Person unterzieht sich einem Coronatest
APA/Fotokerschi.at/kerschbaummayr
CoV in Österreich

Über 900 Neuinfektionen in 24 Stunden

Die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus ist mit Freitagabend innerhalb von 24 Stunden um über 900 Fälle gestiegen. Das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Pandemie in Österreich. Erst zu Mittag hatte die Bundesregierung verschärfte Maßnahmen für das ganze Land angekündigt. Sie sollen ab Montag in Kraft treten. Besorgt äußerte sich Freitagabend auch der Leiter der Ampelkommission, Ulrich Herzog.

Mit Stand Freitag, 23.00 Uhr, kletterte die Zahl aller jemals in Österreich positiv auf das Coronavirus Getesteten auf 32.582. Im 24-Stunden-Vergleich bedeutet das 934 neue Infektionen. Nur einmal lag der Wert seit Beginn der Pandemie höher, als am 26. März über 1.000 neue Infektionen gemeldet worden waren.

Damit scheint sich ein Trend fortzusetzen, der sich bereits in den vergangenen Tagen mit einer steigenden Zahl der Infektionen abgezeichnet hatte. So stieg laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) auch die effektive Reproduktionszahl des Coronavirus – wie viele Menschen steckt im Durchschnitt ein Betroffener an – in Österreich auf 1,25. Am vergangenen Freitag hatte sie noch 1,02 betragen. Man gehe von einer Steigerungsrate der aktiven Fälle von 6,5 Prozent pro Tag aus, in der Vorwoche waren es noch 1,7 Prozent.

„Intensive Diskussion“ über Gelb-Status für ganzes Land

Angesprochen auf die steigenden Zahlen sprach der Leiter der Ampelkommission Freitagebend in der ZIB2 von einer beunruhigenden Entwicklung. Die Zahlen würden dem entsprechen, „was wir seit Längerem sehen“, so Herzog. Dennoch müsse mit „Maß und Ziel“ vorgegangen und nicht zu schnell die Ampel auf Orange geschaltet werden, verteidigte Herzog das Vorgehen der Ampelkommission.

Das Gremium hatte am Donnerstagabend für sieben Regionen die Risikostufe Gelb empfohlen. Wien, Graz und der Tiroler Bezirk Kufstein behielten ihren Gelb-Status. Neu hinzu kamen in Tirol Innsbruck-Stadt und Schwaz sowie die niederösterreichischen Bezirke Korneuburg und Wiener Neustadt. Linz ist hingegen seit Freitag auf der Ampelkarte wieder in Grün getaucht.

Ulrich Herzog über die CoV-Ampel

Ulrich Herzog aus dem Gesundheitsministerium informiert über die Coronavirus-Ampel. Er erklärt, welche Vorteile das System hat.

Herzog räumte ein, dass es in der Kommission etwa eine „intensive Diskussion“ darüber gegeben habe, ob es sinnvoll sei, ganz Österreich auf Gelb zu stellen, weil viele Bezirke an der Grenze zu Gelb gestanden seien. Aber man habe davon Abstand genommen, weil viele Maßnahmen über die Maskenpflicht hinaus im Bereich der Schulen, der Krankenanstalten und im Pflegebereich hätten implementiert werden müssen, wäre generell auf Gelb gestellt worden.

Verschärfte Regeln ab Montag

Die Kommission empfahl gleichzeitig mit der neuen Ampelschaltung allerdings auch eine generelle Verschärfung der Maßnahmen für die Stufe Grün – eine Empfehlung, der die Bundesregierung folgte. Konkret bedeutet das, dass ab Montag in allen Kundenbereichen in geschlossenen Räumen im Handel, Dienstleistungsbereich und Parteienverkehr ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen ist.

In der Gastronomie gilt die Maskenpflicht für das Personal im Service, Konsumation ist in geschlossenen Räumen nur noch am Sitzplatz möglich. An der Bar darf weder getrunken noch gegessen werden. In der Schule müssen Schülerinnen und Schüler genauso wie das Lehrpersonal außerhalb der Klasse einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Starke Einschränkungen bei Veranstaltungen

Mit Ausnahme der Sperre des Barbereichs wären diese Maßnahmen nach den noch vergangene Woche präsentierten Informationen zur Coronavirus-Ampel erst bei Stufe Gelb schlagend geworden. Jetzt gelten sie bereits auf der niedrigsten Risikostufe – also bei Grün.

Thomas Langpaul (ORF) über die verschärften CoV-Maßnahmen

Obwohl die Coronavirus-Ampel verbreitet auf Grün steht, werden Maßnahmen getroffen, die mindestens für die Stufe Gelb vorgesehen waren. ZIB-Innenpolitikredakteur Thomas Langpaul analysiert, wie diese Politik zu erklären ist.

