Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hält einen Zettel mit den vier Farben der Corona-Ampel in der Hand
APA/Hans Punz
CoV-Ampel

Verschärfungen fürs ganze Land empfohlen

Anders als von manchen erwartet, dürfte die Schaltung der CoV-Ampel für die kommenden sieben Tage keine Statusänderung für Wien bringen. Dafür folgte die Kommission Donnerstagabend offenbar in einem anderen Punkt den jüngsten Rufen aus der Politik: Die Maßnahmen sollen in manchen Bereichen für ganz Österreich wieder verschärft werden.

Wien bleibt nach den Empfehlungen der Kommission ebenso gelb wie Graz und der Bezirk-Kufstein. Neu dazu kommen Innsbruck-Stadt und Schwaz in Tirol sowie die niederösterreichischen Bezirke Korneuburg und Wiener Neustadt, wie die APA Donnerstagabend aus der Kommission erfuhr. Linz werde dagegen wieder auf Grün geschaltet, so die Empfehlung. Auch der Bezirk Freistadt, der aufgrund eines Clusters um eine Moschee hohe Fallzahlen aufweist, ist grün.

Sehr wohl dürfte es aber im ganzen Bundesgebiet zu Verschärfungen kommen. So sollen alle Veranstaltungen österreichweit auf Gelb-Niveau gestellt werden. Das heißt, indoor sind 2.500 Plätze (ohne zugewiesene Plätze 100), outdoor 5.000 Plätze möglich. Zudem soll die Maskenpflicht auch außerhalb des Lebensmittelhandels und von Apotheken und Banken österreichweit in geschlossenen Räumen ausgeweitet werden.

Viele Zurufe vor Sitzung der Kommission

Der Entscheidung der Kommission waren am Donnerstag eine Reihe an politischen Zurufen vorausgegangen. Den zweiten Tag in Folge lag die Zahl der Neuinfektionen am Donnerstag jenseits der 650 Fälle – und schien damit den Trend vom Wochenbeginn zu bestätigen. Mehr als die Hälfte aller offiziell gemeldeten neuen Fälle kam dabei aus Wien.

Das ließ einen Tag vor der neuen Schaltung der Coronavirus-Ampel den Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ausreiten. Es sei nötig, die Situation mit dem Bund zu besprechen, ließ Hacker ausrichten. „Wir brauchen einige Spielregeln wieder.“ Wien sei jedoch im „juristischen Dilemma“, die Vorkehrungen nicht selbst treffen zu können, so der SPÖ-Politiker – mehr dazu in wien.ORF.at.

Kanzlererklärung offenbar abgeblockt

Die Forderungen Hackers fielen mit Vermutungen zusammen, wonach Wien auf Orange (hohes Risiko) geschaltet werden könnte. Diese bestätigten sich schließlich nicht. Laut einem Bericht des „Standard“ hätte vor allem das Kanzleramt auf Orange für die Bundeshauptstadt gedrängt. Das hätten aber nicht alle Ländervertreter mittragen wollen, so die Zeitung.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
APA/AFP/Joe Klamar
Der Ruf nach Verschärfungen kam am Donnerstag auch aus dem Bundeskanzleramt

Wie der „Standard“ außerdem berichtete, habe ein Vertreter des Bundeskanzleramtes vor der Kommission eine Erklärung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verlesen wollen. Das sei in der Runde von Expertinnen und Experten aber auf Widerstand gestoßen. Man habe sich schließlich darauf verständigt, dass die Kommission ohne politischen Einfluss arbeiten können müsse.

Expertengespräch zu Neuinfektionen und Ampelschaltung

Aufgrund des Anstiegs an Neuinfektionen sollen Veranstaltungen sollen in ganz Österreich wieder eingeschränkt und die Maskenpflicht in Innenräumen ausgeweitet werden.

Was nun aber eben sehr wohl in Kraft tritt, sind generelle Verschärfungen in ganz Österreich. Der Ruf nach solchen war am Donnerstag ganz offen aus dem Kanzleramt gekommen. Die starke Zunahme – nicht nur in Wien – werde mit Sorge beobachtet. Kurz erwarte sich von der Ampelkommission „schärfere Maßnahmen“, hieß es aus seinem Umfeld gegenüber der APA. Der Kanzler verwehre sich gegen ein „Schönrechnen der Zahlen“.

Anschober verweist auf Kommission

Etwas anders klang das von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) – der das letzte Wort bei der Entscheidung über die Ampelfarben hat. Bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten äußerte er sich Donnerstagvormittag eher zurückhaltend zu der anstehenden Schaltung. Gefragt, ob er damit rechne, dass weitere Bezirke und Städte auf Gelb und Wien gar auf Orange geschaltet werden, sagte er, er wolle der Kommission nicht vorgreifen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne)
APA/Herbert Pfarrhofer
Anschober wollte erst auf die Sitzung der Ampelkommission am Abend warten

Neben der reinen Zahlenentwicklung wertet die Kommission auch die Übertragbarkeit der Fälle, die Quellensuche (Cluster), Ressourcen der Spitäler und Tests (auch den Anteil der positiven Tests). Was die Städte betrifft, will man laut dem Vorsitzenden der Coronavirus-Kommission, Ulrich Herzog, nun auch berücksichtigen, dass es eine gewisse Mobilität der Bevölkerung ins Umland gebe. Die Empfehlungen der Kommission bespreche er innerhalb der Regierung, das sei „keine Soloentscheidung“ des Gesundheitsministers, so Anschober. Am Freitag um 11.00 Uhr gebe es dann eine Pressekonferenz.

Novelle der Verordnung am Freitag

Damit die Coronavirus-Ampel zum Werkzeug werden kann, fehlt noch ihre vollständige gesetzliche Verankerung. Erst mit der Novellierung des Epidemiegesetzes und des Covid-19-Maßnahmengesetzes können alle Regeln aufgrund der vier Farbstufen von Grün bis Rot rechtlich durchgesetzt werden. Ein Beschluss ist für den 23. September geplant. Bis dahin soll die Lockerungsverordnung angepasst werden, etwa zur Ausweitung des Mund-Nasen-Schutzes auf alle Geschäfte in gelben Regionen. Sie soll nun am Freitag vorliegen.