Bernhard Krumpel mit Gesichtsmaske vor dem Untersuchungsausschusslokal 7
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Ex-Novomatic-Sprecher und „G’schichtln“

Da Bernhard Krumpel in seiner Vergangenheit für viele Politiker arbeitete, verstehe er, dass „Verschwörungstheorien“ über politische Netzwerke „schöne G’schichtln“ seien. Das sagte der Ex-Novomatic-Sprecher am Mittwoch im „Ibiza“-U-Ausschuss. Die Befragung drehte sich um verschiedene Vereine und die Novomatic, die „nicht alle zahlt“.

Nach einem Tag mit zwei Premieren – eine Minute des „Ibiza-Videos“ wurde dem U-Ausschuss vorgeführt und der Vorsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Auskunftsperson befragt – konzentrierten sich die Abgeordneten bei der Befragung von Krumpel auf Vereine, die eine Verbindung zum Glücksspielkonzern Novomatic haben bzw. hatten. Die Auskunftsperson selbst hatte wie Sobotka zuvor gesagt, dass es keine Geldflüsse ohne Gegenleistung gebe. Das Alois-Mock-Institut habe der Konzern unterstützt – mit Inseraten und einer Veranstaltung, sagte der ehemalige Konzernsprecher.

„Es waren vier“, sagte SPÖ-Abgeordnete Eva-Maria Holzleitner. „Nicht alle wurden vermutlich unterstützt“, so Krumpel. Die Kooperation mit dem Institut, dem Sobotka als Präsident vorsteht, bestehe schon länger als er, Krumpel, bei der Novomatic war. Zum Besuch Sobotkas beim Glücksspielkonzern sagte Krumpel, dass Sobotka durch die Räume des Unternehmens geführt worden sei. Im Anschluss sei er mit Sobotka in den 7. Stock gefahren und habe ihn beim Sekretariat „abgegeben“. Beim Gespräch mit dem Alleinaktionär und Gründer Johann Graf sei er nicht dabei gewesen.

Stephanie Krisper (NEOS) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper beim Gespräch mit Journalisten und Journalistinnen

„Brauchen jemanden“

Krumpel, der eigenen Angaben zufolge nie Parteimitglied war, startete Ende der 90er Jahre seine Laufbahn im politischen Geschäft als Pressesprecher beim damaligen niederösterreichischen Landesrat Sobotka. Danach wechselte er in das Kabinett von Ernst Strasser (ÖVP), der damals Innenminister war. Anschließend übernahm er die Leitung des Kabinetts von Helmut Kukacka (ÖVP), Staatssekretär im Verkehrsministerium. Für die FPÖ-Fraktion im Ausschuss ist klar, dass Krumpel also ÖVP-nah ist. Die ÖVP-Fraktion hingegen versuchte zu kalmieren. Krumpel arbeitete dann in Unternehmen, die der ÖVP zufolge nicht ÖVP-nahe seien. Die FPÖ war nicht überzeugt.

Im Fokus stand freilich Krumpels Engagement bei der Novomatic. Dort heuerte er im Jänner 2017 an und verließ das Unternehmen im März 2020. Zuvor hatte Ex-Novomatic-Vorstand Harald Neumann, der ebenfalls 2020 das Unternehmen verließ, am 6. November 2017 eine SMS an Krumpel geschrieben: „Hello, können wir tschank (Markus, Ex-FPÖ-Mandatar, Anm.) treffen! Sollten etwas in die regierungsverhandlungen (zwischen ÖVP und FPÖ, Anm.) einbringen.“ Krumpel antwortet: „Ja, er verhandelt allerdings medienbereich, wahrscheinlich brauchen wir eher finanzen.“ Neumann erwiderte: „egal brauchen jemanden, der das thema kasinolizenzen einbringt!!“

Nach dem SMS-Verkehr sei allerdings nichts weiter passiert, sagte Krumpel dem U-Ausschuss. Tschank steht im Fokus rund um die Ermittlungen zu möglichen verdeckten Parteispenden über parteinahe Vereine. Tschank leitet etwa das FPÖ-nahe Institut für Sicherheitspolitik (ISP) und hatte mit Krumpel bis 2016 eine Beratungsgesellschaft namens Polimedia. Abgelöst wurde Krumpel Ende 2016 von Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo, der im Frühjahr 2019 als Novomatic-Kandidat Finanzvorstand in der teilstaatlichen Casinos Austria AG (CASAG) wurde.

