Die Novelle sieht vor, dass alle, die aus einem Risikogebiet – wie derzeit Kroatien – einreisen oder von dort kommend durchreisen wollen, ein entsprechendes Formular vorweisen müssen. Dieses könne man auch von der Website des Ministeriums herunterladen.

Zwist zwischen Kärnten und Bund

Abzuwarten bleibt, ob die Probleme an der Grenze und der nunmehrige Zwist über die Verantwortung dafür die Beziehungen zwischen dem Bund und dem Land Kärnten belasten. Eine enge Kooperation wäre gerade jetzt, kurz vor Einführung der „CoV-Ampel“ besonders wichtig.

Kaiser sagte, er habe mit dem Gesundheitsministerium telefoniert und darauf hingewiesen, dass die rigorose Umsetzung der Verordnung zu unzumutbaren Zuständen führe, allein die Hygienesituation sei untragbar. „Diese Verordnung war auch nicht abgesprochen. Wir werden morgen (Montag, Anm.) im Koordinationsgremium des Landes besprechen, wie wir weiter vorgehen“, sagte der Landeshauptmann – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Am Sonntagnachmittag legte dann die Kärntner Landesgesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) in einer Aussendung noch mit einer weiteren Kritik am Gesundheitsministerium nach. Auch jene neue Verordnung, mit der 24-Stunden-Betreuungskräfte von der Testverpflichtung entbunden werden, sei „unverständlich“. Diese sei quasi „überfallsartig“ verabschiedet und nicht mit den zuständigen Gesundheitsreferenten abgestimmt worden, so Prettner – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Staus lösten sich langsam auf

Zumindest auf der Autobahn selbst entspannte sich die Situation im Laufe des Sonntags. Knapp vor Mittag war die Kolonne vor dem Karawankentunnel auf slowenischer Seite „nur“ noch fünf Kilometer lang, mit fallender Tendenz, wie es von der Polizei hieß. Auf dem Loiblpass gab es überhaupt keinen Rückstau mehr.

Beim Karawankentunnel hatten die heimreisenden Urlauberinnen und Urlauber laut Polizei von Samstag auf Sonntag bis zu zwölf Stunden auf die Abfertigung warten müssen, und auch beim Loibltunnel dauerte es in der Nacht sieben Stunden, bis die Grenze passiert war.

Nach Verordnung: Chaos an Südgrenze

Die seit Samstag geltende Verordnung zu den Grenzkontrollen bei der Einreise nach Österreich hat in der Nacht auf Sonntag für Chaos an den Grenzübergängen in Kärnten gesorgt. Reisende mussten bis zu zwölf Stunden ausharren. Laut Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) war die Verordnung nicht mit dem Land abgesprochen.

Die Wartenden waren für einen derartigen Stau nicht gerüstet, es taten sich grundsätzliche Probleme auf wie etwa die Frage, wo man auf die Toilette gehen konnte. Teilweise musste die Autobahn herhalten. Den Reisenden gingen zudem die Getränke aus, keiner hatte damit gerechnet, die ganze Nacht vor dem Tunnel warten zu müssen. Vor allem deutsche und niederländische Urlauberinnen und Urlauber waren auf der Heimreise. Nicht wenige von ihnen machten ihrem Ärger telefonisch bei der Polizei Luft.

Slowenien war nicht informiert

„Die slowenische Polizei wurde über die veränderte Arbeitsweise der österreichischen Grenzbehörden nicht informiert“, sagte der Sprecher der Polizeidirektion Kranj. Die Staus seien in diesem Zeitraum üblich, heuer würden pandemiebedingte Maßnahmen zusätzlich zu längeren Wartezeiten beitragen. „Wir waren auf Staus unter solchen Umständen vorbereitet, keinesfalls aber auf eine so langsame und restriktive Arbeitsweise der österreichischen Behörden“, hieß es.

Tirol befürchtet kein ähnliches Szenario

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) ist überzeugt, dass es auf dem Brenner zu keinem Grenzchaos dieser Art kommen wird. Tatsächlich gab es am Wochenende keine besonderen Staus. Außerdem sei man mit Italien gut abgestimmt. Platter verwies darauf, dass Kärnten aufgrund der Rückkehrer aus Kroatien und dem Westbalkan anders betroffen sei als Tirol. Aufkeimende politische Kritik am Vorgehen der Bundesregierung wollte Platter nicht kommentieren.

Kritik von Opposition

Kritik kam umgehend auch von der Opposition auf Bundesebene. FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer forderte angesichts der Rufe nach Änderungen in der CoV-Gesetzesnovelle und dem Chaos an der Grenze einmal mehr den Rücktritt von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Anschober solle einsehen, dass er „heillos überfordert ist“, und Platz für einen „Experten“ machen.

SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim übte ebenfalls scharfe Kritik. In puncto Grenzkontrollen sprach sie von einem „Schildbürgerstreich“ und warf der ÖVP-Grünen-Koalition „stümperhaftes Vorgehen“ vor. Die Regierung sei offenbar davon überrascht worden, „dass das Ausfüllen von Formularen an der Grenze Zeit benötigt“, so Yildirim sarkastisch. Dabei sei doch völlig klar, „dass eine Überprüfung der Einhaltung des Erklärten tatsächlich nicht möglich ist“, zeigte sich die Abgeordnete empört.