Altes Paar sitzt mit Mund-Nasen-Schutz auf einer Bank in Madrid
AP/Manu Fernandez
Spanien

Verwirrung um Absperrung in Madrid

Peinliche Abstimmungspanne in der spanischen Hauptstadt Madrid: Der stellvertretende Regionalminister für Gesundheit, Antonio Zapatero, ist am Mittwoch zurückgepfiffen worden, nachdem er wenige Stunden zuvor wegen sprunghaft steigender Coronavirus-Fälle die Absperrung besonders betroffener Wohnviertel der Hauptstadt angekündigt hatte.

Zapatero hatte am Vormittag vor Journalisten und Journalistinnen versichert, es werde ab dem Wochenende Absperrungen bestimmter Wohnviertel Madrids sowie weitere Maßnahmen für „Beschränkungen der Bewegungsfreiheit und für Versammlungen“ geben. „Man muss so schnell wie möglich handeln“, hatte er betont. Die Bürgerinnen und Bürger seien zu nachlässig geworden. Allerdings sei, anders als von Zapatero mitgeteilt, überhaupt nichts entschieden, berichteten Blätter wie „El Pais“ und „El Mundo“ unter Berufung auf Sprecher von Regionalpräsidentin Isabel Diaz Ayuso.

„Auch am Donnerstag oder am Freitag wird es noch keine Entscheidung“ über eine eventuelle Verschärfung der Einschränkungen geben, hieß es. Man erwäge noch verschiedene Strategien. „El Pais“ schrieb von einem „Kommunikationsdesaster“. Es besteht die Sorge, dass Menschen nun aus den von der Pandemie am stärksten betroffenen Arbeitervierteln im Süden der Stadt fliehen werden.

„So schnell wie möglich handeln“

Spanien mit seinen fast 47 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern ist das in Westeuropa am härtesten von der Pandemie getroffene Land. Erst am Vortag waren die Marken von 600.000 Infektionen und 30.000 Todesopfern überschritten worden. Die größten Sorgen bereitet die Lage in Madrid. Auf die Region um die Hauptstadt entfielen am Dienstag mit 1.207 positiven Testergebnissen binnen 24 Stunden knapp 40 Prozent aller neuen Fälle. Im Großraum Madrid leben etwa 6,4 Millionen Menschen.

Menschen mit Masken auf einer Straße in Madrid
AP/Manu Fernandez
Auf die Bewohnerinnen und Bewohner Madrids kommen neue, scharfe Maßnahmen gegen die CoV-Ausbreitung zu

Die Zahl der Neuinfektionen während sieben Tagen pro 100.000 Einwohner lag in der Hauptstadt nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums bei knapp 339. Wegen der sprunghaft steigenden Fallzahlen hat die Regionalregierung die Absperrung besonders betroffener Wohnviertel angekündigt. „Wir müssen so schnell wie möglich handeln“, sagte Zapatero.

Medizinisches Personal will streiken

Wegen einer CoV-bedingten Überlastung will unterdessen das medizinische Personal in Madrid die Arbeit niederlegen. Die größte Ärztegewerkschaft der Region um die spanische Hauptstadt rief zu einem „unbefristeten und kompletten“ Streik ab dem 28. September auf.

Madrids Regionalpräsidentin Isabel Diaz Ayuso kündigte Anfang der Woche Sonderinvestitionen von 80 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre an. Die Ärzte halten dennoch am geplanten Streik fest. Schon seit Jahren leide man an einem „Mangel an personellen und wirtschaftlichen Ressourcen“, hieß es. Die Coronavirus-Pandemie habe die Lage aber verschlimmert.

Wohngebiet auf Mallorca gesperrt

Auf der spanischen Urlaubsinsel Mallorca sollen zur Eindämmung des Virus weitere Wohngebiete gesperrt werden. Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit im Gebiet Arquitecte Bennassar im Nordosten der Hauptstadt Palma werde man bis zum Wochenende beschließen und in Kraft treten lassen, kündigte die Ministerpräsidentin der Balearen, Francina Armengol, im Regionalparlament an.

Personal desinfiziert Straße in Palma de Mallorca
APA/AFP/Jaime Reina
Desinfektionsmaßnahme in Son Gotleu: In dem Stadtteil von Palma wurde die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung eingeschränkt

Bereits seit dem Wochenende ist das an Arquitecte Bennassar angrenzende Son Gotleu abgeriegelt. Die etwa 23.000 Betroffenen dürfen das Arbeiterviertel seitdem nur noch verlassen, um in die Arbeit, zu einem Arzt oder einem Krankenhaus sowie zur Schule oder einer anderen Bildungseinrichtung zu gehen oder um sich um Pflegebedürftige zu kümmern. Die Anordnung gilt für zwei Wochen. Es war die erste Abriegelung eines Gebiets auf den Balearen seit dem Ende des landesweiten dreieinhalbmonatigen Lockdowns am 21. Juni.

Ähnliche Maßnahmen auch auf Ibiza

Ähnliche Maßnahmen werde man auch für einige von Neuausbrüchen ebenfalls schwer betroffene Gebiete von Ibiza anordnen, sagte Armengol. Einschränkungen der Bewegungsfreiheit seien für Viertel der gleichnamigen Inselhauptstadt sowie in San Antoni vorgesehen.

Auf den Balearen befinden sich im Moment nur noch wenige Reisende. Österreich hat eine partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) für Festland-Spanien und die Balearen (Ibiza, Mallorca, Menorca, Formentera, Cabrera) ausgesprochen. Deutschland erklärte ganz Spanien zum Risikogebiet. Auch Großbritannien und andere europäische Länder ordneten Pflichttests oder Zwangsquarantäne für Rückkehrende aus Spanien an.

Premier schließt landesweiten Lockdown aus

Trotz der wachsenden Infektionszahlen schließt die spanische Regierung einen erneuten Lockdown aus. Ministerpräsident Pedro Sanchez bezeichnete den Anstieg der Neuinfektionen im Land zwar als „besorgniserregend“, betonte aber, dass die aktuelle Lage ist mit derjenigen von März überhaupt nicht zu vergleichen sei Es gebe keinen Grund für die erneute Ausrufung eines landesweiten Notstandes samt strenger Ausgangssperre, wie zwischen März und Juni, so der sozialistische Politiker.