Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger
ORF.at/Carina Kainz
„Ibiza“-Ausschuss

Löger will im Casinos-Streit vermittelt haben

Mit dem „Daumen hoch“-Symbol kommt Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) in den Chatprotokollen der Causa Casinos vor. Der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dankte Löger für die Unterstützung bei der Vorstandsbestellung von Peter Sidlo in den Casinos Austria. Im „Ibiza“-U-Ausschuss am Donnerstag bezeichnete sich Löger selbst als „Mediator“ und bestritt politische Absprachen.

Schon kurz nach seinem Amtsantritt im Dezember 2017 sei Löger nach eigenen Angaben mit einem Streit innerhalb der Casinos Austria AG (CASAG) konfrontiert gewesen. Die Novomatic und die tschechische Sazka Group – neben der Republik (über die ÖBAG) die damaligen Hauptaktionäre der CASAG – hätten sich über Monate einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Es sei auch um den Verkauf der Casinos International gegangen, den die Sazka vorangetrieben habe. Die Sazka habe auch auf einen Vierervorstand gepocht, davon sollten zwei für die Tschechen sein, so Ex-Finanzminister Löger am Donnerstag.

Erst im Herbst 2018 erreichte ihn, Löger, die „Frohbotschaft“, dass sich das Präsidium des Aufsichtsrats nun auf einen Dreiervorstand geeinigt habe und dass die drei Aktionäre (ÖBAG, Sazka und Novomatic, Anm.) jeweils ein Vorschlagsrecht haben. Im Jänner 2019 sei dann der Chef des Aufsichtsrats, Walter Rothensteiner, an Löger herangetreten und habe ihm mitgeteilt, dass die Novomatic den ehemaligen FPÖ-Politiker Peter Sidlo vorschlagen werde. „Ich war zwar nicht so erbost wie Walter Rothensteiner, aber doch irritiert“, sagte Löger, der versprach, dies bei der nächsten Sitzung anzusprechen.

Laut einem Einnahmeprotokoll der Staatsanwaltschaft vom Dezember 2019 kam es im Jänner 2019 tatsächlich zu einem Gespräch mit Novomatic-Eigentümer Johann Graf. Löger und Graf hätten dabei auch über die Bewerbung von Sidlo gesprochen. Löger wollte wissen, ob Sidlo ein Vorschlag des damaligen Novomatic-Vorstandsvorsitzenden Harald Neumann oder ein offizieller Novomatic-Vorschlag sei. Graf habe zuvor „ein Gespräch mit Strache geführt“, und der damalige FPÖ-Chef habe Sidlo „eine positive Kommentierung gegeben“, hieß es im Löger-Einvernahmeprotokoll.

„Hintergrundgespräch“ statt „Hintergrunddeal“

In diesem Zusammenhang erhielt Löger am 11. Februar auch die SMS von Strache, in der er sich für Lögers „Unterstützung bezüglich CASAG“ bedankte. Der Ex-Finanzminister schrieb ein „Daumen hoch“-Symbol zurück. Dem Ausschuss sagte Löger, dass die Antwort ein Ausdruck spontaner Verärgerung nach dem Motto „Gib a Ruh“ gewesen sei – es sei nichts anderes als ein „ranziger Daumen“ gewesen. Das sei seine einzige Kommunikation zu diesem Thema gewesen, wegen der er jetzt strafrechtlich verfolgt werde, so Löger. Er wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als Beschuldigter geführt – es gilt die Unschuldsvermutung.

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger
ORF.at/Carina Kainz
Löger war am Donnerstag sehr redselig – laut Opposition aber auch ausschweifend

Besonders interessant für die Opposition sind Rothensteiners handschriftliche Notizen. Der damalige ÖVP-Finanzminister „Löger hat mit Graf konferiert, der hat irgendeinen Deal mit den Blauen. Daher ist Sidlo ein Muss“, schrieb Rothensteiner. Sidlo sei kein Muss gewesen, sagte Löger im U-Ausschuss. Es sei ein Vorschlag der Novomatic gewesen, und der Aufsichtsrat der Casinos Austria habe ihn am Ende bestellt. „Es gab keine politischen Absprachen“, so Löger. Der Begriff „Deal“ in Rothensteiners Notiz sei ein Hinweis auf den damaligen Sportminister Strache gewesen, dem es um die Sportförderung gegangen sei, und es sei wohl aus dem Begriff „Hintergrundgespräch“ der Begriff „Hintergrunddeal“ geworden.