Noch strikter fielen die Verschärfungen im Veranstaltungsbereich aus. Ohne fixe Sitzplätze dürfen an Veranstaltungen in Gebäuden maximal 50 Personen teilnehmen, im Freien 100. Gibt es zugewiesene Sitze, steigt diese Zahl indoor auf 1.500 und outdoor auf 3.000. Das ist tatsächlich noch strenger, als es bisher die Mindestmaßnahmen bei Risikostufe Gelb vorgesehen hätten.

Infos von Website genommen

Ein – noch in der vergangenen Woche in den Raum gestellter – an die Ampelfarben gekoppelter Automatismus rückte am Freitag zumindest wieder in den Hintergrund. Bei den Farben der Coronavirus-Ampel gehe es um eine in die Vergangenheit blickende Risikoeinstufung; die Maßnahmen würden hingegen versuchen, das Geschehen in der Zukunft zu beeinflussen, hieß es aus dem Sozialministerium gegenüber ORF.at.

Welche Mindestmaßnahmen bei welcher Risikoeinstufung in Kraft treten sollen, war seit der offiziellen Vorstellung der Coronavirus-Ampel auf der dazugehörigen Website des Ministeriums nachzulesen. Am Freitag verschwanden diese Menüpunkte von der Seite. Man müsse sie nun überarbeiten, hieß es dazu aus dem Ministerium.

Das wiederholte Freitagabend in der ZIB2 auch Kommissionsleiter Herzog. Laut ihm ist es aber sehr wohl so, dass es zwischen den nun verschärften Maßnahmen für die grünen Regionen und jenen, bei denen die Ampel auf Gelb steht, Unterschiede gebe. Wie diese im Detail aussehen, lässt sich auf der Ampel-Website derzeit aber eben nicht in Erfahrung bringen.

Keine Angaben zu Maßnahmen bei Orange und Rot

Momentan ist auf der Website nur noch eine Übersicht über die nun verschärften Maßnahmen für die Stufe Grün zu sehen. Zu Stufe Gelb heißt es lapidar: „Der Bundesminister ermöglicht den betroffenen Bundesländern, bei Gelb-Schaltung noch strengere Maßnahmen, als bei Grün vorgegeben, zu setzen.“ Das dürfte die Stadt Wien freuen, die erst am Freitag rechtliche Rahmenbedingungen für individuelle regionale Maßnahmen gefordert hatte – mehr dazu in wien.ORF.at. Zu Orange und Rot fehlt auf der Ampelwebsite zurzeit jegliche Angabe zu möglichen Maßnahmen.

Freilich waren die zuvor angeführten Mindestmaßnahmen bisher auch nur als Empfehlung zu sehen. Denn – mit Ausnahme der Regelungen im Bildungsbereich – es fehlte die rechtliche Grundlage. Die nun verschärften allgemein gültigen Maßnahmen werden nun über eine Novelle der Lockerungsverordnung umgesetzt. Sie soll mit Montag 0.00 Uhr in Kraft treten. Laut Sozialministerium ist der Verordnungstext derzeit in der finalen Ausarbeitung. Wann er veröffentlicht werde, stehe aber noch nicht fest.

Opposition sieht „Verwirrung“, Regierung „Klarheit“

Bisher war die Coronavirus-Ampel vor allem als Tool angepriesen worden, mit dem sich regional unterschiedliche Maßnahmen umsetzen ließen. Dass nun gleichzeitig mit der neuen Ampelschaltung die Grenzen zwischen den Stufen Grün und Gelb zumindest im Hinblick auf die Maßnahmen verschwammen, wenn nicht gar verschwanden, sorgte bei der Opposition für Unverständnis. Von „Verwirrung“, und „Angstmache“ war die Rede.

Die Frage, inwieweit das vorgesehene wöchentliche Umschalten der Ampel angesichts der nunmehrigen einheitlichen strengen Maßnahmen die Bevölkerung verwirren könne, war Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bereits zu Mittag bei der Präsentation der neuen Regeln gestellt worden. Es gehe um „ein Maximum an Klarheit, keine Verwirrung“, so die Antwort des Kanzlers. Daher habe man bezirks- und länderübergreifend auf die steigenden Infektionen mit SARS-CoV-2 reagiert. Und laut Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) bedeutet die Stufe Grün nicht, „dass es dort eine Sorglosigkeit geben kann“. „Die Ampel ist ein Übersetzungsversuch der Risikoeinschätzung“, sagte Anschober.