Warum Sidlo Geschäftsführer wurde

Warum gerade Sidlo die Geschäftsführung von Polimedia übernahm, argumentierte der Ex-Novomatic-Sprecher damit, dass die Gesellschaft ein Versuch war, der nicht gut gegangen sei. „Aufgrund meines beruflichen Wechsels (zur Novomatic, Anm.) war mir auch klar, dass ich für Polimedia nicht mehr tätig sein kann. Das Ziel war, das Unternehmen abzuwickeln, und das dauert ewig. Ich wollte mich damit nicht mehr beschäftigen“, so Krumpel. Sidlo habe sich darum gekümmert.

Nina Tomaselli und David Stögmüller (beide GRÜNE) unterhalten sich im Untersuchungsausschuss
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Die Fraktion der Grünen, Nina Tomaselli (li.) und David Stögmüller (re.)

Grünen-Mandatar David Stögmüller kam auf die persönlichen Verbindungen zwischen Krumpel, Tschank, Sidlo und Polimedia, ISP, Novomatic und Casinos Austria zu sprechen. „Ein paar Leute teilen sich das Ganze auf“, sagte er. „Das ist ein schönes G’schichtl, solche Verschwörungstheorien aufzubauen, ich verstehe das politisch auch“, mehr könne Krumpel dazu aber nicht sagen. Laut Medienberichten fanden die Ermittler später zwei Rechnungen von Polimedia an das ISP im Jahr 2017, beide augenscheinlich ausgefertigt vom damaligen Polimedia-Geschäftsführer Sidlo.

Zwischen Novomatic und dem ISP besteht auch ein Vertrag, der laut dem Bericht im Jahr 2018 geschlossen worden ist – zu einer Zeit, als Tschank für die FPÖ bereits im Nationalrat saß. Die Novomatic hatte sich zu Zahlungen von insgesamt 200.000 Euro verpflichtet. „Jede Kooperation des ISP (…) basiert stets auf der Erbringung von jährlich genau definierten Gegenleistungen“, hieß es vonseiten Tschanks.

Novomatic unterstützte grundsätzlich „alles“

Er habe den Auftrag von der Novomatic bekommen, die Kooperation zu verhandeln, sagte Krumpel. Worum es allerdings genau ging, konnte die Auskunftsperson nicht sagen. Die vom Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache getätigte Aussage „Novomatic zahlt alle“ kann er „gar nicht interpretieren, weil ich keine Wahrnehmungen dazu habe“, so Krumpel. Er hätte jedenfalls nicht das Gefühl, dass einfach jeder kommen könne und die Novomatic dann zahlte. Vom ISP sei man zu Spenden gefragt worden. Das habe die Novomatic aber nicht machen wollen. Wenn man spendet, dann hätte man an alle Parteien spenden wollen – im Sinne der Demokratie. Geschehen sei es aber nie.

Friedrich Ofenauer (ÖVP) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-Mandatar Friedrich Ofenauer übernahm die Befragung von Krumpel

Dennoch gab es immer wieder Treffen mit Politikern, erzählte Krumpel. Was das Thema Glücksspiel betreffe, habe er immer wieder mal auch mit Parlamentariern geredet. Es sei ihm um einen „Austausch“ gegangen, man sei da ja durchaus auch in der Kritik gestanden. Dass Krumpel in einem Chat von einem Treffen mit unseren „pinken Freunden“ geschrieben habe, sei ein Ausdruck von ihm. Er habe auch von „türkisen Freunden“ geredet.

Inserate im „Mock-Report“

Grundsätzlich habe die Novomatic „alles“ unterstützt: Kunst, Kultur, Sport, „alles, was fürs Leben im Land wertvoll ist“. Auf die Frage der ÖVP-Fraktion, ob auch politische Veranstaltungen dabei gewesen seien, sagte Krumpel, dass er das nicht glaube. Es könnte sein, dass die Novomatic-Tochter Admiral beim 1.- Mai-Fest der SPÖ auftauchte, dann sei das wohl unterstützt worden. Auch eine Veranstaltung der SPÖ-Frauen sei mal gesponsert worden.

Das Alois-Mock-Institut sei Krumpel nicht als politische Partei aufgefallen. Sein ehemaliger Chef Sobotka habe ihn nicht über Novomatic-Treffen informiert. Warum die Novomatic ausgerechnet sechsmal im achtseitigen „Mock-Report“ für insgesamt 14.000 Euro inserierte, obwohl man wisse, dass man nur wenige Menschen damit erreiche, konnte der ehemalige Sprecher nicht detailliert erklären. Er sagte aber, dass man hier über ein Inserat um 2.500 Euro spricht – bei einem Konzern, der 2,6 Milliarden Euro im Jahr umsetzt.