Mann USA-Flagge vor einem brennenden Haus
AP/Julio Cortez
USA

Wahlkampf im Zeichen politischer Gewalt

Der US-Präsidentschaftswahlkampf wird zunehmend von Gewalt überschattet. Drei Menschen kamen rund um politische Auseinandersetzungen auf der Straße bereits ums Leben. US-Präsident Donald Trump und seine Republikaner machten die Gewalt zuletzt verstärkt zum Wahlkampfthema. Die Demokraten von Trump-Herausforderer Joe Biden versuchen wiederum den Präsidenten verstärkt in die Pflicht zu nehmen.

Biden forderte Trump auf, Gewalt aus jeglicher politischer Richtung zu verurteilen. „Wir dürfen nicht zu einem Land werden, das im Krieg mit sich selbst ist“, sagte Biden am Sonntag. „Schüsse in den Straßen einer großen amerikanischen Stadt sind inakzeptabel. Ich verurteile diese Gewalt unmissverständlich“, so der demokratische Präsidentschaftskandidat. Er lehne jegliche Art von Gewalt ab, egal, ob sie von links oder von rechts komme – „und ich fordere Donald Trump auf, dasselbe zu tun“. Zuvor hatte Biden Trump bereits vorgeworfen, Spannungen im Land anzuheizen, um mit der Botschaft von „Recht und Ordnung“ die Wähler zu mobilisieren.

Trump warnte bisher meist vor „extremen Linken“, die in von Demokraten regierten Städten freie Hand hätten. Erst am Sonntag hatte er auf Twitter ein Video mit dem Zusatz „GROSSARTIGE PATRIOTEN“ geteilt. Darauf war ein Autokorso von Trump-Fans zu sehen, der am Samstag durch die Straßen von Portland fuhr. Rund um den Demonstrationszug kam es zu Auseinandersetzungen mit Demonstrantinnen und Demonstranten der „Black Lives Matter“-Bewegung.

Joe Biden und Sen. Kamala Harris
AP/Andrew Harnik
Biden geht mit Kamala Harris in die Wahl – auch ein deutliches Zeichen an afroamerikanische Wählerinnen und Wähler

In der Nacht auf Sonntag wurde dann ein Mann in der Innenstadt erschossen. Polizeichef Chuck Lovell warnte vor voreiligen Schlüssen über die Hintergründe der Tat. Bei dem Toten dürfte es sich um einen Anhänger der rechtsextremen Gruppe „Patriot Prayer“ handeln. Das sagte deren Gründer Joey Gibson. Der Tote trug auch eine Baseballkappe der Gruppe, die seit 2016 mehrfach Demonstrationen für Trump abhielt. Laut Medienberichten soll Gibson in der Vergangenheit gute Beziehungen zu Mitgliedern der Polizei von Portland unterhalten haben.

Angeschossener Demonstrant wird von Sanitätern behandelt
AP/Paula Bronstein
In der Nacht auf Sonntag wurde am Rande einer Pro-Trump-Demo ein Mann erschossen – die Hintergründe sind noch offen

Verbale Attacken

Portland gilt als eines der Zentren der „Black Lives Matter“-Bewegung. Seit Monaten gehen in der Stadt im Bundesstaat Oregon Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt auf die Straße. Der demokratische Bürgermeister der Stadt, Ted Wheeler, war zuletzt ein häufiges Ziel für die verbalen Attacken Trumps.

Am Sonntag richtete wiederum Wheeler harte Worte an Trump: „Sie sind es, der Hass und Spaltung geschaffen hat“, sagte er bei einer Pressekonferenz in Richtung des US-Präsidenten. „Was Amerika braucht, ist, dass Sie gestoppt werden.“ Trump antwortete binnen weniger Minuten und nannte Wheeler in einer Serie von Tweets unter anderem „verrückt“ und einen „Dummkopf“. „Stärke ist der einzige Weg, die Gewalt in den von Demokraten geführten Städten mit hoher Kriminalität zu stoppen.“

