Bundesbezirke in verschiedenen Farben der Coronavirus-Ampel
Screenshot von Grafik: ORF.at/corona Quelle: corona-ampel.gv.at
Ampel auf Orange

Auswirkungen sollen definiert werden

Die Coronavirus-Ampel hat am Dienstag zum bereits dritten Mal ihre Farben geändert. Sieben Städte bzw. Bezirke wurden auf Orange geschaltet. Die beratende Coronavirus-Kommission gab Empfehlungen ab, die Umsetzung obliege aber der Politik, wie das Sozialministerium am Dienstag gegenüber ORF.at sagte. Ein „Arbeitstreffen“ soll für mehr Klarheit sorgen.

Am Dienstag empfahl die Coronavirus-Kommission, die Städte Wien und Innsbruck sowie die Bezirke Kufstein, Dornbirn, Bludenz, Mödling und Neunkirchen auf Orange („hohes Risiko“) zu schalten. Nach der Färbung, die bereits am Montagabend über Leaks an die Öffentlichkeit gedrungen ist, kündigten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) an, am Mittwoch mit Vertretern und Vertreterinnen der betroffenen Städte und Bezirke über die weitere Vorgehensweise zu beraten. „Ziel ist es, die jeweiligen Hauptursachen für die regionalen Ausbrüche zu beleuchten und diese effizient zu bekämpfen“, hieß es am Dienstag.

Zuvor hatte die 19-köpfige-Kommission lediglich Empfehlungen für Gebiete mit „hohem Risiko“ ausgesprochen, verpflichtende Maßnahmen für orange Bezirke gibt es abseits der bundesweiten Regelungen keine. Die Regionen werden aber aufgefordert, den Schutz von Pflegeeinrichtungen und Krankenanstalten zu intensivieren. Auch Screening-Untersuchungen sollten erhöht werden, ältere Personen geschützt und präventive Maßnahmen an bestimmten Orten wie beispielsweise Märkten etabliert werden. Außerdem empfahl die Kommission ein Einschränken der Veranstaltungen in geschlossenen Gesellschaften ohne Sicherheitskonzept.

Empfehlungen der Kommission

In den Erläuterungen der Kommission heißt es weiter, dass „weitere Maßnahmen im Bereich der Veranstaltungen nicht erforderlich sind, weil die entsprechenden Maßnahmen der Lockerungsverordnung implementiert werden müssen und die verpflichtend vorgesehenen Präventionskonzepte zur Anwendung gebracht werden sollen“. Für den Bildungssektor sind nach Ansicht der Kommission „keine weiteren Maßnahmen erforderlich, da derzeit keine Hinweise vorliegen, dass der Bildungssektor substanziell an der Ausbreitung beteiligt ist“.

Keine wöchentlichen Schaltungen

Im ZIB2-Interview gestand Anschober Konfusionen im Zusammenhang mit der Ampel ein und will wieder zu einer „einfacheren, klaren Kommunikation“ kommen. „Das war teilweise ein bisschen verwirrend und teilweise ein bisschen zu viel.“ Er appellierte gleichzeitig eindringlich an die Bevölkerung, die CoV-Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten.

Anschober: „Prognosen machen uns nachdenklich“

Die Ampel mache sichtbar, wie die Situation im Land derzeit aussehe. Es werden herausfordernde Monate auf Österreich zukommen. Er wolle die Länder in seine Entscheidungen mit einbinden.

Es sei immer so geplant gewesen, dass die Expertenkommission eine Einschätzung des Risikos mache und die Regierung „am Ende des Tages über Maßnahmen entscheidet“. Die Ampel werde künftig auch nicht jede Woche umgestellt.

Gegenüber ORF.at hielt das Sozialministerium fest, dass es „ganz klare Regelungen“ gibt, die derzeit in Österreich gelten. Gemeint sind die in der Lockerungsverordnung erwähnten Maßnahmen, die bundesweit und unabhängig von der Ampelfarbe gelten. So ist etwa ein Mund-Nasen-Schutz (MNS) in Innenräumen zu tragen, nicht nur in Postfilialen oder Apotheken, sondern im gesamten Handel, im Dienstleistungssektor, bei Behörden mit Kundenkontakt und ebenso in Schulen außerhalb des Klassenverbands. In der Gastronomie gilt Maskenpflicht für das Servicepersonal. Das Konsumieren an der Theke ist verboten.

