Wildschweine
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Schweinepest

Bangen nach Fall in Deutschland

Nach dem Auftauchen der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland bangen Schweinehalter und die Fleischwirtschaft im Nachbarland um das weltweite Exportgeschäft außerhalb der EU. Aber auch die heimischen Schweinebauern könnte es treffen – ganz abgesehen von der Sorge, dass die Krankheit auch nach Österreich kommen könnte.

Seit Jahren wird vor der für die Tiere höchst ansteckenden Krankheit gewarnt. Schon vor Jahren gab es erste Fälle in Tschechien und Polen. Nun wurde auch in Deutschland erstmals ein infiziertes Wildschwein tot gefunden. In Österreich läuft seit Längerem eine Infokampagne, um das Einschleppen zu verhindern. Die Krankheit ist für den Menschen zwar nicht gefährlich, aber für die Schweinebauern existenzgefährdend – und sie wird gerade durch Menschen über große Distanzen weitergetragen.

Im Gesundheitsministerium wurde gegenüber ORF.at darauf verwiesen, dass Vorsorgemaßnahmen seit Jahren in Kraft seien. Die Gefahr einer direkten Übertragung wird derzeit als noch „eher gering“ eingestuft. Die nächstgelegenen bekannten Fälle seien 100 Kilometer von der Staatsgrenze entfernt. Mit Informationskampagnen – etwa mit Inseraten, Plakaten und Warnschildern – wird andererseits seit Längerem vor der indirekten Übertragung gewarnt – etwa durch Verschmutzungen an den Schuhsohlen von Personen, die in einem Seuchengebiet waren.

Worauf man achten sollte

Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten rief in einer Aussendung am Freitag ebenfalls zu erhöhter Vorsicht auf. Denn neben Deutschland seien mit Italien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn weitere direkte Nachbarländer betroffen. Das Virus sei sehr lange überlebensfähig, besonders in Schweinefleischprodukten wie Wurst, Speck und Räucherware, sowie im Erdreich. Vorsicht sei daher insbesondere beim Reisen geboten.

So sollte man vor allem keine Schweinefleischprodukte aus Ländern
mitbringen, in denen es die Afrikanische Schweinepest gab oder gibt. Im Urlaub sollte man sich von Schweinebetrieben und Wäldern mit Wildschweinbestand fernhalten. Und hierzulande empfiehlt die Tierschutzorganisation Schweinefleischprodukte aus betroffenen Gebieten zu meiden und generell Schweinefleisch, das lange Transportstrecken braucht, wegen der Verschleppungsgefahr zu meiden.

Mitarbeiter der Veterinärmedizin verfrachten an einem Kadaversammelpunkt während einer Schweinepestübung ein Wildschwein in einen Container
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Deutsche Behörden übten bereits im Dezember des Vorjahres den Ernstfall

Sorge vor Preisverfall

Im Landwirtschaftsministerium betonte ein Sprecher am Freitag, dass es natürlich Besorgnis gebe. Denn auch wenn die Schweinepest nicht nach Österreich komme, drohe vor allem bei einem chinesischen Importstopp ein Preisverfall von bis zu 20 Prozent. Denn wenn der wichtige Markt China für die großen deutschen Exporteure wegfällt, werden diese versuchen, ihre Bestände billig in Europa zu verkaufen.

Deutschland stoppt Export in Drittstaaten

Am Freitag wurden die deutschen Exporte von Schweinefleisch nach China und in andere Länder außerhalb der EU nach dem Fall in Brandenburg jedenfalls vorläufig gestoppt. Die meisten Veterinärzertifikate für den Export von Schweinefleisch in Drittländer enthalten nämlich die Anforderung, dass Deutschland frei von Afrikanischer Schweinepest sein muss. Am Samstag verhängte China ein Importverbot für deutsches Schweinefleisch, hießt es vonseiten der chinesischen Zollverwaltung. Laut dem deutschen Landwirtschaftsministerium lag ein entsprechendes Schreiben am Samstag zu Mittag noch nicht vor.

Derzeit würden Gespräche mit China und anderen wichtigen Staaten außerhalb der EU angestrebt, hieß es aus dem Ministerium. Ziel sei es, eine Anpassung der Zertifikate zu erreichen, die eine Regionalisierungsklausel berücksichtigt. Das würde es Betrieben außerhalb der von der Schweinepest betroffenen Region ermöglichen, weiter auszuführen.

Strenge Hygiene in Ställen

Ein Wegbrechen „würde uns sehr, sehr stark treffen“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Freitag im ZDF. In den Ställen sind – auch in Österreich – seit Längerem sorgfältige Hygienevorkehrungen in Kraft. Teils duschen sich die Arbeitskräfte, bevor sie in den Stall gehen. Laut dem deutschen Friedrich-Loeffler-Institut biete gute Hygiene „noch immer den besten Schutz vor dem Eintrag des Erregers in Nutztierbestände“.

70 Prozent der deutschen Exporte gehen allerdings in den Binnenmarkt. Und hier sind Ausfuhren auch nach dem ersten Schweinepestfall überwiegend weiter möglich. Denn statt für ganz Deutschland gelten hier schon die regional begrenzten Beschränkungen, die mit Drittländern nun angestrebt werden.

China selbst schwer betroffen

Da China selbst schwer von der Schweinepest getroffen ist, sei der Bedarf nach Exportware in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Flexiblere Regelungen könnten daher vielleicht doch möglich sein.

In Brandenburg wird am Wochenende ein Elektrozaun in einem Radius von drei Kilometern um den Fundort des ersten infizierten Wildschweins errichtet. Um die Fundstelle des weitgehend verwesten Kadavers in der Gemeinde Schenkendöbern wurde ein vorläufiges gefährdetes Gebiet mit einem Radius von 15 Kilometern festgelegt. Dort sollen Beschränkungen für Jäger und Bauern angeordnet werden. In der Zone gibt es nach Angaben des Verbraucherministeriums Brandenburg rund 20 Schweinehalter, einer mit 5.000 Schweinen ist sieben Kilometer vom Fundort entfernt.

Chance auf Eindämmung

Die Experten des Versicherers Münchener und Magdeburger Agrar rechnen nach dem ersten bestätigten Fall mit weiteren infizierten Tieren. „Wildschweine leben in Rotten“, sagte Martin Stricker, Leiter Schaden Tierversicherung des zur Allianz gehörenden Unternehmens, in München. „Man kann also davon ausgehen, dass die Rotte, zu dem das Tier gehörte, auch infiziert ist.“ Jedoch geht die Versicherung davon aus, dass eine weitere Verbreitung bei konsequentem Einschreiten der Behörden verhindert werden kann. „Wir sehen die Chance, dass das genauso schnell eingedämmt wird wie in Belgien und Tschechien.“