Am Montag legte Trump noch einmal nach und drohte erneut mit dem Einsatz von Sicherheitskräften: „Portland ist ein Chaos, und das schon seit vielen Jahren. Wenn dieser Witz eines Bürgermeisters es nicht aufräumt, werden wir reingehen und es für sie tun!“, schrieb Trump am Montag auf Twitter. Wheeler hat einen solchen Einsatz abgelehnt. In einem offenen Brief an Trump hatte er am Freitag geschrieben: „Wir wissen, dass Sie zu dem Schluss gekommen sind, dass Bilder von Gewalt oder Vandalismus Ihre einzige Chance auf eine Wiederwahl sind.“

Gouverneur gegen Trump-Besuch

Neben Portland wurde in den vergangenen Tagen auch die Stadt Kenosha im Bundesstaat Wisconsin zum Zentrum von Protesten, nachdem dort ein Polizist einem Schwarzen siebenmal in den Rücken geschossen hatte. Trump kündigte am Wochenende an, er werde am Dienstag nach Kenosha reisen. Doch es gibt Widerstand dagegen. Wisconsins Gouverneur Tony Evers rief Trump auf, den Besuch abzusagen. „Ich bin besorgt, dass ihre Anwesenheit unsere Heilung nur behindern wird“, schrieb der demokratische Politiker in einem Brief. Er befürchte auch, dass für einen Besuch Trumps Ressourcen umgeleitet werden müssten, die gebraucht würden, um für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen.

In Kenosha brachen nach dem Polizeieinsatz gegen den 29-jährigen Afroamerikaner Jacob Blake Proteste aus, bei denen es zwei Nächte in Folge auch Gewalt mit brennenden Gebäuden und Autos gab. In der dritten Nacht erschoss ein 17-Jähriger, der als bewaffneter Zivilist die Straßen patrouillieren wollte, zwei Menschen und verletzte einen weiteren. Die Schüsse wurden von Augenzeugen auf Video festgehalten. Der Bursch wurde wegen zweifachen Mordes angeklagt, sein Anwalt spricht von Selbstverteidigung.

Donald Trump
APA/AFP/Getty Images/Spencer Platt
Trump setzt im Wahlkampf einmal mehr auf „Law and Order“

Trump hatte in den vergangenen Tagen vor allem betont, dass in der Stadt schnell die Ordnung wiederhergestellt werden müsse. Zu seinen Reisepläne teilte das Weiße Haus mit, er wolle sich mit Sicherheitsbehörden treffen und sich ein Bild von den Schäden nach den gewalttätigen Protesten machen. Ein Anwalt des schwer verletzten Blake sagte im Sender CBS, dessen Familie habe bisher kein Gesprächsangebot Trumps bekommen.

Der Fall Jacob Blake

Die Hintergründe der Schüsse auf Blake sind weiter nicht restlos geklärt. Auf einem Video des Zwischenfalls ist zu sehen, wie Blake davor um ein Auto geht, während ihm zwei Polizisten mit gezogener Waffe folgen. Eine davon ist auf seinen Rücken gerichtet. Als Blake die Fahrertür öffnet und sich ins Auto beugt, schießt einer der beiden Beamten. Staatsanwaltschaft und Polizei teilten inzwischen mit, dass im Fahrzeug auf dem Boden der Fahrerseite ein Messer gefunden worden sei. Es ist aber nicht klar, ob Blake es in der Hand hatte. Außerdem hieß es, die Polizisten hätten zweimal versucht, Blake mit einem Elektroschocker zu betäuben, das habe aber nicht funktioniert.

Die Polizeigewerkschaft von Kenosha, die nicht an den Ermittlungen beteiligt ist, erklärte, gegen Blake sei ein Haftbefehl wegen des Vorwurfs eines sexuellen Übergriffs vorgelegen, wovon die Polizeibeamten gewusst hätten. Außerdem hätten sie ein Messer in seiner Hand gesehen, und es habe eine körperliche Auseinandersetzung zwischen Blake und den Polizisten gegeben. Blakes Anwälte erklärten im Sender CNN, diese Behauptungen seien „übertrieben“ und sollten dazu dienen, den Einsatz übermäßiger Gewalt gegen Blake zu rechtfertigen.