Am Ende sei es jedenfalls wichtig gewesen, die Wogen zwischen Novomatic und Sazka zu glätten. Denn beide wollten die Vorschläge des jeweils anderen ablehnen, wie Löger betonte. Er sei öfters als Mediator aufgetreten und habe versucht, „das Dreigestirn stabil zu halten“, sagte Löger auf die Frage der ÖVP, welche Rolle er bei den Casinos einnahm. Nicht ganz geklärt wurde, ob Löger Parteimitglied ist. Er selbst bezeichnete sich als parteilos, ist aber seit 2011 Mitglied des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Er habe zwei Formulare erhalten und jenes für die Parteimitgliedschaft nicht ausgefüllt.

Schmid „extrem stark“

Nach etwas mehr als zwei Stunden war der U-Ausschuss noch immer bei der ersten von insgesamt vier Fragerunden. Das sorgte für laute Debatten über Lögers ausschweifende Antworten. Die SPÖ wollte, dass Löger die Fragen konkreter und kürzer beantwortet, weil man noch zwei weitere Auskunftspersonen befragen wolle. Der Vorsitzende des Ausschusses, Wolfgang Sobotka (ÖVP), widersprach und betonte, dass die Auskunftsperson so antworten kann, wie sie das eben möchte. Für die Opposition ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar, da sich lange Antworten auf die Zahl der Fragen durch die Abgeordneten auswirke. Denn die Befragung darf vier Stunden nicht überschreiten.

Kameradisplay filmt die Tür des Lokal 7 sowie die Aktentasche mit einem „Daumen-nach-oben“-Bild
ORF.at/Carina Kainz
Auch im Ausschuss war das „Daumen hoch“-Symbol an den damaligen Vizekanzler Strache Thema

Thema der Befragung war freilich auch Thomas Schmid, Lögers damaliger Kabinettschef und Generalsekretär im Innenministerium. Schmid ist nun Alleinvorstand der ÖBAG, die nicht nur Anteile an der CASAG hält, sondern auch an anderen Großunternehmen. Die Opposition vermutet, dass Schmid den Aufsichtsrat der ÖBAG selbst ausgesucht und die Ausschreibung für den ÖBAG-Vorstandsposten selbst verfasst hat. Löger bestritt die Vorwürfe und sagte, dass Schmid nur eine Entscheidung gehabt habe: Bewirbt er sich, oder bewirbt er sich nicht. Im Ministerium sei er, Schmid, ein „extrem starker Verhandler“ und „fleißig“ gewesen, so der Ex-Finanzminister.

Bestellvorgang für den ÖBAG-Vorstand

Bekannt geworden sind Chatprotokolle zwischen Schmid und einer Mitarbeiterin. Schmid störte etwa, dass der ÖBAG-Alleinvorstand in einem Ausschreibungsentwurf über „internationale Erfahrung“ verfügen sollte. „Ich bin aber nicht international erfahren“, antwortete Schmid, „ich habe immer in Österreich gearbeitet.“ Die Mitarbeiterin beruhigte ihn: „Man kann das ja verbinden“ mit dessen Arbeit in Brüssel und im Außenministerium. „Ihr denkt, das reicht?“, so Schmid. Die Headhunterin „meinte natürlich, können es aber gerne raustun, wenn du willst“, schrieb die Mitarbeiterin, die später von Schmid mit in die ÖBAG genommen wurde. „Wird noch zach“, so Schmid mit Blick auf den Bestellvorgang.

Helmut Brandstätter (NEOS) im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz
NEOS-Mandatar Brandstätter konzentrierte sich am Donnerstag auf die Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Alleinvorstand

Löger selbst wusste im Ausschuss nicht, wer die Ausschreibung verfasst hat, „vermutlich der Aufsichtsrat“, sagte er auf eine entsprechende Frage. Im Juli 2020 sagte Schmids Anwalt, dass sein Mandant als Kabinettschef und Generalsekretär in „Vorbereitungen“ zur ÖBAG involviert gewesen sei, die Personalentscheidung sei dem Aufsichtsrat anvertraut worden.

Löger im „Ibiza“-U-Ausschuss

Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) wurde im „Ibiza“-U-Ausschuss befragt. Postenbesetzungen und Projekte der Regierung sowie der geplante Verkauf des Bundesrechenzentrums an die Post waren die zentralen Themen.

Dieser hat sich dann für Schmid entschieden, „ein-einstimmig“, wie Löger sagte. NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter nannte den Vorgang „realitätsfremd“, da schon bekannt war, dass Schmid Vorstand wird, obwohl das Gesetz noch gar nicht fertig war. Er fragte die Auskunftsperson: „Wer hat Sie gelegt?“ Löger antwortete: „Niemand hat mich gelegt.“