Elektrischer Heizstrahler im Gastgarten
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Winterschanigärten

Debatte über Heizstrahler neu entfacht

Mit der Überlegung, Schanigärten auch im Winter offen zu halten, ist auch die Debatte über die Heizstrahler neu entfacht. Während Befürworter und Befürworterinnen vor allem wirtschaftliche und gesundheitliche Vorteile in Zeiten der Coronavirus-Krise betonen, kritisieren Umweltorganisationen die „unnötige“ Energieverschwendung. Das Heizschwammerl wird also wieder einmal zum Spaltpilz.

Die Diskussion über die umweltschädlichen Heizstrahler ist alles andere als neu. Neu ist aber, dass sich diesmal sogar grüne Politiker auf die Seite der Befürworter stellen. So sprach sich Ende August etwa Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi für die mobilen Heizanlagen aus – und das, obwohl diese bereits 2016 offiziell aus den Gastgärten der Stadt verbannt wurden. Zwar schließt Willi fossile Brennstoffe als Energiequelle aus, elektrische Öfen könnten aber wieder erlaubt werden, so die „Tiroler Tageszeitung“ („TT“). Geholfen werden soll dadurch vor allem der von der Coronavirus-Pandemie stark getroffenen Gastronomie.

Ähnlich ist die Situation in Deutschland. Hier sind in vielen Städten Heizpilze aus Umweltgründen zwar verboten, der Grünen-Politiker Anton Hofreiter ist allerdings „in der speziellen Ausnahmesituation“ dafür, die Verbote „zeitlich befristet auszusetzen“, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) am Montag schrieb. Prinzipiell lehne seine Partei diese aus „klima- und umweltpolitischen“ Gründen jedoch ab. In Frankreich wurde indes genau das Gegenteil beschlossen: Beheizte Außenbereiche bei Bars, Bistros und Restaurants sollen in Paris ab dem kommenden Jahr verboten werden.

Gas-Heizstrahler im Winter auf einem Markt
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Gasbetriebene Wärmequellen wie dieser Heizstrahler sind in Wien und vielen anderen Gemeinden aus Sicherheitsgründen inzwischen verboten

In Österreich ist die rechtliche Lage von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Während in Innsbruck, Bregenz und Linz Heizpilze generell verboten sind, dürfen in Wien nur noch strombetriebene Heizstrahler eingesetzt werden. Gasbetriebene Wärmequellen sind nicht mehr erlaubt, allerdings nicht aus Umwelt-, sondern aus Sicherheitsgründen.

Chance für Gastrobetriebe

Gerade in Zeiten der Coronavirus-Krise würden beheizte und offene Gastgärten im Winter aber einige Vorteile bieten: Die Ansteckungsgefahr sei im Freien niedriger, es wäre leichter, Abstand zu halten, und die Gastronomen und Gastronominnen könnten die hohen Verluste während des Lockdowns wieder ausgleichen, so die Argumente der Befürworter.

Auch WKÖ-Präsident Harald Mahrer plädierte dafür, wirtschaftliche und umweltbezogene Interessen abzuwägen. Klimabedenken fänden hier keinen Platz, schließlich gehe es um Tausende Jobs, so Mahrer gegenüber dem „Kurier“. Eine Einstellung, die Klimaschützer allerdings nicht gelten lassen, wie sich auch in diversen Diskussionen in Sozialen Netzwerken widerspiegelt. Der Ökonom Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) etwa plädierte auf Twitter dafür, kurz- und langfristige Ziele zu verbinden.

Heizpilze als Stromfresser

Auch bei Greenpeace steht man Heizstrahlern skeptisch gegenüber, da diese zu einem großen zusätzlichen Energiebedarf führen würden. Im Jahresdurchschnitt würden fünf in den Wintermonaten aktive Heizstrahler so viel Strom verbrauchen wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr.

Beim Umweltbundesamt konkretisierte man die Rechnung: Die am häufigsten eingesetzten Heizstrahlmodelle würden 2.000 Watt pro Stunde benötigen. Angenommen, ein Viertel der 7.300 Wiener Lokale verwendet einen Heizstrahler pro Schanigarten täglich fünf Stunden, komme man auf einen Energieeinsatz von 18.200 kWh pro Tag. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Stromeinsatz für eine Wohnung in Wien betrage rund 2.000 kWh – allerdings pro Jahr.

