Innenminister Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Hans Punz
Viermal Gelb

Coronavirus-Ampel ab jetzt in Betrieb

Die Coronavirus-Ampel in Österreich hat nun offiziell ihren Betrieb aufgenommen. Nach der ersten Probephase stellte die Regierung am Freitag bei einer Pressekonferenz die lange erwarteten Maßnahmen vor. Die erste Schaltung ergab, dass die Städte Wien, Linz und Graz sowie der Bezirk Kufstein auf Gelb stehen. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) reagierte verärgert.

Das System operiert mit den Farben Grün (niedriges Risiko), Gelb (mittleres), Orange (hohes) und Rot (sehr hohes Risiko). Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte, dass die Ampel wöchentlich evaluiert werde. Wichtig sei, dass es regionale Maßnahmen gibt. Bei Gelb gebe es eine Verschärfung der Maskenpflicht im Handel, in der Gastronomie und bei Veranstaltungen, sagte Kurz. Bei Orange und Rot seien die Maßnahmen von ausgeprägterer Form. Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der von „zentralen Indikatoren“ sprach.

Alle Informationen werden über die Website Corona-ampel.gv.at veröffentlicht. Für Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sei die Aufgabe der Ampel auch eine Prävention. Es sei nicht nur wichtig zu reagieren, sondern auch vorzusorgen, so der Minister. Zur aktuellen Schaltung betonte Anschober: „Grün ist kein Freibrief." Auch bei Grün sei eine Ansteckung möglich. „Man muss genauso aufmerksam sein, vorsichtig sein und die Hygienemaßnahmen einhalten.“ Die Ampel sei eine zusätzliche Maßnahme, die insbesondere für den Herbst geschaffen wurde.

Parameter für die Analyse

Die Vorgangsweise bis zur mindestens wöchentlich geplanten Schaltung war schon bekannt und beginnt mit der Zusammenkunft der Coronavirus-Kommission am Donnerstag, die dann die epidemiologische Lage in den einzelnen Regionen und Bezirken analysiert. Die dafür herangezogenen Indikatoren werden auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und Gesundheit Österreich (GÖG) aufbereitet. Jeden Freitag sollen dann die neuen Schaltungen, die auf der Empfehlung der Kommission basieren, bekanntgegeben werden.

Insgesamt gibt es vier Parameter, die für die Analyse herangezogen werden: Übertragbarkeit, Quellensuche, Ressourcen und Tests. Unter Übertragbarkeit versteht man neu aufgetretene CoV-Fälle in den vergangenen sieben Tagen („7-Tages-Fallzahl“) pro 100.000 Einwohner („7-Tages-Inzidenz“). Der Indikator Quellensuche beschreibt, ob es Fälle mit oder ohne geklärte Quelle gibt, wurde also die Quelle der Fälle gefunden oder nicht.

Die Kategorie Ressourcen beschreibt die vorhandenen und benötigten Versorgungskapazitäten. Sie enthält die aktuelle Belegung auf Normal- und Intensivstationen sowie die aktuelle Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten. Schließlich wird sich die Kommission bei ihrer Analyse auch die Tests je 100.000 Einwohner, die Tests in den vergangenen sieben Tagen und die Positivrate (Anteil der positiven Tests an allen Tests je Region) ansehen.

Mindestmaßnahmen für Gelb

Eine gleiche Farbe im Bezirk X und Bezirk Y bedeutet nicht, dass es unbedingt dieselben Maßnahmen in beiden Bezirken geben muss. Die umfassende rechtliche Verankerung der Ampel kann erst Ende September erfolgen, dazu ist die Novellierung des Epidemiegesetzes und des Covid-19-Maßnahmengesetzes notwendig – seit Dienstag ist dazu ein „Expertenbeirat Recht“ hinzugezogen. Die Novellierung kann erst bei der nächsten Nationalratssitzung am 23. September beschlossen werden.

Welche Farbe letztlich vergeben wird, liegt in der Hand der Politik, also bei Gesundheitsminister Anschober, Landeshauptleuten und Bezirkshauptleuten. Anschober hatte zuletzt angekündigt, sich an die Empfehlungen der Kommission halten zu wollen. Mit Stand 3. September hat das 19-köpfige Gremium mit der Ampelschaltung Gelb in Wien, Graz, Linz und Kufstein die Ausweitung des verpflichtenden Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes empfohlen. Als Mindestmaßnahme ist etwa ein Maskenschutz im Eingangsbereich von Schulen für Eltern und Betreuer vorgesehen.

Linz will keine Verschärfungen durchführen

Aktuell wurden von der Kommission zehn Bezirke näher betrachtet, wie die Leiterin der Abteilung für Infektionsepidemiologie der AGES, Daniela Schmid, näher ausführte. Diese Bezirke bzw. Städte lagen über dem „Signalwert“, der anhand der Indikatoren die Farbe bestimmt. Die Analyse habe schließlich ergeben, dass die Ampelfarbe für Kufstein, Wien, Linz und Graz auf Gelb steht. Bei den Maßnahmen werde es einen „Handlungsspielraum“ für die Länder geben, so Anschober. Kufstein habe eine andere Situation als etwa Wien.

Höchst verärgert zeigte sich der Linzer Bürgermeister Luger, nachdem Linz auf der Ampel auf Gelb geschaltet wurde. „Wir werden aufgrund dieses obskuren Ampelkonstrukts keine wie immer gearteten Verschärfungen durchführen“, kündigte er an. Für ihn ist die „Farbgebung absolut nicht nachvollziehbar und steht in keiner Relation zur Realität in der Stadt“. „Wir waren einigermaßen überrascht, um nicht zu sagen entsetzt“, sagte Luger. Er sah ein „sehr willkürliches Instrument“ und einen „veritablen Fehlstart“ der Ampel, einen „Murks“ – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sagte zur Gelbschaltung der Stadt Graz, das es für Ballungszentren „nicht überraschend“ sei und es „auch keinen Grund für übertriebene Aufregung“ gebe. Man höre wie bisher auf die Meinung der Experten und werde alle Maßnahmen umsetzen. „Bei aller notwendigen Vorsicht dürfen wir auch die Zuversicht nicht verlieren, damit sich die Wirtschaft erholt und Arbeitsplätze gesichert sind“, sagte der Landeshauptmann – mehr dazu in steiermark.ORF.at.