Epidemiegesetz: E-Mail-Flut wohl nach Internetaufruf

Das Parlament arbeitet derzeit eine Flut an E-Mails ab. Von den rund 10.000 Stellungnahmen zur Novelle des Epidemiegesetzes und Covid-19-Maßnahmengesetzes müssen noch 6.000 manuell gesichtet werden. Eine rege Bürgerbeteiligung wurde erwartet, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Eine hohe Zahl an Stellungnahmen dürfte auf einen Internetaufruf zurückgehen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte Mitte August einen Gesetzesentwurf für zwei Wochen in Begutachtung geschickt. Mit der Novelle könnte der Minister etwa künftig auch Betretungsverbote für „öffentliche Orte“ verordnen. In vielen Stellungnahmen von privaten Personen findet sich fast wortident, dass man „Einspruch gegen das“ geplante Gesetz erhebt und um eine Bestätigung und Zählung des Einspruchs ersucht.

„Weiteres Mail nachschicken“

Genau so lautet auch ein Aufruf, der auf YouTube mehr als 55.000 Menschen (Stand heute, 11.00 Uhr) erreicht hat. Unter dem Titel „So erheben Sie Einspruch gegen das neue Epidemiegesetz!“ sagt eine Stimme in einem Video, das lediglich die E-Mail-Adresse des Parlaments zeigt: „Bis 28.8. kann man gegen das neue Epidemiegesetz noch Einspruch erheben […] Am besten anschließend noch ein weiteres Mail nachschicken mit dem Ersuchen um Bestätigung, dass der Einspruch registriert und gezählt wurde.“

Veröffentlicht wurde der Aufruf am 28. August durch das in Wien ansässige Institut für Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie (RPP), das 2009 unter anderem von dem Psychiater Raphael Bonelli gegründet wurde. Dass das Video erst am letzten Tag der Begutachtung veröffentlicht wurde, tat der Beteiligung offenbar keinen Abbruch.

„Bürgerpflicht erfüllt“, heißt es etwa in den Kommentaren. Oder: „Mein Einspruch ist eingereicht.“ Einige User hinterließen auch den ganzen Text, den sie per Mail an das Parlament schickten. Diese Kommentare finden sich zum Teil in den veröffentlichten Stellungnahmen. „danke! copy-paste, erledigt!“, kommentierte ein User.

„Coronapanik-Jäger“ spricht zu Usern

Das RPP-Institut bezeichnet sich auf der eigenen Website als unabhängig, man habe keine bestimmte „religiöse oder weltanschauliche Ausrichtung“. Bonelli trat in der Vergangenheit vor allem als Narzissmusexperte auf. Auf YouTube bezeichnet er sich in den vergangenen Monaten selbst als „Coronapanik-Jäger“ und erreicht bis zu 380.000 Zugriffe.

2007 machte Bonelli Schlagzeilen, weil bei einem von ihm mitorganisierten Kongress ein „Schwulen-Heiler“ auftreten sollte. Schließlich kam er aber nicht – auf Druck der Politik und der Öffentlichkeit. 2013 bezeichnete sich Bonelli als „zufriedener Katholik“, Mitglied der konservativen Gruppierung Opus Dei sei er nicht, halte aber freundschaftliche Beziehung zu Mitgliedern.

Wie viele Stellungnahmen tatsächlich auf den Aufruf des RPP-Instituts zurückgehen, ist unklar. Viele Zusendungen wurden anonym veröffentlicht und ob eine Stellungnahme aufgrund des Videos erfolgte, weiß ohnehin nur jene Person, die diese eingebracht hat.