Foto des ermordeten Journalisten Jan Kuciak
AP/TASR/Jakub Kotian
Mordfall Kuciak

Freispruch für slowakischen Millionär

Mit einem überraschenden Freispruch für den vermuteten Drahtzieher hat der Prozess um den Journalistenmord in der Slowakei am Donnerstag geendet. Der Unternehmer Marian Kocner wurde zwar des illegalen Waffenbesitzes schuldig gesprochen. Dass er den Mord am Journalisten Jan Kuciak bestellt und bezahlt habe, ist für das Gericht aber nicht erwiesen.

In dem Prozess ging es um die Ermordung des Investigativjournalisten Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova am 21. Februar 2018. Die beiden 27-Jährigen wurden in ihrem Haus erschossen. Angeklagt waren der Unternehmer Kocner als mutmaßlicher Auftraggeber des Mordes, Alena Z. als mutmaßliche Organisatorin und ein als Mittäter schuldig gesprochener Ex-Polizist.

Auch Z. konnte laut Urteil nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass sie in Kocners Auftrag den Mord organisiert habe, sagte die Vorsitzende Richterin Ruzena Sabova bei der Urteilsverkündung in Pezinok. „Das Gericht spricht die Angeklagten deshalb frei.“

Marian Kocner im Gerichtssaal
APA/AFP/Vladimir Simicek
Der Millionär Kocner auf dem Weg zum Gericht

Sabova verurteilte Kocner lediglich zu einer Geldbuße von 5.000 Euro aufgrund illegalen Waffenbesitzes. Im Haus des Millionärs waren im Zuge der Ermittlungen 60 Schuss Munition gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft kann gegen das Urteil Berufung einlegen. Kocner hatte eine Beteiligung an dem Mord immer bestritten.

23 Jahre Haft für Fahrer

Der mitangeklagte Tomas Szabo, der den Todesschützen Miroslav Marcek zum Haus des Reporters gefahren hatte, wurde hingegen der Beteiligung an dem Mord schuldig gesprochen und zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Marcek und ein weiterer Mittäter hatten bereits zuvor Geständnisse abgelegt. Der Ex-Soldat Marcek war bereits zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Mordfall Kuciak: Freispruch für Millionär

Mit einem überraschenden Freispruch für den Unternehmer Marian Kocner als vermuteten Drahtzieher hat der Prozess um den Journalistenmord in der Slowakei am Donnerstag geendet. Kocner wurde mangels Beweisen freigesprochen.

Familien verließen Gerichtsraum

Die Entscheidung des Strafsenats in Pezinok löste bei den im Gerichtssaal anwesenden Familien der Opfer einen Schock aus. Sie verließen noch vor der Verlesung der Urteilsbegründung den Saal und wollten das Urteil auch später nicht kommentieren. Der Vater des ermordeten Journalisten, Jozef Kuciak, sagte nach der Urteilsverkündung vor Reportern, er fühle sich „wie gelähmt“.

Premierminister Igor Matovic schrieb nach der Urteilsverkündung via Facebook: „Anscheinend wollen die offensichtlichen Hintermänner des Mordes den Fängen der Justiz entwischen … Lasst uns glauben, dass die Gerechtigkeit auf beide warten wird.“ Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova zeigte sich „schockiert“ angesichts des Freispruchs für Kocner. Sie gehe davon aus, dass das Urteil vor dem Obersten Gerichtshof keinen Bestand haben werde.

Verbindungen von Politik zu Mafia

Kuciak hatte zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und slowakischen Politikern recherchiert und sich auch mit den Geschäften von Kocners zahlreichen Unternehmen befasst. Die postume Veröffentlichung seines Artikels hatte Massendemonstrationen gegen die Regierung in Bratislava ausgelöst und schließlich zum Rücktritt des damaligen Ministerpräsidenten Robert Fico von der sozialdemokratischen Regierungspartei Smer-SD geführt.

Fahrzeuge der Medien vor dem Gerichtsgebäude
Reuters/Radovan Stoklasa
Der Mordprozess wurde von Medien weltweit beobachtet

Die Proteste ebneten zudem den Weg für die Wahl der Rechtsanwältin und Antikorruptionsaktivistin Zuzana Caputova zur Präsidentin des Landes. Die Smer-SD wurde bei der Wahl heuer schwer abgestraft. Im Zuge der Ermittlungen und des Verfahrens gegen Kocner wurden im März dieses Jahres auch 13 teils hochrangige Richter und mehrere andere Personen wegen Korruptionsverdachts festgenommen.

Ein Teil sitzt weiterhin in Untersuchungshaft. Kocner soll jahrelang systematisch Richter bestochen haben, die über seine zahlreichen Betrugsfälle zu entscheiden hatten. Viele dieser zum Teil etliche Jahre zurückreichenden Verfahren werden wohl nochmals aufgerollt werden müssen.

Polizei reagierte auf Drohanruf nicht

Kocner hatte Kuciak überwachen lassen und bedrohte den Journalisten am Telefon, wie dessen ehemaliger Chefredakteur Peter Bardy im September 2017 sagte. Kuciak hatte den Drohanruf bei den Behörden gemeldet, es geschah jedoch nichts. Medienberichten zufolge unterhielt Kocner Verbindungen zu Mitgliedern der Smer-SD, für den Mord sollen 70.000 Euro gezahlt worden sein. Neben Zeugenaussagen und Expertengutachten belegte Kocners entschlüsselte Handykommunikation, dass dieser vor dem Mord auch andere Journalisten bespitzeln ließ, die kritisch über seine Geschäfte berichteten.