Vater betreut daheim seine erkrankte Tochter
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Kein Rechtsanspruch

Sonderbetreuungszeit wird verlängert

Die mit Beginn des Coronavirus-Lockdowns angebotene Sonderbetreuungszeit für Eltern soll verlängert werden. Eigentlich würde die Maßnahme Ende September auslaufen, nun soll sie nach den Plänen der Regierung bis Ende Februar 2021 gelten. Bereits zuvor hatte die Gewerkschaft ihre Forderung nach einem Rechtsanspruch erneuert.

Die Verlängerung werde Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in seiner für Freitag geplanten Erklärung zur aktuellen Lage und den inhaltlichen Schwerpunkten der kommenden Monate bekanntgeben, hieß es am Donnerstag. Der Plan sehe vor, dass auch diejenigen, die bereits die Sonderbetreuungszeit in Anspruch genommen haben, erneut einen Antrag stellen können. Sie soll wochen-, tage- und halbtagsweise in Anspruch genommen werden können.

Die Sonderbetreuungszeit wurde im Frühjahr eingeführt, als Schulen und Kindergärten wegen der Pandemie den Betrieb stoppen mussten. Die Regierung räumte Eltern von unter 14-Jährigen damals die Möglichkeit auf einen bezahlten Sonderurlaub von bis zu drei Wochen ein – zusätzlich zum regulären Urlaub und Zeitausgleich. Öffentlich Bedienstete und freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer sind von der Regelung ausgeschlossen.

Anspruchsberechtigte können den Sonderurlaub in Teilen, für einzelne ganze oder auch halbe Tage in Anspruch nehmen. Die Regelung wurde über den Sommer verlängert, Ende September würde sie auslaufen. Zuletzt plädierte auch Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) für eine Verlängerung. Ich setze mich dafür ein, dass sie auch für den Herbst möglich bleibt. Ich appelliere hier an die Eigenverantwortung und Partnerschaftlichkeit", so Aschbacher im Interview mit der „Presse“ (Mittwoch-Ausgabe). Bereits vor einigen Tagen hatte sich ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann für eine Verlängerung ausgesprochen.

Gewerkschaft pocht auf Rechtsanspruch

Die Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Korinna Schumann, bezeichnete eine Verlängerung der Sonderbetreuungszeit am Mittwoch als „alternativlos“. Zugleich erneuerte Schumann die Forderung der Gewerkschaft, Eltern einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit zu gewähren, damit Beschäftigte „nicht vom Willen der Arbeitgeber abhängig sind“.

Arbeitsministerin Christine Aschbacher.
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Arbeitsministerin Aschbacher will sich für eine Verlängerung der Sonderbetreuungszeit einsetzen

Hintergrund: Die Regelung gilt für Personen, deren Anwesenheit zur Aufrechterhaltung des Betriebs nicht zwingend notwendig ist. Menschen in systemrelevanten Berufen – etwa die Spitalsärztin oder der Supermarktkassier – könnte die Inanspruchnahme im Fall neuerlicher CoV-bedingter Beschränkungen verweigert werden. Zudem sprach sich Schumann abermals für die volle Kostenübernahme durch den Bund aus. Derzeit können sich Arbeitgeber ein Drittel der Gehalts der Beschäftigten vom Staat refundieren lassen.

Wirtschaftskammer gegen Rechtsanspruch

Der Ruf nach Verlängerung war angesichts des nahenden Schulbeginns bereits zu hören. So forderte Ingrid Moritz von der Arbeiterkammer Wien unter Hinweis auf bei roter Ampel drohende Schul- und Kindergartenschließungen, Eltern weiter diese Möglichkeit zu geben. Sie plädierte ebenfalls für 100 statt bisher 30 Prozent Refundierung an den Arbeitgeber und einen Rechtsanspruch für die Eltern.

Zustimmung für eine Verlängerung der Regelung kam laut dem Ö1-Mittagsjournal am Mittwoch auch von der Wirtschaftskammer. Krisenbedingt sei eine Verlängerung der Sonderbetreuungszeit sinnvoll, ebenso ein höherer Kostenersatz für die Löhne bis zu einer vollen Refundierung, hieß es. Ein allgemeiner Rechtsanspruch komme aber nicht infrage.

NEOS fordert „Ende der Improvisation“

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger begrüßte am Mittwoch die von Aschbacher angekündigte Verlängerung der Sonderbetreuung grundsätzlich, allerdings „darf die Sonderbetreuung nicht zu einer Sonderbelastung für Frauen und Kinder werden“. „Die Zeit der Improvisation muss jetzt vorbei sein – es muss eine Betreuungsgarantie für alle Kinder vom Kindergartenalter bis zum Ende der Schulpflicht geben“, forderte Meinl-Reisinger.

Sonderbetreuung für Kinder bis Februar verlängert

Die Sonderbetreuungszeit für Eltern wird bis Februar 2021 fortgesetzt. Mit Zustimmung des Arbeitgebers können sie somit ihre Kinder bis zu drei Wochen bei vollem Einkommen zu Hause betreuen.

SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer bezeichnete einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeiten als „längst überfällig“. Zudem seien klare Richtlinien für Kinderbetreuungseinrichtungen und nachvollziehbare Pläne bei CoV-Fällen dringend nötig. „Sonderbetreuungszeiten sind nur eine Maßnahme, um Eltern zu unterstützen. Am wichtigsten ist die Planungssicherheit für Eltern und Kinder“, betonte Wimmer.

SPÖ sieht „Mogelpackung“

Einen Rechtsanspruch forderte am Donnerstag auch die FPÖ. Ohne diesen wäre die Sonderbetreuung eine „Mogelpackung“, so FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Überdies sah die FPÖ die angekündigte Verlängerung bis Ende Februar 2021 als Zeichen für einen zweiten Lockdown. Belakowitsch forderte die Regierung auf, „endlich mit der Wahrheit herauszurücken“.

Die Grünen begrüßten die Ankündigung, betonten allerdings, dass Schulen und Kindergärten grundsätzlich offen bleiben sollten. Die Sonderbetreuung dürfe „nur ein Angebot für den absoluten Ausnahmefall“ sein, so die grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann. „Es darf keinesfalls mehr so weit kommen, dass Bildungseinrichtungen großflächig und undifferenziert zugesperrt werden und Familien mit allen Bildungs- und Betreuungsaufgaben allein gelassen werden“, sagte Hamann.

Über 25.000 Personen nutzten Möglichkeit

Bisher nahmen laut Kanzleramt mehr als 25.000 arbeitende Personen die Sonderbetreuungszeit in Anspruch. Davon waren 66 Prozent Frauen und 34 Prozent Männer. 57 Prozent haben die Sonderbetreuungszeit bis zu drei Wochen, 22 Prozent bis zu zwei Wochen und 21 Prozent bis zu einer Woche in Anspruch genommen. Rund 30.000 Kinder haben somit laut Kanzleramt betreut werden können. 3.841 Unternehmen haben bisher 4.385 Anträge auf Sonderbetreuungszeit eingebracht. Am häufigsten wurde das Modell in Wien (968 Unternehmen), Oberösterreich (848 Unternehmen) und in Niederösterreich (529 Unternehmen) beantragt.