Hurrikan „Laura“ über der Küste in Lake Charles, Louisiana
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Hurrikan „Laura“

Sturmflut droht bis weit ins Landesinnere

Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h hat der Hurrikan „Laura“ in Louisiana die Küste der USA erreicht – gemeldet wurden mehrere Tote und schwere Schäden. Zwar wurde „Laura“ von Kategorie vier auf Kategorie zwei heruntergestuft, doch gibt es die Befürchtung, dass durch die Sturmflut das Wasser bis zu 65 Kilometer weit ins Land getrieben werden könnte.

Gouverneur John Bel Edwards sagte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, er sei besorgt, dass bei den nun anstehenden Such- und Rettungsarbeiten weitere Tote gefunden werden könnten. „Ich hoffe nicht, ich bete, aber das ist der Grund, warum wir rausgehen und diese Such- und Rettungsaktionen durchführen.“

Der Gouverneur machte deutlich, dass die Schäden nach bisherigem Kenntnisstand weniger schlimm ausfielen als erwartet. „Es ist klar, dass wir keinen absolut katastrophalen Schaden erlitten haben, den wir auf Grundlage der Prognose, die wir letzte Nacht hatten, für möglich gehalten haben. Aber wir haben einen enormen Schaden erlitten“, sagte Edwards. Vor allem das Stromnetz sei erheblich beschädigt worden.

Chemieanlage in Brand geraten

Eine Chemieanlage geriet in Brand, dichter Qualm stieg auf. Das betroffene Unternehmen Biolab stellt chemische Produkte für den Haushalt und Pools her. Die Anrainer wurden aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben.

„Das ist einer der stärksten Stürme, die diesen Küstenabschnitt je getroffen haben“, sagte David Roth, ein Meteorologe des Nationalen Wetterdiensts (NWS). „Wir machen uns Sorgen, dass die Sturmflut bis weit ins Landesinnere vordringt. Es gibt wenig, um das Wasser aufzuhalten.“

Hurrikan „Laura“ trifft auf US-Küste

Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h hat der Hurrikan „Laura“ in Louisiana die Küste der USA erreicht.

Für viele sei es kaum vorstellbar, dass eine Wasserwand ins Land kommen könne, die so hoch sei wie ein zweistöckiges Haus, sagte Benjamin Schott, ebenfalls NWS-Meteorologe. „Aber genau das wird geschehen.“ Es sei möglich, dass man das nicht überleben werde.

„Ein dröhnendes Düsentriebwerk“

Donnerstagfrüh befand sich das Zentrum des Hurrikans rund 50 Kilometer nordwestlich von Lake Charles in Louisiana. Es werde sich im Laufe des Tages weiter landeinwärts im Südwesten des Bundesstaates bewegen, teilte das US-Hurrikanzentrum (NHC) mit. Zuvor war der Hurrikan mit Windgeschwindigkeiten von 240 km/h über die Gemeinde Cameron an der Südküste des Bundesstaates gezogen.

Schiffe auf dem offenen Meer während des Hurrikans „Laura“ in LAke Charles, Louisiana
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„Laura“ peitscht Louisianas Küste

Auf ihrem Weg verlor „Laura“ an Geschwindigkeit, war mit Böen von bis zu 195 km/h aber immer noch stark genug, um in dem 22 Stockwerke hohen Capital One Tower in Lake Charles die Fenster einzudrücken. Der Hurrikan klinge „wie ein dröhnendes Düsentriebwerk“, beschrieb ein Reporter des Fernsehsenders CNN die Situation. Der Hurrikan lasse selbst die stabilsten Gebäude erzittern.

„Gehen Sie jetzt in Deckung“

Das Hurrikanzentrum warnte Anrainer via Twitter: „Gehen Sie jetzt in Deckung.“ Am sichersten sei es, im Hausinneren unter einem Tisch oder einem anderen stabilen Möbelstück in Deckung zu gehen, sich nicht in Fensternähe aufzuhalten und den Körper mit Matratzen oder Polstern zu schützen. Es handle sich um eine „lebensbedrohliche Situation“, sagte das NHC.

Das Ausmaß der Zerstörung in den bereits betroffenen Gebieten war noch nicht bekannt. Auch stabil gebaute Häuser könnten schwer beschädigt werden. Die Windböen entwurzelten Bäume und rissen Strommasten um. In Louisiana und Texas waren laut der Website PowerOutage.us am Donnerstagmorgen mehr als eine halbe Million Menschen ohne Strom.

Halbe Million Menschen auf der Flucht

Auf seinem Weg nach Nordosten sollte „Laura“ in der Nacht zum Freitag als Nächstes den Bundesstaat Arkansas erreichen. Für ein Gebiet mit mehr als einer halben Million Einwohnern war die Evakuierung angeordnet worden. Nach Behördenangaben sind die meisten der Anordnung gefolgt und in sicherere Gebiete aufgebrochen.

Öl- und Chemieindustrie bedroht

Port Arthur in Texas, wo sich mehrere Ölraffinerien befinden, glich einer Geisterstadt. In dem 54.000 Einwohner zählenden Ort waren nur ein paar Tankstellen und ein Spirituosengeschäft geöffnet. In der Vergangenheit haben Hurrikans wie „Harvey“ und „Katrina“ schwere Zerstörungen an den Standorten der Ölindustrie an der Golfküste angerichtet. Dort befindet sich fast die Hälfte der Ölraffinerie-Kapazitäten der Vereinigten Staaten. Als „Harvey“ 2017 zuschlug, kam es zu Öl- und Chemieunfällen sowie zu starker Luftverschmutzung durch petrochemische Anlagen und Raffinerien.

Animation des Hurrikans „Laura“

Der Hurrikan „Laura“ hat am Donnerstag den US-Bundesstaat Louisiana erreicht, mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern pro Stunde. (Videoquelle: NOAA/NESDIS/STAR)

Rekordjahr erwartet

„Laura“ hatte über ungewöhnlich warmem Meerwasser rasch an Kraft gewonnen und war am Mittwoch innerhalb weniger Stunden von Kategorie zwei auf Kategorie vier hochgestuft worden. Damit ist „Laura“ der erste sehr starke Hurrikan der Saison. Auf Satellitenbildern war die enorme Größe des Hurrikans zu sehen. Auf seinem Kurs durch die Karibik waren in den vergangenen Tagen mindestens 25 Menschen in Haiti und der Dominikanischen Republik ums Leben gekommen. Auch auf Kuba richtete der Sturm schwere Schäden an.

Die US-Klimabehörde NOAA rechnet damit, dass 2020 ein Rekordjahr für Wirbelstürme werden könnte. Erwartet werden 19 bis 25 Stürme, von denen sieben bis elf Hurrikans werden könnten, drei bis sechs sogar sehr starke mit Windgeschwindigkeiten von 178 km/h und mehr. In durchschnittlichen Jahren gibt es an der Atlantikküste zwölf Stürme, von denen sich drei zu Hurrikans der Kategorie drei, vier oder fünf entwickeln. Die Wirbelsturmsaison geht bis Ende November.