Zusatzmaßnahmen für Orange

Spezielle Zusatzmaßnahmen für Orange werden am Mittwoch mit den betroffenen Regionen besprochen, so das Sozialministerium. Wie diese konkret aussehen, ist nicht klar. Die betroffenen Bundesländer wollen zwar den Empfehlungen der Kommission folgen, wissen aber selbst noch nicht wie – mehr dazu in tirol.ORF.at und vorarlberg.ORF.at. Das Land Niederösterreich sprach etwa von „großen Unklarheiten“ und forderte am Dienstag eine Klarstellung – mehr dazu in noe.ORF.at. In Oberösterreich bestätigte Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), dass die Verwirrung groß sei – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Kritik an der CoV-Ampel

Unregelmäßige Färbungen, keine gesetzliche Grundlage und Leaks: Die erst vor zwei Wochen fix in Betrieb gegangene Coronavirus-Ampel scheint derzeit mehr Verwirrung zu stiften, als für Klarheit zu sorgen. Zuletzt wurden mehrere Städte auf Orange gestuft.

Gesundheitsminister Anschober sagte allerdings, dass die Schaltungen „kein Alarmismus“ seien, sondern „ganz einfach ein Weckruf“. In einer Aussendung betonte er, die Risikoeinstufung durch die CoV-Kommission – die aktuelle Schaltung wurde einstimmig beschlossen – sei kein Zeugnis. Bundeskanzler Kurz machte auch klar, dass die Ampelschaltungen keinen Automatismus bei den Maßnahmen bedeuten: „Das eine sind Ampelschaltungen, das andere sind Entscheidungen der Bundesregierung.“

Die Opposition kritisiert das „Chaos“ und verlangt etwa die gänzliche Abschaltung der Ampel. Das Sozialministerium hingegen verteidigte das Instrument als „Warnsystem“. Die aktuelle Färbung sei das Resultat der jüngst gestiegenen Coronavirus-Zahlen. Auch der Innsbrucker Infektiologe Günter Weiss, der auch Mitglied der CoV-Kommission ist, bezeichnete die CoV-Situation als „besorgniserregend“ – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Schulampel, Uniampel, Vorarlberg-Ampel und CoV-Ampel

Dass die Coronavirus-Ampel für Irritationen sorgt, hat mehrere Gründe. Vor zwei Wochen ging die Ampel in Betrieb und wurde mit einer wöchentlichen Schaltung („Freitag ist Ampeltag“) angekündigt. Die jüngste Färbung erfolgte allerdings am Dienstag, die Beratungen dafür fanden am Montagabend statt. Obwohl es zuvor hieß, dass es keine Auskünfte über die Empfehlungen geben werde, sickerten die ersten Informationen kurz nach Ende der Sitzung an die Medien. Für weitere Verwirrungen könnten unterschiedliche Ampeln sorgen.

Auf Twitter meldete der Bildungsdirektor von Wien, Heinrich Himmer, dass die „Bundesregierungs-Ampel“ Wien auf Orange gestellt hat, die „Schulampel“ in Wien aber auf Gelb bleiben werde. Auch die Uni Wien entwickelt seit Wochen eine eigene Ampel, die an die CoV-Ampel der Bundesregierung angelehnt sein soll. In Vorarlberg sagte Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP), dass man innerhalb der Bezirke differenzieren werde. So werden gewisse Täler grün bleiben, obwohl der Bezirk gelb ist – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Das Sozialministerium teilte ORF.at mit, dass „das noch zu klären sei“. In der Kommission sitzen auch Vertreter und Vertreterinnen der neun Bundesländer. Aus dem nationalen Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen (GÖG(, das gemeinsam mit der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) die Indikatoren für die Ampelschaltungen aufbereitet, hieß es, dass die Empfehlungen der CoV-Kommission derzeit nicht unterhalb der Bezirksebene differenzieren. Die Analyse von Ballungsräumen werde aber durch den Schulbeginn und Pendler zu einem „großen Thema“, so das Sozialministerium.

Weitere gelbe Städte und Bezirke

Neben den Orangeschaltungen wurden auch 35 Bezirke bzw. Städte auf Gelb hochgestuft. In Niederösterreich sind davon Baden, Bruck an der Leitha, Gänserndorf, Korneuburg, Krems, Krems-Land, Lilienfeld, Mistelbach, St. Pölten, Wiener Neustadt, Wiener Neustadt-Land und Zwettl betroffen – mehr dazu in noe.ORF.at.

Stark betroffen ist auch Oberösterreich, wo nur das Innviertel mit Ried, Braunau und Schärding grün bleibt. Freistadt, Linz, Linz-Land, Perg, Steyr, Vöcklabruck, Wels, Eferding, Gmunden, Grieskirchen, Kirchdorf an der Krems, Rohrbach, Steyr-Land, Urfahr-Umgebung und Wels sind gelb. In der Steiermark wurden Graz, Deutschlandsberg und Graz-Umgebung gelb eingefärbt – mehr dazu in steiermark.ORF.at. In Tirol gibt es eine Gelbschaltung für Innsbruck-Land, Landeck und Schwaz sowie in Vorarlberg für Bregenz und Feldkirch. Die Bundesländer Salzburg, Kärnten und Burgenland bleiben grün.