Demonstration in Bangkok
Reuters/Athit Perawongmetha
Proteste in Thailand

Aufbegehren gegen Willkür und Verhaftungen

Monarchie, Militär, Regierung: Für die Demokratiebewegung stehen die Grundpfeiler Thailands zur Disposition. Seit Wochen gibt es fast täglich Proteste. Reformen, eine neue Verfassung und Neuwahlen werden gefordert. Die Polizei greift hart durch. Als hilfreich erweist sich dabei das Coronavirus.

In Thailand braute sich, in Europa relativ unbemerkt, in den vergangenen Wochen ein starker politischer Konflikt zusammen. Seit Mitte Juli gibt es immer wieder Proteste gegen die vom Militär dominierte Regierung, teilweise mit Tausenden Menschen. Die stark von Studierenden geprägte Bewegung fordert, dass die Regierung die Einschüchterung von Bürgern und politischen Gegnern stoppt.

Zudem solle sie eine neue Verfassung entwerfen und den Weg für eine Neuwahl ebnen. Auch die Monarchie ist ein Thema – sie soll nach dem Willen der Demonstrierenden mit demokratischen Verfassungsgrundsätzen in Einklang gebracht werden.

Dreimal binnen Wochen verhaftet

In Thailand ist seit einem Putsch des Militärs 2014 der General Prayut Chan-o-cha an der Macht. Er gilt als Verfechter konservativer thailändischer Werte. Seine Regierung geht hart gegen Gegner und Anhänger der Opposition vor. Wiederholt gab es Verhaftungen führender Aktivisten und Aktivistinnen. Festgenommen wurde auch Arnon Nampa, eines der Gesichter der Bewegung. Der Rechtsanwalt gehört den Thai Lawyers for Human Rights an, einer örtlichen Menschenrechtsorganisation. Am Dienstag wurde er zum dritten Mal in diesem Monat verhaftet.

Der Aktivist und Anwalt Arnon Nampha
AP/Sakchai Lalit
Arnon Nampa wurde am Dienstag erneut verhaftet

Er wurde wegen Volksverhetzung angeklagt, allein deswegen droht ihm eine Gefängnisstrafe von bis zu sieben Jahren. Vorgeworfen werden ihm zudem Versammlung mit der Absicht, Gewalt zu verursachen, das Verbot öffentlicher Versammlungen zu verletzen und andere Straftaten. Arnon stellte auch die Rolle von König Maha Vajiralongkorn (Rama X.) infrage – bisher ein Tabu in Thailand, wo jede Kritik am Königshaus streng verboten ist.

Zensur im Netz

Verstöße dagegen werden mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft. Zahlreiche Intellektuelle, Politiker und auch einfache Bürger wurden teilweise nur unter dem Vorwurf, sich kritisch über die Monarchie geäußert zu haben, ins Gefängnis geworfen. Der Kampf gegen unliebsame Meinungen wanderte auch längst ins Netz: Auf Betreiben des Wirtschaftsministeriums sperrte Facebook am Dienstag eine monarchiekritische Gruppe mit rund einer Million Mitgliedern.

Doch der König ist nicht so beliebt wie sein Vater, König Bhumibol Adulyadej (Rama IX.). Er starb 2016 nach 70 Jahren auf dem Thron. Sein Sohn hingegen lebt hauptsächlich in Bayern und sorgt mit seiner exzentrischen Lebensweise für Schlagzeilen. In Thailand wurde der Hashtag „Wozu brauchen wir einen König“ eine Million Mal geteilt.

Aufruf an UNO

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte die internationale Gemeinschaft auf, auf die thailändische Regierung einzuwirken. Das harte Vorgehen gegen die Demokratiebewegung müsse beendet werden. „Die Vereinten Nationen und die betroffenen Regierungen sollten sich öffentlich gegen die politische Repression in Thailand aussprechen“, sagte HRW-Asiendirektor Brad Adams.

Demonstration in Bangkok
Reuters/Athit Perawongmetha
Die Bewegung protestiert für mehr Demokratie. Sie will den Behörden trotzen.

„Die wiederholten Versprechen der thailändischen Regierung, auf abweichende Stimmen zu hören, haben sich als bedeutungslos erwiesen, da das Vorgehen gegen demokratiefreundliche Aktivisten unvermindert weitergeht“, so Adams. „Die Behörden sollten ihr Unrecht korrigieren und die Anklage sofort fallen lassen und Arnon und andere inhaftierte Aktivisten freigeben.“

Pandemie und Wirtschaft als Konflikttreibstoff

Zuletzt habe die Unterdrückung durch die Regierung noch zugenommen, so die Organisation. Behilflich sei dabei die Pandemie. Die Behörden nutzten die von der Regierung übernommenen Notstandsbefugnisse als Vorwand für das Verbot von Protesten. Angespannt ist die Lage auch wegen der schlechten Wirtschaftsentwicklung. Zwar sind die Coronavirus-Infektionen nach offiziellen Angaben niedrig. Aber der Tourismus, eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes, liegt darnieder.

Auch das könnte Treibstoff sein für die Auseinandersetzung. Thailand blickt ohnedies auf eine konfliktreiche Geschichte zurück. In den vergangenen zwölf Jahren gab mehr als ein Dutzend Militärputsche. Seit einem Putsch 2006, bei dem der vor allem bei der armen Landbevölkerung beliebte Multimilliardär und Premier Thaksin Shinawatra gestürzt wurde, kam es in Thailand immer wieder zu gewaltsamen Konfrontationen. Dabei standen einander die Thaksin treu ergebenen „Rothemden“ und die königstreuen „Gelbhemden“ gegenüber, die in der Regel die städtische Mittel- und Oberschicht vertraten.

Die Monarchie hat weiterhin eine große Anhängerschaft. Die Demokratiebewegung wächst aber stark und verbreitet sich im ganzen Land. Sie schwor, den Verhaftungen zu trotzen und weiterzumachen.