„Häuser dämmen, aber Straßen beheizen“

Seit 2017 dürfen Schanigärten in Wien teilweise auch im Winter geöffnet haben, seitdem würden die Anträge für Gastroheizstrahler von Winter zu Winter zunehmen und hätten mit dem Rauchverbot 2019 einen zusätzlichen Popularitätsschub erfahren, wie die „Wiener Zeitung“ („WZ“) vor einem Jahr schrieb. Die Magistratsabteilung für Umweltschutz zeigte sich in der Vergangenheit allerdings nicht über die Heizpilze erfreut: „Es ist etwas mühsam, wenn wir versuchen, unsere Häuser so gut wie möglich zu dämmen, und dann wird im Winter im Freien die Straße beheizt“, hieß es seitens des Magistrats gegenüber der „WZ“.

Mehrere Heizstrahler in einem Gastgarten
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Umweltschützer kritisieren nicht nur den hohen Energieverbrauch der Heizstrahler, sondern hinterfragen auch generell deren Notwendigkeit

Decken und Heißgetränke als Alternative

Natürlich sei die heurige Saison aufgrund der Coronavirus-Pandemie ein „Sonderfall“, allerdings bestehe die Sorge, dass, wenn Wirte nun verstärkt Heizstrahler anschaffen, diese auch in den kommenden Jahren vermehrt zum Einsatz kommen, so Greenpeace-Sprecher Herwig Schuster gegenüber ORF.at.

Und weiter: Bleiben die Schanigärten den ganzen Winter über geöffnet und arbeitet die „komplette Gastro von in der Früh bis in der Nacht mit Heizstrahlern (…), ist der Energieverbrauch dementsprechend hoch“, so Schuster. Er appellierte daher an die Betriebe, Heizstrahler restriktiv einzusetzen und den Gästen stattdessen Heißgetränke und Decken anzubieten. Eine Alternative wäre zumindest, auf Ökostrom zu setzen.

Verwendung erneuerbarer Energien eingeschränkt

Allerdings falle die Bereitstellung der Energiemengen dem Umweltbundesamt zufolge in einen Zeitraum, wo erneuerbare Energieträger „nicht im Überfluss“ vorhanden seien. Fotovoltaik sei in den Abend- und Nachtstunden keine Option, auch Wasserkraft sei im Winter weniger vorhanden. Das eigentliche „Thema“ sei allerdings nicht der Heizstrahler selbst, sondern der Verwendungszweck und die Dauer.

„Egal, welche Technologie für die Wärmeproduktion eingesetzt wird, ob Heizstrahler oder Infrarot – es ist unmöglich, dauerhaft den freien Gastroraum auf angenehme Raumtemperatur zu bringen. Aus ökologischer Sicht wird Energie bei Heizstrahlern nicht nachhaltig eingesetzt“, so die Sprecherin des Umweltbundesamtes, Sabine Enzinger, gegenüber ORF.at.

„Größte Energieverschwendung, die es gibt“

Ähnlich argumentiert auch Johannes Wahlmüller, Klimaenergiesprecher der Umweltschutzorganisation Global 2000: „Die Außenluft zu beheizen ist die größte Energieverschwendung, die es gibt“, so Wahlmüller gegenüber der „TT“.

Natürlich gibt es Bereiche, die weitaus klimaschädlicher sind, wie der Verkehr, die Industrie und Wirtschaft, „aber die Luft im Freien zu heizen ist besonders ineffizient“, wie die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb in einem Kommentar in der „Kronen Zeitung“ festhielt. Für sie sind Heizschwammerln ein „sichtbares Zeichen unseres verschwenderischen Umgangs mit Energie“.

„Paradoxerweise“ seien Heizschwammerln erst mit der Klimakrise und den damit einhergehenden wärmeren Wintern aktuell geworden. Davor sei es ohnehin so kalt gewesen, dass niemand draußen hätte sitzen wollen, so Kromp-Kolb. Ihr zufolge soll man sich auch heute fragen, ob es denn wirklich notwendig sei, im Winter auf einer beheizten Terrasse zu sitzen.